Iran Zeitung plant Karikatur-Wettbewerb über Holocaust

Der Konflikt über die Mohammed-Bilder wird immer abstruser. Irans größte Zeitung plant jetzt als Reaktion auf die "Jyllands-Posten"-Veröffentlichung einen Karikatur-Wettbewerb über den Holocaust. Die besten Zeichner sollen mit Goldstücken belohnt werden.

Teheran - "Es wird ein internationaler Karikatur-Wettbewerb über den Holocaust", sagte Farid Mortazavi, der Grafiker der Zeitung "Hamschahri", die von der konservativen Teheraner Stadtverwaltung herausgeben wird. Der Westen habe die "frevlerischen Mohammed-Karikaturen" mit dem Verweis auf die Meinungsfreiheit gedruckt. "Jetzt lasst uns sehen, ob sie meinen, was sie sagen, und auch die Holocaust-Karikaturen drucken", sagte er laut einem Bericht des arabischen TV-Senders al-Dschasira. Es solle nun die vom Westen viel zitierte Meinungsfreiheit ausgelotet werden. Die besten Zeichner sollen mit Goldstücken belohnt werden.

"Die wichtige Frage für Muslime lautet: Erlaubt die Meinungsfreiheit des Westens die Beschäftigung mit Fragen wie die Verbrechen Amerikas und Israels oder einem Zwischenfall wie dem Holocaust, oder ist die Meinungsfreiheit nur dazu gut, die heiligen Werte von göttlichen Religionen zu beleidigen?", hieß es in einer Erklärung der Zeitung.

Der Gründer des Simon-Wiesenthal-Zentrums zeigte sich entsetzt über die Pläne. Damit folge Iran "der klassischen Formel von Adolf Hitler, wonach immer die Juden schuld sind, wenn es irgendwo ein Problem gibt", sagte Rabbi Marvin Hier der Nachrichtenagentur AFP. "Sie gehen nach dem Drehbuch von 'Mein Kampf' vor und folgen ihm Kapitel für Kapitel."

Deutsche Politiker warfen Iran vor, die Proteste gegen die umstrittenen Karikaturen des Propheten Mohammed für politische Zwecke zu instrumentalisieren. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler, sagte, man müsse einen Zusammenhang zwischen der geschlossenen Haltung der Staatengemeinschaft im Atomstreit mit Iran und den teilweise organisierten gewaltsamen Demonstrationen gegen die Karikaturen sehen, die sich auch gegen diplomatische Vertretungen gerichtet hatten. "Das ist auch ein Hintergrund, dass man dort zum Teil von organisierten Demonstrationen sprechen kann", sagte der SPD-Politiker im Norddeutschen Rundfunk.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), sagte im Südwestrundfunk, der Karikaturen-Streit komme Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad zupass, um davon abzulenken, dass er zahlreiche Angebote abgelehnt habe, die sein Land vorangebracht hätten. Dazu zähle auch die Zurückweisung der Zusammenarbeit mit Europäern und Russen bei der Nutzung der Atomenergie. Auch von der wirtschaftlichen Lage im Land selbst werde mit gewaltsamen Protesten abgelenkt.

In Teheran haben heute erneut Dutzende Randalierer die dänische Botschaft mir Steinen beworfen. Gestern hatten rund 400 Demonstranten die zuvor evakuierte dänische Botschaft in Teheran mit Brandsätzen und Steinen attackiert. Die Polizei setzte Tränengas ein, um die Menge zu vertreiben. Dennoch gelang es mindestens drei Demonstranten, über die hohen, mit Stacheldraht versehenen Mauern zu klettern und auf das Gelände zu stürmen. Seit Tagen gibt es auch in zahlreichen anderen muslimisch geprägten Ländern Proteste gegen die Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen in europäischen Blättern.

hen/Reuters/AFP

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