Israel Palästinenser im Hungerstreik droht Abschiebung

Israel will der Freilassung eines palästinensischen Häftlings nur zustimmen, wenn dieser das Land verlässt. Der Mann schwebt nach zwei Monaten Hungerstreik in Lebensgefahr.
Demonstration für Allaan: Er hungert aus Protest gegen seine Verhaftung

Demonstration für Allaan: Er hungert aus Protest gegen seine Verhaftung

Foto: Abir Sultan/ dpa

Der palästinensische Rechtsanwalt Mohammed Allaan liegt seit einer Woche auf der Intensivstation in einem Krankenhaus in der israelischen Küstenstadt Aschkelon. Er hatte am Freitag das Bewusstsein verloren, wird seitdem künstlich beatmet und durch Infusionen mit Flüssigkeit und Vitaminen versorgt. Seit zwei Monaten befindet sich der seit November ohne offizielle Anklage Inhaftierte im Hungerstreik. Seine Anwälte fordern vor Israels höchstem Gericht seine Freilassung aus gesundheitlichen Gründen. Die Antwort: Eine Freilassung sei möglich - aber nur, wenn er anschließend für vier Jahre das Land verlasse, erklärte das Justizministerium heute in einer Eingabe vor dem Obersten Gerichtshof.

"Wir weisen das Angebot des Justizministeriums kategorisch zurück", sagte Allaans Rechtsbeistand Dschamil al-Chatib der Nachrichtenagentur AFP. Während der rund einstündigen Anhörung in Jerusalem argumentierten die Verteidiger, der lebensbedrohliche Gesundheitszustand des Gefangenen widerspreche dem Argument der Sicherheitsbehörden, dass dieser eine akute Gefahr für Israel darstelle.

Der 31-Jährige aus dem Westjordanland ist nach Angaben des Islamischen Dschihad ein Mitglied dieser radikalen Palästinensergruppe. Er soll nach Aussage der israelischen Armee Kontakt zu Terroristen gehabt haben, die Angriffe gegen Israel geplant haben sollen.

Menschen, die in Israel als Sicherheitsrisiko eingestuft werden, können in sogenannte Verwaltungshaft genommen werden. Diese ermöglicht es Israel, Terrorverdächtige sechs Monate ohne Anklage festzuhalten. Die umstrittene Maßnahme kann immer wieder verlängert werden. Sie wird derzeit gegen fast 400 Palästinenser und drei jüdische Israeli angewendet. Immer wieder protestieren Häftlinge mit Hungerstreiks gegen die Verwaltungshaft. Im Juli hatte Israel ein ranghohes Mitglied des Islamischen Dschihad nach zwei Monaten Hungerstreik freigelassen.

Aus Protest gegen diese Verwaltungshaft hungert auch Allaan - und riskiert damit sein Leben. Ein behandelnder Krankenhausarzt erläuterte bei der Anhörung, wahrscheinlich habe der Häftling bisher durch den am 18. Juni begonnenen Hungerstreik noch keine bleibenden Schäden erlitten. Sollte er die Nahrungsaufnahme aber weiter verweigern, sei sein Tod gewiss.

Der Islamische Dschihad warnte Israel, bei einem Tod des Häftlings werde es neue Angriffe und ein Ende der Waffenruhe geben. Am Wochenende war es bei einer Solidaritätsdemonstration für Allaan zu Zusammenstößen gekommen.

Sollte Allaan nicht freigelassen werden, könnte Israel gegen ihn auch erstmals ein Ende Juli verabschiedetes Gesetz anwenden und Maßnahmen zur Zwangsernährung einleiten. Allerdings scheint bislang kein Arzt bereit zu sein, an diesem ethisch und medizinisch umstrittenen Vorhaben mitzuwirken.

Die Verhandlung über den Antrag der Verteidiger, Allaan aus gesundheitlichen Gründen freizulassen, soll am Mittwoch fortgesetzt werden. Das höchste Gericht hat den Sicherheitsbehörden zu einer Einigung mit dem hungerstreikenden Palästinenser geraten.

kop/AFP/dpa
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