
Kampf gegen den IS Straßenkampf um die Festung Mossul

Frontverlauf bei Mossul
Foto: SPIEGEL ONLINE- • Schlacht um Mossul: Irakische Armee meldet Eindringen in Stadtgebiet
- • Minensucher vor Mossul: Ein Mann, ein Tag - 35 Todesfallen
Der Himmel über Mossul kommt dem "Islamischen Staat" (IS) zu Hilfe. Dichte Wolken hängen tief über der Stadt, starker Wind wirbelt zudem Sand und Staub auf und behindert die Sicht. Die Kameras der Drohnen und Kampfjets können daher ihre Ziele am Boden nicht erkennen. Deshalb sei heute kein Vorstoß auf das Stadtgebiet mehr geplant, sagte der irakische Brigadegeneral Haider Fadhil.
Frontverlauf bei Mossul
Foto: SPIEGEL ONLINEAm Dienstag hatten die vorrückenden Truppen die östliche Stadtgrenze von Mossul erreicht. Zwei Wochen nach Beginn der Offensive gegen den IS stehen die Einheiten damit vor dem schwierigsten Teil der Operation. Sie müssen die Dschihadisten nun in einer Großstadt bekämpfen: einige Tausend Kämpfer inmitten einer Million Zivilisten.
Das sind die größten Schwierigkeiten und Risiken für die Eroberer von Mossul:
Vor ihrem Rückzug aus den Dörfern rund um Mossul hinterließen die IS-Terroristen Tausende Sprengfallen. Sie vergruben Sprengsätze am Straßenrand und unter dem Asphalt und versteckten Bomben in verlassenen Häusern: In Kühlschränken, unter Stapeln voller Kleidungsstücke, selbst in Teddybären. Die Folgen sind verheerend: Allein am Dienstag wurden 15 schiitische Milizionäre durch Sprengfallen getötet, nachdem die Männer in ein erobertes Dorf eingerückt waren. An manchen Tagen der Offensive sind mehr Kämpfer durch versteckte Sprengsätze getötet worden als während der Gefechte. Die Straßen und Häuser der Millionenstadt liefern dem IS eine fast unbegrenzte Auswahl an Verstecken für Sprengsätze.
Es gehört seit jeher zur Taktik islamistischer Terrororganisationen, mit möglichst geringem materiellen und personellen Aufwand möglichst großen Schaden anzurichten. Das zeigt sich auch in der Schlacht um Mossul. Der IS hat in den ersten beiden Wochen Dutzende Selbstmordattentäter in Fahrzeuge voller Sprengstoff gesetzt, die dann auf Stellungen und Konvois der irakischen Armee und ihrer Verbündeten zurasten. Die meisten Angreifer konnten gestoppt werden, bevor sie ihr Ziel erreichten. Doch im unübersichtlichen Straßenlabyrinth von Mossul sind die Selbstmordattentäter weitaus schwieriger auszumachen als im freien Gelände.
In Mossul steht den vorrückenden Truppen ein verlustreicher Häuserkampf bevor. Scharfschützen des IS können sich in Wohngebäuden verschanzen und ihre Gegner unter Beschuss nehmen: aus großer Entfernung und ohne, dass die Eroberer sofort feststellen können, in welchem Haus sich der Schütze versteckt hält.
In fast jedem Dorf vor Mossul sind die Eroberer nach dem Rückzug des IS auf weitverzweigte Tunnelsysteme gestoßen. Die unterirdischen Anlagen waren teilweise mit Strom, Küchen und Fernsehern ausgestattet. Irakische Armee und kurdische Peschmerga rechnen damit, dass sie in Mossul ähnliches erwartet. Mit Hilfe der Tunnel kann der IS unbemerkt Kämpfer verlegen und möglicherweise auch hinter feindliche Linien einschleusen. Das macht die Schlacht noch unberechenbarer.
Mehr als eine Million Menschen halten sich derzeit noch in Mossul auf, darunter rund 600.000 Kinder und Jugendliche. In den vergangenen Tagen hat der IS zusätzlich Tausende Zivilisten aus Dörfern im Umland entführt und in die Stadt gebracht. Die Vereinten Nationen fürchten, dass diese Menschen gezielt zu IS-Kommandozentralen verschleppt und als menschliche Schutzschilde eingesetzt werden. Die Terroristen wollen dadurch den Vormarsch der Armee und ihrer Verbündeten bremsen.
Der IS hat in den vergangenen Wochen am Stadtrand von Mossul mehrere mit Erdöl gefüllte Gräben in Brand gesteckt, um den Jets und Drohnen der US-geführten Koalition die Sicht zu nehmen. Zudem zündeten die Dschihadisten einen Teil der Schwefelfabrik von Mischrak südlich von Mossul an. Der giftige Qualm sorgte dafür, dass sich die Soldaten nur mit Gasmasken in der Umgebung aufhalten konnten - doch Atemmasken waren Mangelware. In Mossul selbst gibt es neben einem großen Öllager zahlreiche Fabriken, in denen hochgiftige Chemikalien aufbewahrt werden.
Wenn der IS diese Anlagen in Brand setzt, gefährdet das nicht nur den Vormarsch der Eroberer. Die Folgen für die Umwelt würden die Stadt und ihre Bewohner auf Jahre hinaus belasten - lange nach der Vertreibung der Terroristen.
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Kämpfer der schiitischen Volksmobilisierungseinheiten zeigen sich siegessicher. Die Anti-IS-Milizionäre stehen vor den Stadtgrenzen Mossuls.
Nach Schätzungen von Menschenrechtsgruppen sind in den ersten zwei Wochen der Offensive ungefähr 18.000 Iraker vor den Gefechten rund um Mossul geflüchtet.
Die IS-Terroristen haben in den vergangenen Tagen mehrere tausend Familien aus Dörfern im Umland von Mossul verschleppt. Die Uno fürchtet, dass die Menschen als Schutzschilde eingesetzt werden sollen.
Bauern und Viehhirten bringen ihre Tiere vor den Gefechten in Sicherheit.
Hilfsorganisationen rechnen damit, dass in den kommenden Wochen und Monaten Hunderttausende Menschen aus Mossul fliehen werden. Ihre Versorgung wird für die irakischen Behörden eine kaum zu meisternde Herausforderung.
Irakische Milizionäre tragen gefallene Kämpfer zu Grabe. Allein am Dienstag wurden 15 Männer beim Vormarsch auf Mossul durch Sprengfallen getötet.
Schiitische Milizionäre haben ein rotes Banner an ihrem Panzer gehisst. Die religiösen Symbole, mit denen sie in die Schlacht ziehen, drohen das Verhältnis zu den Menschen in Mossul nach dem Sieg über den IS zu belasten, denn Mossul ist eine sunnitische Stadt.
Mehrere zehntausend Kämpfer ziehen auf Seiten der Regierung in die Schlacht um die zweitgrößte Stadt des Irak.
Die Bürokratie des IS: Ein irakischer Soldat zeigt einen Aktenordner, den die Dschihadisten in einem Vorort von Mossul zurückgelassen haben.
Wegen schlechten Wetters ruht der Vormarsch auf Mossul derzeit. Zwei Soldaten wärmen sich in der Kampfpause an einem Lagerfeuer.