Israels neue Regierung Netanjahu schmiedet Kriegskoalition

Israels Premierminister Netanjahu: Neue Regierung steht stabil gegen Teheran
Foto: Jim Hollander/ dpaHamburg - Für Israels Premierminister Benjamin Netanjahu war es ein großer Coup: Überraschend hat er in der letzten Minute vorgezogene Neuwahlen doch noch abgewendet. In den frühen Morgenstunden einigte er sich mit Schaul Mofas, Chef der Mitte-Links-Partei Kadima, eine Große Koalition zu bilden. Ihr werden 96 der 120 Abgeordneten im Parlament angehören - eine komfortable Mehrheit.
Damit erhöht Netanjahu den Druck auf Teheran im Streit um das iranische Atomprogramm. Anstatt die nächsten Monate im Wahlkampf zu versinken, bleibt der Premierminister handlungsfähig und kann sich nun auf eine große und stabile Koalition stützen. Gleichzeitig schafft er es, die israelische Innenpolitik auf eine Linie einzustimmen: Mit Mofas bindet er den Politiker ein, der ihm im Streit um die Iran-Politik hätte gefährlich werden können
Auf einer Pressekonferenz am Dienstag sagte Netanjahu, er habe mit Mofas bereits über Iran ausführlich diskutiert und beide würden auch weiterhin "ernste und verantwortungsbewusste" Gespräche darüber führen.
Schaul Mofas hatte in den vergangenen Wochen angefangen, sich der Kritik israelischer Sicherheitsexperten an Netanjahus harter Iran-Linie anzuschließen. Ex-Geheimdienstchef Meir Dagan und einzelne Militärs kritisierten, Netanjahu überschätze die Bedrohung für Israel durch Iran.
Dieser Linie schien sich auch der eher als Hardliner bekannte Ex-Militärchef Mofas anschließen zu wollen. Zuletzt sagte er im April in einem Interview mit der "New York Times", die Gefahr für Israel durch die festgefahrenen Friedensverhandlungen mit den Palästinensern sei deutlich größer. Seine Kadima-Partei hatte in Umfragen massiv verloren.
Wahlkampf und vorgezogene Neuwahlen hätten Netanjahu geschwächt
Mit Kritik an Netanjahus Konfrontationskurs hätte Mofas viele Israelis auf seiner Seite gewusst. In Meinungsumfragen spricht sich regelmäßig eine Mehrheit der Befragten gegen einen einseitigen Angriff auf Iran ohne US-Unterstützung aus. Die USA sehen bisher noch Raum für Verhandlungen mit Teheran. Bei einem ersten Treffen in diesem Jahr zeigte sich die iranische Führung versöhnlicher. Am 23. Mai soll in Bagdad ein zweites Treffen stattfinden.
Teheran steht nun einer stabilen und breiten israelischen Koalition gegenüber. Ihr Mandat läuft erst im Oktober 2013 aus. Bisher war Netanjahu auf die Stimmen des radikalen Randes angewiesen, was immer wieder zu Auseinandersetzungen führte. Mit den Religiösen stritt er zuletzt über die Einführung einer Wehrdienstpflicht auch für Ultra-Orthodoxe.
Mit dem Ex-Likud-Mann und Ex-Verteidigungsminister Mofas hat Netanjahu nun einen Partner an seiner Seite, der sich wohl seiner Linie gegen Teheran anschließen wird. Einen Militärschlag gegen Iran hat Mofas bisher nicht ausgeschlossen. Er werde, sollte es dazu kommen, Netanjahu unterstützen, erklärte Mofas im April.
Mofas gilt als politischer Opportunist
Mofas gilt in Israel als Opportunist und Machtmensch. Erst im vorigen Monat hatte er ausgeschlossen, der Regierung Netanjahus beizutreten. Auch der Kadima-Partei hatte sich der Ex-Likud-Vertreter 2005 erst angeschlossen, nachdem er dies wenige Wochen zuvor noch abgelehnt hatte.
Für seine Zustimmung zu einer Regierungskoalition mit Likud bekommt Mofas im neuen Kabinett voraussichtlich den Posten eines Sonderministers für die Verhandlungen mit den Palästinensern. Von einem Friedensprozess konnte zuletzt keine Rede mehr sein, die Verhandlungen kamen nicht voran. Netanjahu erklärte am Dienstag, die neue Koalition wolle den Friedensprozess mit den Palästinensern "verantwortungsbewusst" voranbringen.
Mofas wird wahrscheinlich der einzige Kadima-Vertreter im Kabinett. Im Falle von vorgezogenen Neuwahlen hätte der Partei ein massiver Stimmenverlust gedroht. Als Koalitionspartner wäre sie danach deutlich weniger interessant für Netanjahu gewesen. Mofas' Vorgängerin an der Spitze der Kadima-Partei, Zipi Livni, hatte eine Koalition mit dem Hardliner Netanjahu stets ausgeschlossen. Sie verzichtete damit sogar auf das Amt der Premierministerin - die Kadima-Partei hat im Parlament einen Sitz mehr als der Likud-Block.