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Fotostrecke: Erfolge gegen den IS

Foto: Sedat Suna/ dpa

Kampf gegen den Terror Das Kalifat schrumpft

US-Präsident Obama brüstet sich mit Erfolgen im Kampf gegen die Dschihadisten. Tatsächlich hat der IS 2015 eine Reihe von Niederlagen erlitten - doch die Führungskader konnten die Amerikaner bislang nicht entscheidend treffen.

Im Kampf gegen den "Islamischen Staat" haben die US-Regierung und das US-Militär zuletzt geradezu geprahlt mit Erfolgsmeldungen in eigener Sache. "Wir treffen den 'Islamischen Staat' härter als je zuvor", sagte Präsident Barack Obama. "Wir sind in der Lage, die Netzwerke zu dezimieren", sagte Steve Warren, Sprecher der Militäroperation "Inherent Resolve", die sich gegen den IS im Irak und in Syrien richtet.

Doch was ist wirklich dran an diesen Behauptungen? Wie steht es um die Zwischenbilanz im Krieg gegen den IS? 2015 gab es einige Erfolge zu verzeichnen, doch sie sind weniger bedeutend, als die USA glauben machen wollen.

Symbolische Erfolge in Syrien

Ein Vergleich der Gebiete, die der IS im Winter 2014 kontrollierte, mit denen, die er nun im Winter 2015 hält, zeigt erst einmal nur geringfügige Veränderungen: Insgesamt ist das vom IS kontrollierte Gebiet um 14 Prozent geschrumpft.


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Allerdings treffen diese Gebietsverluste den IS härter, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Bedeutsam an dieser Entwicklung ist, dass der IS nun weniger Grenzgebiete mit der Türkei kontrolliert. Dies macht es für ihn schwieriger, sich mit Nachschub zu versorgen: Ausländische Kämpfer reisen über die Türkei ein.

Symbolisch ebenfalls wichtig: Den syrisch-kurdischen "Volkseinheiten" (YPG) ist es - durch US-Luftangriffe unterstützt - gelungen, den Dschihadisten dieses Jahr eine Niederlage nach der nächsten zuzufügen; der Nimbus der Unbesiegbarkeit ist dahin. Gleichzeitig konnte der IS sich jedoch in der Provinz Homs ausbreiten, wo ihm die Reste des syrischen Regimes kaum Widerstand leisten konnten.

Im Irak wurden wichtige Städte befreit

Im Irak konnten 2015 Kämpfer der kurdischen "Arbeiterpartei" (PKK), der irakisch-kurdischen Peschmerga und kurdisch-jesidischer Milizen - unterstützt durch die US-geführte internationale Koalition gegen den IS - die Stadt Sindschar zurückerobern.

Dies ist bedeutsam, weil die Kurden dadurch die Kontrolle über die Autobahn 47 erobert haben, die bisher der IS benutzte, um Kämpfer und Waffen schnell zwischen seinen wichtigsten Städten Rakka und Mossul zu verlegen. Zudem hat der IS im Irak einige Kleinstädte verloren und auch die größere Stadt Tikrit. Derzeit wird Ramadi von den irakischen Sicherheitskräften eingekesselt.

8800 US-Luftschläge

Ist es den USA nun wirklich gelungen, die IS-Kader entscheidend zu treffen? Dagegen spricht, dass das US-Verteidigungsministerium nach eigenen Angaben bisher nur 13 Dschihadisten aus dem mittleren und oberen IS-Management aufspüren und töten konnte - bei immerhin rund 8800 Luftschlägen, wie das US-Blog "The Long War Journal" auflistet . Den meisten IS-Chefs gelingt es weiterhin, sich vor den USA zu verstecken.

Wie viele IS-Kämpfer insgesamt seit Beginn der Bombardierungen im September 2015 getötet wurden, ist unklar. In Syrien sind es nach Angaben der "Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte" mindestens 3500 Kämpfer - und außerdem 250 Zivilisten. Für den Irak gibt es keine unabhängigen Zahlen.

Das US-Militär geht davon aus, dass es insgesamt bereits mehr als 20.000 IS-Kämpfer getötet hat. Dies wäre eine hohe Zahl, die der Miliz zu schaffen machen dürfte, allerdings ist sie nur bedingt aussagekräftig: Unklar ist, wie viele Kämpfer der IS insgesamt überhaupt hat - die meisten Schätzungen liegen zwischen 30.000 und 60.000 - und wie viele neue Kämpfer er weiterhin jeden Monat rekrutieren kann.

Aus Deutschland beispielsweise hat sich die Ausreise-Geschwindigkeit dieses Jahr nach Angaben des Verfassungsschutzes verlangsamt, wenn auch auf hohem Niveau: Im Januar war von rund 600 ausgereisten Deutschen die Rede, im August von rund 720 bei einer hohen Dunkelziffer.

Wie schwer wiegen die Verluste für den IS?

Das ist schwer zu messen. Der Terrorismusforscher Aaron Y. Zelin vom US-amerikanischen Thinktank "Washington Institute for Near East Policy" versucht es indirekt. Er beobachtet bereits seit Jahren Dschihadisten, und dabei ist ihm aufgefallen , dass diese weniger Propaganda-Material produzieren, wenn sie im Rückzug begriffen sind, und mehr, wenn sie unangefochten die Kontrolle über ein Gebiet haben.

Zelins Analyse ergab, dass der IS sowohl im Irak als auch in Syrien 2015 über weite Strecken mehr Propaganda produziert hat als im Vorjahr. Es wäre also verfrüht, von einem Niedergang der Dschihadisten zu sprechen. Allerdings hatte die Gruppe ihren Höhepunkt im August 2015 überschritten: Seither veröffentlicht der IS nun jeden Monat weniger Videos und Fotos.

Das spricht dafür, dass der IS zwar zunehmend unter Druck gerät, aber seine Macht in Teilen beider Länder konsolidiert hat. Die Terrorgefahr in Europa und Nordafrika könnte nächstes Jahr zunehmen, sollte der IS von den Rückschlägen in seiner Kernregion ablenken wollen.

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