Westjordanland Israels Regierung erklärt Siedlungen für legal

Die israelische Regierung hat mehrere jüdische Siedlungen im Westjordanland nachträglich genehmigt. Auch die Zwangsräumung weiterer Häuser auf palästinensischem Territorium will Premier Netanjahu verhindern. Bundesaußenminister Westerwelle kritisierte Israels Siedlungspolitik ungewohnt deutlich.
Jüdische Siedlung Bruchin: Westerwelle äußerte sich "sehr besorgt über die Legalisierung"

Jüdische Siedlung Bruchin: Westerwelle äußerte sich "sehr besorgt über die Legalisierung"

Foto: NIR ELIAS/ REUTERS

Jerusalem - Israel gibt dem Bau jüdischer Siedlungen auf palästinensischem Gebiet weitere Rückendeckung. Am Dienstag hat das Kabinett von Premier Benjamin Netanjahu drei unerlaubt errichtete Siedlungen im Westjordanland legalisiert. In einer Stellungnahme teilte die Regierung mit, dass sie den Status der seit langem bestehenden Enklaven Sansana, Bruchin und Rehalim "formalisiert" habe. Dort lebten mehr als 800 jüdische Siedler.

In einem offiziellen Bericht aus dem Jahr 2005 werden Bruchin und Rehalim allerdings als unerlaubte Außenposten bezeichnet. Die Regierung stellte jedoch die Objektivität der Autorin Talia Sasson in Frage, weil sie sich später der gegen den Siedlungsbau eingestellten Meretz-Partei angeschlossen habe.

Netanjahu will zudem die Zwangsräumung von fünf illegal errichteten Häusern im Westjordanland verhindern. Israels höchster Gerichtshof hatte entschieden, dass die Gebäude in dem Außenposten Ulpana, in denen 30 Familien wohnen, bis Dienstag zu räumen seien, weil das Grundstück, auf dem sie stehen, im Privatbesitz eines Palästinensers sei.

Die Regierung suche nach legalen Möglichkeiten, die Zwangsräumung zu verhindern, sagte Netanjahu. Obwohl das Verfahren schon jahrelang läuft, hieß es zur Begründung, es werde mehr Zeit für eine Lösung des Problems benötigt. Einige Kabinettsmitglieder hatten mit dem Sturz der Regierung gedroht, sollten die Gebäude abgerissen werden. Besonders die Räumung eines von Siedlern besetzten Hauses in Hebron hatte für Unruhe in der Koalition gesorgt.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle äußerte sich am Dienstag "sehr besorgt über die beabsichtigte Legalisierung israelischer Siedlungen im Westjordanland". Die Bundesregierung habe in den letzten Tagen in Gesprächen mit der israelischen Seite "darauf gedrängt, dass es dazu nicht kommt".

"Netanjahu steuert in eine Sackgasse"

Nabil Abu Rudeina, Sprecher der palästinensischen Autonomiebehörde in Ramallah, reagierte empört auf den Beschluss der israelischen Regierung. "Netanjahu steuert erneut auf eine Sackgasse zu", sagte er. Israel müsse alle unilateralen Aktionen sofort einstellen. Die palästinensische Führung macht einen Stopp des Siedlungsbaus zur Vorbedingung für eine Wiederaufnahme der Friedensgespräche. Ende März war bereits bekannt geworden, dass Israels Regierung weitere Teile des besetzten Westjordanlandes für den Siedlungsbau vorsieht.

Die Siedlungen im Westjordanland und dem arabischen Ostteil von Jerusalem gelten nach internationalem Recht als illegal, weil sie gegen das Genfer Abkommen über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten verstießen. Nach Artikel 49 dieses Abkommens darf eine Besatzungsmacht - in diesem Fall Israel - nicht Teile ihrer eigenen Zivilbevölkerung in das von ihr besetzte Gebiet umsiedeln.

Israel argumentiert, das im Sechs-Tage-Krieg 1967 eroberte Westjordanland sei kein besetztes Gebiet im Sinne des Abkommens, sondern umstrittenes Territorium. Als illegal sieht es nur Siedlungen an, die ohne Erlaubnis der Regierung errichtet wurden.

Nach offiziellen Angaben gibt es zurzeit im Westjordanland 121 nach israelischem Recht legale Siedlungen. Daneben existieren hundert Siedlungen oder Außenposten ohne Genehmigung, die aber weitgehend toleriert werden. In diesen Anlagen leben etwa 300.000 Israelis. Weitere 200.000 Israelis siedeln inzwischen in Ost-Jerusalem.

syd/dpa/dapd/Reuters
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