Irans Revolutionswächter Khamenei setzt auf die Salami-Taktik

Hossein Salami: "Wir planen, Amerika, Israel und ihre Partner und Verbündeten zu brechen"
Foto: AFP PHOTO / HO / KHAMENEI.IRHossein Salami ist ein Mann der Worte. Nach Angaben iranischer Medien kann er nicht nur den Koran auswendig rezitieren. Er ist in den vergangenen Jahren vor allem als Hassredner und Hetzer in Erscheinung getreten. "Wir planen, Amerika, Israel und ihre Partner und Verbündeten zu brechen. Unsere Bodentruppen sollten den Planeten vom Dreck ihrer Existenz befreien", forderte Salami erst im Februar in einer Rede, die vom iranischen Fernsehen übertragen wurde.
Seit dem Wochenende besetzt der 59-Jährige einen der wichtigsten Posten im iranischen Machtapparat: Irans Oberster Führer Ajatollah Ali Khamenei ernannte Salami zum Kommandeur der Revolutionswächter. Die paramilitärische Organisation, persisch: Pasdaran, bildet das Rückgrat des Sicherheitsapparats und der Wirtschaft in Iran. Ihre wichtigste Aufgabe ist es, innenpolitische Gegner des Regimes notfalls militärisch zu bekämpfen.
Daneben konzentrierten sich die Pasdaran aber auch auf ihre Aktivitäten im Ausland: Sie waren in den Achtzigerjahren maßgeblich an der Gründung der Hisbollah-Miliz im Libanon beteiligt, unterstützten nach 2003 schiitische Milizen im Irak in ihrem Guerillakrieg gegen die US-Armee und sind seit 2011 die wichtigste militärische Stütze des Assad-Regimes bei der Niederschlagung des Aufstands in Syrien. Daneben leisteten Ausbilder der Pasdaran seit 2014 einen wichtigen Beitrag zur Zerschlagung der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) im Irak.
Mit einem Kurswechsel der Revolutionswächter ist nicht zu rechnen
US-Präsident Donald Trump nannte die Revolutionswächter Anfang April "das wichtigste Mittel der iranischen Regierung, um ihre weltweite Terrorkampagne zu lenken und umzusetzen" - und setzte die Pasdaran auf die Terrorliste. Es ist das erste Mal, dass die Vereinigten Staaten eine militärische Einheit eines anderen Staats als Terrororganisation einstufen.
Zwei Wochen später hat Khamenei den Oberkommandierenden der Revolutionswächter ausgetauscht. Er setzte den bisherigen Kommandeur Mohammad Ali Jafari nach zwölf Jahren im Amt ab und ernannte dessen bisherigen Stellvertreter Salami zum Nachfolger. Zu den Gründen machte Khamenei keine Angaben.
IRGC Brigadier General Hussain Salami, given your qualities and valuable experiences in major managerial responsibilities with various revolutionary and volunteering sectors of IRGC, I appoint you as the commander-in-chief of the IRGC, granting you the rank of Major General.
— Khamenei.ir (@khamenei_ir) April 21, 2019
Salamis Kür zeigt jedoch, dass mit einem Kurswechsel der Revolutionswächter nicht zu rechnen ist. Er hat wiederholt deutlich gemacht, dass die Präsenz der Pasdaran im Ausland aus Sicht Teherans überlebenswichtig ist, um die Sicherheitsinteressen des Regimes zu schützen. So sagte er im Jahr 2016 in einer Rede vor Revolutionswächtern, seine Truppen hätten "die Grenzen dieses Landes überquert". Und weiter: "Unser Schicksal ist jetzt verbunden mit dem Schicksal des Irak, Syriens, des Libanon, Bahrains, des Jemen, Pakistans und Afghanistans."
Salami trieb das Raketenprogramm voran
Daneben ist Salamis Ernennung ein starkes Indiz dafür, dass die Revolutionswächter ihr Drohnen- und Raketenprogramm weiter vorantreiben werden. Von 2005 bis 2009 kommandierte er die Luftwaffe der Pasdaran. Damit fiel auch das Raketenprogramm in seinen Zuständigkeitsbereich. Unter seiner Führung beschleunigte sich die Entwicklung von Raketen - unter anderem testete Iran bis 2009 mehrere Mittelstreckenraketen, mit denen die islamische Republik auch Israel angreifen könnte.
Teherans Raketenprogramm stößt nicht nur in den USA, sondern auch in der EU auf Kritik. Irans Regime betont, man verstoße damit weder gegen das Atomabkommen, noch gegen die Uno-Resolution 2231, die im Juli 2015 in Zusammenhang mit dem Nukleardeal einstimmig verabschiedet wurde. Darin heißt es: "Iran ist aufgefordert, keine Tätigkeiten im Zusammenhang mit ballistischen Flugkörpern durchzuführen, die dazu angelegt sind, Kernwaffen zum Einsatz bringen zu können, einschließlich Starts unter Verwendung von Technologie für solche ballistischen Flugkörper."
Iran behauptet, dass das kein striktes Verbot für Raketentests bedeute und bestreitet zudem, dass die getesteten Raketen überhaupt mit einem atomaren Sprengkopf bestückt werden könnte.
Selbst liberale Kräfte scharen sich um die Pasdaran
Salami lehnt sämtliche Verhandlungen über eine Beendigung der Raketenentwicklung kategorisch ab. "Niemand hat das Recht mit uns zu verhandeln, uns etwas zu empfehlen oder etwas von uns zu verlangen", sagte er im Februar im iranischen Fernsehen.
Der Einfluss der Pasdaran innerhalb des iranischen Machtapparats dürfte unter seiner Führung weiter zunehmen - was jedoch weniger sein Verdienst ist als eine Folge von Trumps Sanktionspolitik. Als Reaktion auf die Einstufung der Revolutionswächter als Terrororganisation haben sich selbst liberale Medien und Politiker in den vergangenen Wochen hinter die Pasdaran gestellt. Das unverhohlene Bestreben der USA, das Regime in Teheran zu stürzen, liefert ihnen zudem einen Vorwand. Als "Schutzschild des Systems" konnten sie ihren Zugriff auf Wirtschaft, Medien und weitere Bereiche des Staats ausweiten.