Bundespräsident Gauck in Irland
"Die Menschenrechte sind nicht verhandelbar"
Bundespräsident Joachim Gauck hat eine Grundsatzrede zu Europa gehalten. In Irland rief er zu einem stärkeren Einsatz für Menschenrechte auf. Wie ernst es die EU damit meine, zeige sich am Umgang mit den Flüchtlingen.
Bundespräsident Gauck: Kritik an verzerrtem EU-Bild
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Bundespräsident Joachim Gauck hat an die Menschen in Europa appelliert, die Errungenschaften der europäischen Integration gegen Populisten von links und rechts zu verteidigen. Gleichzeitig müsse Europa sich daran messen lassen, wie es angesichts immer größerer Flüchtlingszahlen das Bekenntnis zu den Menschenrechten umsetze.
"Wie glaubwürdig die Europäische Union in Fragen der Menschenrechte ist, das hängt in der aktuellen Situation davon ab, wie wir in Europa mit jenen Menschen umgehen, die bei uns Zuflucht suchen", sagte Gauck im irischen Galway. Dort erhielt er an der National University of Ireland die Ehrendoktorwürde.
Gauck kritisierte in seiner Dankesrede, dass es beliebt geworden sei, ein verzerrtes Bild der EU zu zeichnen: "Intransparent, ungerecht, undemokratisch" - so werde das "Feindbild Brüssel" beschrieben.
"Erfahrungen voller Gewalt, Schmerz und Leid"
Dagegen müsse man klarmachen, dass das ehemalige "Schlachthaus Europa" mit seiner langen Geschichte verheerender Kriege am Anfang dieses Integrationsprozesses stehe. "Blicken wir zurück: Es waren existenzielle Momente und Erfahrungen voller Gewalt, Schmerz und Leid, die der Gründung der Europäischen Gemeinschaft vorausgingen."
Die internationale Ordnung, die sich nach 1990 herausgebildet hat, sei unter Druck geraten, sagte Gauck. Die Hoffnung, dass sich die liberale Idee von der freiheitlichen Demokratie an immer mehr Orten der Welt durchsetzen würde, habe sich nicht erfüllt. Dies zeige sich am südlichen Rand des Mittelmeers ebenso wie an der östlichen Peripherie der Union. Damit bezog sich Gauck auch auf den Konflikt mit Russland und die Ukrainekrise.
"Weltweit ist die Akzeptanz der Demokratie als Regierungsform so niedrig wie nie seit 1989", sagte er. "Es haben sich jene Regierungsmodelle gefestigt, die ohne allzu viel Demokratie auskommen. Die Autokratien, die lange Zeit in der Defensive waren, bewerben nun nach innen ganz offensiv ihre eigenen Stärken."
"Die Menschenrechte sind nicht verhandelbar", sagte Gauck. Sie dürften keinen "machtpolitischen Interessen geopfert werden und auch nicht dem Anspruch auf kulturelle Besonderheit". Nationalistische Überlegenheitsgefühle, Antisemitismus, Islamophobie oder sonstige Fremdenfeindlichkeit müssten deshalb entschlossen bekämpft werden.