
"Islamischer Staat" in Libyen Amerikas nächster Krieg
- • Kampf gegen IS: USA planen Drohnenbasis an der Grenze zu Libyen
- • Bürgerkrieg: Libyens Parlament lehnt Uno-Plan für Einheitsregierung ab
Ohne viel Aufsehen haben die USA in dieser Woche einen neuen Drohnen-Stützpunkt in Betrieb genommen. Seit Montag dürfen sie von Sizilien aus Angriffe starten, wenn ihre Spezialkräfte in Libyen bedroht werden, also ausschließlich im Verteidigungsfall. Darauf hatte die italienische Regierung bestanden. Öffentlich bekannt wurde die neue Drohnen-Basis erst, nachdem eine US-Zeitung sie aufgedeckt hatte. Derzeit suchen die USA nach weiteren Drohnen-Stützpunkten in Nordafrika, von denen aus sie ohne Einschränkungen starten können.
Am Mittwoch enthüllte zudem eine französische Zeitung, dass französische Spezialkräfte derzeit verdeckt im Osten Libyens im Einsatz sind.
Was verbirgt sich hinter diesen Meldungen? Die USA weiten ihren Einsatz gegen den Ableger des "Islamischen Staates" (IS) in Libyen aus - und setzen auf Unterstützung Frankreichs. Washington und Paris wollen die Dschihadisten ausbremsen, bevor sie die gesamte Region destabilisieren könnten. Es ist die nächste große Front im Krieg gegen den IS.
"Wir müssen mehr tun", sagte General Joseph Dunford, stellvertretender Vorsitzender des US-Generalstabs, im Januar. Die USA und Frankreich müssten "entscheidende Militäraktionen" unternehmen, allerdings nur "zusammen mit der neuen Regierung" - die es bisher in Libyen noch nicht gibt.
US-Spezialkräfte sind heimlich in Libyen am Boden aktiv
Doch der US-Einsatz gegen den IS in Libyen hat bereits begonnen. Erstmals griffen die USA im November 2015 ein IS-Ziel im Land an. Damals wurde bei einem Drohnenangriff Abu Nabil al-Anbari getötet, ein irakischer IS-Führungskader. In diesem Monat folgte die zweite Attacke, bei dem über 40 Menschen, darunter auch zwei serbische Geiseln, ums Leben kamen.
Schon seit einigen Monaten läuft im Verborgenen auch ein Einsatz am Boden. Diese streng geheime Mission von US-Spezialeinheiten wurde enttarnt, als Fotos der Amerikaner auf Facebook auftauchten. Eine Miliz namens "Libysche Luftwaffe" hatte die Bilder gepostet. Sie zeigten mit Sturmgewehren bewaffnete Männer in Jeans und Karohemden.
Dazu schrieben die Libyer irritiert, dass die 20 bewaffneten Amerikaner bei ihnen um 6 Uhr morgens auf dem Luftstützpunkt gelandet waren. Allerdings wussten die Libyer nicht Bescheid, was die Besucher denn dort eigentlich wollten. "Sie hätten sich mit anderen Teilen des libyschen Militärs abgesprochen", hielt die "Libysche Luftwaffe" fest. In Libyen gibt es derzeit viele verschiedene Milizen, da fällt der Überblick manchmal schwer.
Gegenüber US-Medien bestätigten später ungenannte hochrangige US-Verteidigungsbeamte, dass es sich um amerikanische Spezialkräfte gehandelt habe, die "seit einiger Zeit" "in Libyen ein und ausgehen", um die lokalen Milizen auszubilden.
Der "Islamische Staat" nimmt die Flüchtlingsroute ins Visier
Libyen bietet dem IS ideale Bedingungen. Seit Sommer 2014 ist das Land zerrissen zwischen zwei unterschiedlichen Regierungen und den Milizen, die sie unterstützen. Im Dezember 2015 wurde zwar unter Uno-Führung eine Regierung der Nationalen Einheit vermittelt, von einer echten Einigung kann aber noch nicht gesprochen werden. Das Chaos nutzt der "Islamische Staat" geschickt aus.
Rund 5000 IS-Kämpfer soll es in Libyen inzwischen geben. Noch haben die Dschihadisten keines der libyschen Ölfelder erobert, allerdings haben sie diese bereits ins Visier genommen. Gleiches gilt für den lukrativen Menschenhandel nach Europa.
Bisher sind die Gebietsgewinne des IS in Libyen noch vergleichsweise überschaubar. In der Stadt Sirte hat er sich eingenistet, ebenso in mehreren Dörfern entlang der libyschen Küste.
Ein echtes Problem für Libyens Nachbarländer ist der IS aber trotzdem längst. So wurde Tunesien mehrmals Ziel von Anschlägen, die in Libyen geplant wurden. Nun geht in Regierungen vom Senegal über den Niger nach Ägypten die Angst um. Bald schon könnte der libysche IS-Ableger die ganze Sahelzone erschüttern.
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Kämpfer einer Miliz in Ostlibyen feiern, nachdem sie gegen den "Islamischen Staat" vorrücken konnten. Im Kampf gegen den IS bekommen manche libysche Milizen inzwischen Unterstützung von den USA.
Libysche Milizen fahren durch die Straßen von Benghazi im Osten Libyens. Zuvor konnten sie die Kämpfer des "Islamischen Staates" wieder zurückdrängen, die sich in Teilen Benghazis eingenistet hatten.
Ein libyscher Milizionär steht nach Gefechten in einem zerstörten Haus. Die USA wollen Libyen im Kampf gegen die Dschihadisten besser unterstützen, sobald eine neue libysche Regierung steht. Doch bisher werden sich die verschiedenen Gruppen nicht einig.
Libyer feiern auf den Straßen von Benghazi, nachdem die Dschihadisten aus ihrer Stadt wieder zurückgedrängt werden konnten.
Auch diese libyschen Kämpfer geben sich siegessicher gegen den IS. Doch die Dschihadisten bekommen in Libyen zunehmend Unterstützung: Rekruten aus aller Welt, vor allem aus Afrika, reisen mittlerweile zum libyschen IS-Ableger.
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