Geschichtsrevisionismus Israel lädt Ungarns Parlamentspräsidenten aus

Der ungarische Parlamentspräsident László Kövér ist nicht mehr in Israel willkommen - sein Jerusalemer Amtskollege Reuven Rivlin hat ihn ausgeladen. Der Grund: Der Fidesz-Politiker sympathisiert mit einem rechtsextremen Autor und Nazi-Politiker.
Parlamentspräsident Kövér: Israel zeigt sich empört über Gedenkfeier für Nazi-Politiker

Parlamentspräsident Kövér: Israel zeigt sich empört über Gedenkfeier für Nazi-Politiker

Foto: Filip Singer/ picture alliance / dpa

Budapest - Israel hat den ungarischen Parlamentspräsidenten László Kövér ausgeladen. Das berichtet die israelische Zeitung "Jerusalem Post". Der Politiker der nationalkonservativen Fidesz-Partei hatte jüngst offen seine Sympathie für den rechtsextremen ungarischen Autoren und Politiker aus der Nazi-Zeit, József Nyirö, bekundet.

Wie die "Jerusalem Post" meldet, zog der israelische Parlamentspräsident Reuven Rivlin eine Einladung an seinen ungarischen Kollegen deshalb zurück. Kövér sei nicht mehr länger willkommen. Rivlin schrieb dem Ungarn einen Brief: Er sei "entsetzt über die schockierenden Nachrichten" über Kövérs Teilnahme an einer Gedenkveranstaltung zu Ehren des Schriftstellers Nyirös im Mai in Rumänien.

Nyirö gilt als Blut- und Boden-Literat und bekennender Rassist. Er unterstützte die Diktatur des Hitler-Verbündeten Miklós Horthy (1920-1944) und dessen von den Nazis 1944 eingesetzten Nachfolger Ferenc Szálasi, den Führer der faschistischen Pfeilkreuzler. Nach dem Krieg floh der Autor nach Spanien, wo er 1953 starb. Unter Führung von Parlamentspräsident Kövér wurde die Umbettung der Nyirö-Urne von Spanien in seine Heimat Rumänien geplant, was jedoch durch die rumänischen Behörden verhindert wurde. Stattdessen kam es zu der Gedenkfeier.

Kövér hätte im Juli in Israel eigentlich an einer Veranstaltung zum 100. Geburtstag des schwedischen Diplomaten Raoul Wallenberg teilnehmen sollen. Wallenberg hatte während der Nazi-Zeit zahlreiche ungarische Juden vor der Deportation in Vernichtungslager gerettet. Er gilt seit dem Jahr 1947 als verschollen.

Der Umgang der ungarischen Behörden mit der Nazi-Vergangenheit sorgt seit Wochen für immer mehr Unmut: Zuletzt hatte Nobelpreisträger Elie Wiesel den ungarischen Großkreuz-Verdienstorden zurückgegeben - aus Protest gegen das "Weißwaschen tragischer und krimineller Episoden in Ungarns Vergangenheit". Wiesel prangerte in seinem Brief an Kövér auch explizit dessen Teilnahme an der Gedenkfeier für Nyirö an.

Der ungarische Parlamentspräsident wies die Kritik jedoch zurück: Nyirö sei "kein Kriegsverbrecher, kein Faschist" gewesen. Dafür gebe es in dessen literarischem Werk keinen Beleg. Das Holocaust-Museum in Washington sieht das anders: Es zitierte jüngst antisemitische Teile aus Nyirös Parlamentsreden.

heb/dpa
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