Kampf gegen den IS Obamas Bomben freuen Assad

Barack Obama verstärkt die Luftangriffe gegen den IS in Syrien. Doch damit gerät der US-Präsident in eine heikle Lage: Die Regierung in Syrien begrüßt die Bomben. Aber die Feinde von Assads Regime sind enttäuscht.
Obama auf der Uno-Generalversammlung: Kritik an seiner Syrien-Strategie

Obama auf der Uno-Generalversammlung: Kritik an seiner Syrien-Strategie

Foto: SAUL LOEB/ AFP

Das syrische Regime hat eine eigene Sicht auf die amerikanischen Angriffe gegen den IS. "Die Luftschläge werden nicht auf Syrien abgefeuert", sagte Baschar al-Dschafari, Uno-Botschafter der Regierung in Damaskus. "Sie gelten den Gegenden unter der Kontrolle des 'Islamischen Staats' und der Nusra-Front."

Während international kritisiert wird, dass die USA mit den Luftangriffen Syriens Souveränität und das Völkerrecht verletzen, scheint das Regime um Diktator Baschar al-Assad damit keine Probleme zu haben. Man kämpfe nun gemeinsam denselben Krieg, heißt es in Syriens staatstreuen Medien.

Die positive Reaktion von Damaskus auf die amerikanischen Luftschläge zeigt das Dilemma, in dem sich US-Präsident Barack Obama befindet: Seine vermeintlichen Gegner begrüßen die Einsätze. Aber diejenigen, die er eigentlich unterstützen will, sind anderer Meinung.

Eigentlich wollte Obama Syrern wie Rami Nakhla helfen. Der 31-Jährige träumte lange von einer besseren Zukunft - von Reformen, Freiheit und Demokratie. Er gilt als einer der syrischen Aktivisten der ersten Stunde, die 2011 demonstrierten und fliehen mussten, um nicht getötet zu werden. Inzwischen lebt Nakhla in den USA.

Ausgerechnet er kritisiert jetzt die Strategie des Präsidenten. So lange der Bürgerkrieg in Syrien andauere, würden immer neue radikale Milizen entstehen, twitterte Rami Nakhla sinngemäß. Die Wurzeln der Gewalt würden sich nicht so einfach wegbomben lassen, warnte der Aktivist auf Twitter. Nakhla war zwar zunächst erleichtert, dass der Westen nach dreieinhalb Jahren doch noch in Syrien eingriff. Aber nun ist seine Stimmung offenbar gekippt.

Eine Grafik, die das "Syrische Netzwerk für Menschenrechte", eine Gruppe von Assad-Kritikern und Menschenrechtlern, erstellt hat, vergleicht Opferzahlen: In Syrien wurden bislang mehr als 830 Zivilisten vom "Islamischen Staat" (IS) getötet, aber mehr als 124.000 Zivilisten von Assads Regime.

Die Daten verdeutlichen Obamas Dilemma: Wie viele andere Syrer lehnt der Aktivist Nakhla den IS ebenso ab wie das Regime. Genauso sieht es eigentlich auch der US-Präsident: Assad sei Teil des Problems in Syrien, beteuern seine Berater und Sprecher immer wieder. Aber warum lässt der Präsident dann nicht auch das Regime angreifen?

Obama hat seine Mission gegen den "Islamischen Staat" begonnen, ohne eine Aufwort auf diese wichtige Frage zu geben: Wenn er in Syrien den IS bekämpft - wie will er verhindern, dass davon Washingtons Feinde, also Assad und seine Verbündeten, profitieren?

Das Regime in Damaskus wird unterstützt von Iran, Russland, schiitisch-irakischen Milizen und der libanesischen Hisbollah - also von Gruppen und Ländern, deren Interessen sich stark von denen der USA unterscheiden. Sie sehen zwar auch den IS als gemeinsamen Feind. Doch das macht sie noch lange nicht zu Freunden Washingtons.

Wie groß die Kluft zwischen den IS-Gegnern ist, hat Irans Präsident Hassan Rohani in seiner Rede  vor der Uno-Generalversammlung klargemacht. Dort betonte er zwar Teherans Unterstützung für einen globalen Anti-Terror-Krieg. Gleichzeitig aber gab er dem Westen die Alleinschuld für den Aufstieg der Extremisten im Nahen Osten.

Über Irans Rolle schwieg Rohani: Teheran unterstützt schiitische Terrormilizen und auch sunnitische, wenn sie gerade den eigenen Interessen dienen. Der am Dienstag von den USA in Syrien wohl getötete führende Qaida-Veteran Muhsin al-Fadli hatte nach den Attentaten vom 11. September 2001 ausgerechnet in Iran jahrelang Unterschlupf gefunden, bevor er dann in Syriens Krieg zog.

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