Falludscha im Irak Sturm auf die Hochburg der Dschihadisten


In Falludscha herrscht noch der "Islamische Staat"
Foto: SPIEGEL ONLINEDie Amerikaner sollen dem irakischen Premierminister Haider al-Abadi davon abgeraten haben, Falludscha anzugreifen. Lieber solle er den "Islamischen Staat" erst aus dem nordirakischen Mossul vertreiben. Doch Abadi, unter innenpolitischem Druck, hat trotzdem erst die Schlacht um Falludscha ausgerufen. Inzwischen verkündet er stolz, dass zwei Viertel am Stadtrand wieder unter Kontrolle der irakischen Regierung seien.
Washington weiß, wie schwierig es werden könnte, die ganze Stadt zu befreien: Während der US-Besatzung des Irak kamen in den Kämpfen um die Stadt 2004 so viele amerikanische Soldaten um wie seit dem Vietnamkrieg nicht mehr. Der Gegner damals? Die irakische al-Qaida - die Vorläuferorganisation des "Islamischen Staats" (IS).
Stadt der Minarette und Moscheen wird Falludscha wegen der vielen muslimischen Gebetshäuser genannt. Seit zweieinhalb Jahren herrschen die Dschihadisten hier, so lange wie in keiner anderen irakischen Stadt. Falludscha gilt als Hochburg der Radikalen. Sie hatten Zeit, sich auf die Gegenoffensive vorzubereiten. Es wird vermutet, dass sie Tunnel gegraben sowie Minen und Sprengsätze gelegt haben, um Falludscha für ihre Gegner zur tödlichen Falle werden zu lassen.
Die irakische Armee geht davon aus, dass sich nur noch vergleichsweise wenige IS-Kämpfer in der Stadt aufhalten. Zwischen 400 und 600 sollen es noch sein, dazu kommen möglicherweise mehrere Hundert Sympathisanten. Bagdad greift nach verschiedenen Schätzungen mit rund 20.000 Kämpfern an - eine Mischung aus Armee, Milizen und Polizei. Unterstützt werden sie von der US-geführten internationalen Koalition, die den IS aus der Luft attackiert.
Dennoch könnten die Kämpfe langwierig werden. Erschwerend kommt hinzu: Die Dschihadisten missbrauchen Tausende Zivilisten als menschliche Schutzschilde. Von den einst rund 300.000 Einwohnern der Stadt sollen sich noch immer rund 50.000 in Falludscha aufhalten - 10.000 Familien mit ihren Kindern, glaubt die Uno.
In Falludscha herrscht noch der "Islamische Staat"
Foto: SPIEGEL ONLINEIn den vergangenen Tagen gelang es nur 80 Familien, die Stadt zu verlassen, berichtete die Uno-Mission im Irak am Montag. Beim Fluchtversuch seien mehrere Menschen, darunter Frauen und Kinder, getötet worden. Die Dschihadisten machen Jagd auf alle, die sich nicht an ihre Ausgangssperre halten. Sie hoffen, dass die vielen Zivilisten es der internationalen Koalition erschweren, Bagdads Kämpfern den Weg freizubomben.
Die Einwohner von Falludscha haben bereits viel erlitten: Seit einem halben Jahr belagern die irakische Armee und schiitische Milizen die Stadt; Essen und Medikamente sind knapp. Die Menschen hungern. Selbst wer aus der Stadt entkommt, ist noch nicht in Sicherheit. Die irakischen Sicherheitskräfte würden die fliehenden Familien trennen, berichtet die Uno: Männer und Jungen müssten zur Sicherheitsüberprüfung. Frauen und Kinder blieben allein zurück.
Eigentlich sollten solche Überprüfungen nur ein paar Tage dauern. Doch dies scheint bisher selten der Fall zu sein. Viele befürchten, dass die Festgenommenen dauerhaft verschwinden könnten. Denn die Milizen, die Falludscha nun zusammen mit der Armee vom IS befreien sollen, sind berüchtigt. Manchen ihrer Kämpfer gelten die mehrheitlich sunnitischen Einwohner Falludschas pauschal als IS-Anhänger. Einige sunnitische Iraker fürchten daher die vermeintlichen Befreier noch mehr als den IS. Auch dies dürfte den Kampf um die Stadt nicht leichter machen.
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Falludscha im Irak gilt wegen ihrer vielen Gotteshäuser als Stadt der Moscheen und Minarette. Hier ein Bild von 2010. Seit zweieinhalb Jahren herrscht hier der "Islamische Staat" (IS).
Die irakische Armee hat nun eine Offensive zur Rückeroberung von Falludscha gestartet, das inzwischen als IS-Hochburg gilt. Die Kämpfe könnten nach Einschätzung von Experten langwierig werden.
Der irakische Premier hat verkündet, zwei Viertel am Stadtrand von Falludscha stünden wieder unter Kontrolle der Regierung. Dieser Kämpfer zieht eine Flagge des IS herunter.
Unter anderem mit Panzerabwehrraketen wollen die Sicherheitskräfte Falludscha zurückerobern. Unterstützung erhalten die Iraker von der US-geführten internationalen Koalition.
In der Stadt Basra trauerten am Montag Menschen um ein bei Kämpfen um Falludscha getötetes Mitglied einer schiitischen Miliz.