Israel Bürgerrechtler kritisieren tödliche Polizeischüsse auf Messerstecherin
Zwei arabische Schülerinnen hatten am 23. November in Jerusalem mit Scheren auf Passanten eingestochen. Die beiden 14 und 16 Jahre alten Cousinen wollten so den Bruder von einer der beiden "rächen", der 2013 bei gewaltsamen Protesten erschossen worden war. Ein Kampfmittelräumer der Polizei sah die Scherenattacke, sprang aus seinem Auto und schoss auf die beiden Angreiferinnen, die einen 70-jährigen Mann leicht verletzten. Nun wird der Fall in Israel aufgerollt.
Grund für die Diskussionen ist das Video einer Überwachungskamera: Während die 14-Jährige sofort tot war, lag die 16-Jährige zunächst verletzt am Boden. Wie Aufnahmen zeigen, ging der Beamte zurück zu ihr und schoss erneut auf sie.
Deswegen wird nun gegen den Polizisten ermittelt. Der Mann wurde am Sonntag vernommen. Seit Anfang Oktober in Israel und den besetzten Palästinensergebieten eine Serie von Angriffen auf Israelis begann, ist es das erste Mal, dass gegen einen Angehörigen der Sicherheitskräfte ermittelt wird.
Bei Dutzenden Attentaten mit Messern sowie - in Einzelfällen - Schusswaffen und Autos sind in den vergangenen Monaten 17 Israelis und ein US-Bürger getötet worden. Die meisten Angreifer wurden auf der Stelle erschossen. Auch ein eritreischer Flüchtling, der fälschlich als Attentäter galt, wurde von Wachleuten getötet.
Israels Generalstaatsanwalt Jehuda Weinstein hatte Ende Oktober vor dem Hintergrund mehrerer fragwürdiger Vorfälle klargestellt, dass die Einsatzregeln klar vorschreiben, "dass keine Schüsse mehr abgegeben werden dürfen, wenn die Gefahr für Leib und Leben abgewendet ist". Wer auf einen bereits kampfunfähigen Attentäter schieße, "verstößt gegen das Gesetz".
Umfrage: Palästinenser stützen die Gewalt
Israelische Bürgerrechtler kritisieren, dass dieser Grundsatz in den vergangenen zehn Wochen mehrfach missachtet wurde. Die Menschenrechtsgruppe B'Tselem richtete sich mit einem offenen Brief an Ministerpräsident Benjamin Netanyahu, in dem sie auf das Risiko "außergerichtlicher Hinrichtungen" hinwies. Dabei wurden vier Fälle in Jerusalem und einer im Westjordanland genannt, bei denen auf mutmaßliche Attentäter noch geschossen wurde, als diese bereits bewegungslos am Boden lagen.
Auch zwei Sonderberichterstatter des Uno-Menschenrechtsrats berichteten Mitte November: "Fälle übermäßigen Gewalteinsatzes durch israelische Sicherheitskräfte gegen Palästinenser, von denen einige wie standrechtliche Hinrichtungen aussehen, werden weiterhin bekannt und manche wurden auf Video festgehalten."
Unter den Palästinensern wächst der Zorn über die seit fast 50 Jahren andauernde Besatzung des Westjordanlandes durch Israel. Zudem wurden die Unruhen durch Gerüchte ausgelöst, wonach Israel den Tempelberg in Jerusalem für Muslime schließen will, auf dem sich zwei wichtige islamische Heiligtümer befinden. Die israelische Regierung macht die Palästinenserführung für das Streuen der Gerüchte verantwortlich und hat mehrfach bekräftigt, den Status quo nicht antasten zu wollen.
Laut einer Umfrage unterstützen zwei Drittel der Palästinenser die Gewalt gegen Israelis. Die Befragten gaben demnach an, die Angriffe würden ihren Interessen mehr bringen als Verhandlungen.