Sharam Amiri Teheran bestätigt Hinrichtung umstrittenen Kernphysikers

Der iranische Nuklearphysiker Sharam Amiri ist in Teheran hingerichtet worden. Der Wissenschaftler war eine Schlüsselfigur in der Affäre um iranische Uranzentrifugen: Angeblich stand er im Dienst der CIA.
Atomphysiker Sharam Amiri: Angeblich schon am 3. August hingerichtet

Atomphysiker Sharam Amiri: Angeblich schon am 3. August hingerichtet

Foto: Abedin Taherkenareh/ dpa

Der iranische Kernphysiker Sharam Amiri ist im Iran hingerichtet worden. Die Information war zuerst durch die Mutter des getöteten Wissenschaftlers an die Medien gegeben worden, inzwischen wurde die Hinrichtung durch offizielle Stellen in Teheran bestätigt.

Die staatliche Nachrichtenagentur Irna verbreitete am Sonntagmittag eine Stellungnahme von Gholamhossein Mohseni Ejei, einem Sprecher des iranischen Justizministeriums: "Durch seine Verbindungen mit den USA", sagte Ejei demnach, "gab Amiri lebenswichtige Informationen an den Feind weiter."

Iranischen Medienberichten zufolge hatte Amiris Mutter berichtet, dass dieser schon am Mittwoch in Teheran gehängt worden sein soll. Am Samstag wurde die Leiche der Familie übergeben.

In den letzten Jahren hat es immer widersprüchliche Berichte über den 39-jährigen Amiri gegeben. Die Affäre um seine Person steht jedoch in engem Zusammenhang mit dem Konflikt um die umstrittenen iranischen Atomzentrifugen. Die USA hatten befürchtet, dass mit deren Hilfe im Rahmen des vordergründig rein zivilen iranischen Atomprogramms waffenfähiges Material produziert werden könnte.

Im Sommer 2009 wurde berichtet, dass Amiri als Whistleblower in die USA übergelaufen sei. Im Sommer 2010 trat er dort selbst an die Öffentlichkeit und behauptete, dass er im Sommer 2009 auf einer Pilgerreise nach Mekka von der CIA in Saudi-Arabien entführt und gegen seinen Willen in die USA gebracht worden sei, um Informationen über das iranische Atomprogramm aufzudecken. Amiri behauptete unter anderem, dass er im Verlauf der Verhöre gefoltert worden sei. Washington dementierte das.

Bereits im März 2010 hatte ein US-Fernsehsender eine andere Theorie in Umlauf gebracht. Demnach soll Amiri über Jahre im Dienst der CIA gestanden haben. Amiri, hieß es nun, habe an der Malek-Aschtar-Universität in Teheran gearbeitet, die in geheime Forschungen eingebunden gewesen sei. Über Jahre, hieß es mit Bezug auf US-Regierungskreise, habe er den US-Diensten wichtige Informationen geliefert: Angeblich auch für den 2007 veröffentlichten "National Intelligence Estimate", die seinerzeit sehr umstrittene zentrale Studie der US-Geheimdienste zur Bedrohung durch Iran.

Als Amiris Familie dort nach dem offiziellen Seitenwechsel des Wissenschaftlers unter Druck gesetzt worden sei, habe der Überläufer unbedingt zurückkehren wollen. Das tat er im Juli 2010.

Am Tag nach seiner Rückkehr nach Teheran wurde die Spionage-Behauptung von der "New York Times", wieder mit Bezug auf ungenannte regierungsnahe Quellen, bekräftigt: Amiri habe schon seit Langem im Dienst der CIA gestanden. Zeitgleich wollte die "Washington Post" erfahren haben, dass Amiri für seine Informationen von der CIA rund fünf Millionen Dollar kassiert habe. Amiri bestritt diese Behauptungen vehement.

Damit begann eine Diskussion darum, ob die Geschichte von der Entführung nur eine Schutzbehauptung sei, um sich gegen eventuelle Spionagevorwürfe zu wehren. Bei seiner Rückkehr nach Teheran wurde er zunächst als Held gefeiert, später aber verhaftet und wegen Spionage für die USA von einem Gericht zu zehn Jahren Haft verurteilt.

Über die Umstände seiner Haft wurde seitdem wenig bekannt. Nach Angaben der Familie unterbanden die Behörden den Kontakt zu Amiri ab 2014 weitgehend. Die Möglichkeit einer Hinrichtung war von Amiris Familie seit Langem befürchtet worden.

Update: Eine frühere Version dieses Artikels enthielt noch keine offizielle Bestätigung der Hinrichtung. Die erfolgte wie beschrieben inzwischen durch iranische Regierungsstellen.

dpa/pat
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