Vorstoß gegen Islamisten Ägyptisches Gericht verbietet Muslimbruderschaft

Die ägyptische Übergangsregierung geht weiter hart gegen die Muslimbrüder vor: Ein Gericht hat alle Aktivitäten der Islamistenbewegung verboten. Die Richter beschlossen außerdem, Vermögen und Immobilien zu konfiszieren.
Unterstützer der Muslimbrüder (Archivbild): Überraschendes Urteil

Unterstützer der Muslimbrüder (Archivbild): Überraschendes Urteil

Foto: Khaled Elfiqi/ dpa

Kairo - Seit Monaten greifen Übergangsregierung und Armee in Ägypten mit großer Härte gegen die Muslimbrüderschaft durch. Die ägyptische Justiz hat nun laut einem Bericht des Staatsfernsehens sämtliche Aktivitäten der Muslimbrüder des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi untersagt. Das Vermögen der Muslimbrüder werde eingezogen, hieß es in dem Bericht vom Montag weiter.

Konkret richtet sich das Verbot auch gegen die Nichtregierungsorganisation der Muslimbrüder, die erst im März dieses Jahres gegründet wurde. Die Gründung war damals eine Reaktion auf eine Klage, die der Bruderschaft vorgeworfen hatte, keinen rechtlichen Status zu besitzen.

Das Urteil vom Montag kann angefochten werden. Es ermöglicht es den Behörden jedoch, härter als bisher gegen das umfangreiche Netzwerk der Muslimbrüderschaft vorzugehen.

Die Muslimbrüder hatten Ende 2011 die Parlamentswahlen gewonnen. Der aus ihren Reihen hervorgegangene Staatschef Mohammed Mursi wurde Anfang Juli nach nur einem Jahr im Amt vom Militär gestürzt. Seine Anhänger demonstrierten daraufhin wochenlang.

Bei der gewaltsamen Räumung zweier Protestlager der Muslimbrüder in Kairo wurden Mitte August Hunderte Menschen getötet. In den folgenden Wochen wurden 2000 Mitglieder der Muslimbrüder festgenommen, darunter nahezu die gesamte Führungsriege der Islamisten. Der Chef der Muslimbrüder, Mohammed Badie, und seine zwei Stellvertreter wurden wie Mursi wegen Anstiftung zum Mord angeklagt.

Muslimbrüder jahrzehntelang verboten

Die Muslimbruderschaft wurde 1928 in Kairo gegründet. Unter dem Führer Hassan al-Banna wurde die Bruderschaft zu einer politisch relevanten Kraft, durch eigene Firmen, Fabriken, Schulen und Krankenhäuser schuf sie eine Art Staat im Staate. Schnell etablierte sich die Bewegung auch in anderen arabischen Ländern, vor allem Syrien und Jordanien.

Viele Muslimbrüder besetzten Schlüsselpositionen in Armee und Gewerkschaften. Die Spannungen zwischen der Bruderschaft und der Regierung eskalierte 1948: Der ägyptische Premierminister fiel einem Attentat zum Opfer, 1949 wurde Banna selbst erschossen. 1954 verbot Präsident Gamal Abdel Nasser die sunnitische Bruderschaft. Bis zum Sturz Husni Mubaraks 2011 blieb die Organisation formell verboten, konnte aber in der Öffentlichkeit weitgehend unbehelligt agieren.

Die ihr nahestehende Partei für Freiheit und Gerechtigkeit wurde 2011 nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Mubarak zugelassen. Auch die Partei ist nun verboten worden.

jok/asp/dpa/AP/Reuters
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