Umstrittenes Abkommen Israel will Tausende Afrikaner nach Uganda abschieben

Uganda nimmt in den kommenden Jahren Tausende afrikanische Flüchtlinge aus Israel auf. Im Gegenzug erhält Diktator Museveni Geld und Waffen aus Jerusalem. Die abgeschobenen Einwanderer kommen in ein fremdes Land: Fast alle Afrikaner in Israel stammen aus Eritrea und dem Sudan.
Illegale Einwanderer in Israel (Archivbild): Abschiebung in die Fremde

Illegale Einwanderer in Israel (Archivbild): Abschiebung in die Fremde

Foto: Ariel Schalit/ AP

Jerusalem - In Tel Aviv und anderen israelischen Orten gehören sie seit Jahren zum Stadtbild: Illegale Einwanderer aus Afrika, die auf der Straße oder in ärmlichen Unterkünften leben, sich als Tagelöhner verdingen oder betteln. Nach Angaben der israelischen Behörden leben derzeit etwa 55.000 afrikanische Asylbewerber in Israel. Hinter ihnen liegt eine monatelange, lebensgefährliche Flucht über den ägyptischen Sinai.

Der jüdische Staat will die Afrikaner loswerden. Deshalb hat die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ein Abkommen mit Uganda geschlossen. Das ostafrikanische Land verpflichtet sich zur Aufnahme der Migranten. Damit sollen die Flüchtlinge in ein für sie fremdes Land abgeschoben werden. Denn 90 Prozent der nach Israel eingewanderten Afrikaner stammen aus Eritrea und dem Sudan.

Im Gegenzug bekommt Uganda von Israel Gelder für die Entwicklungshilfe und die Aufrüstung der Armee. Bereits in den vergangenen Jahren haben beide Staaten ihre militärische Zusammenarbeit verstärkt. Unter anderem lieferte Israel Mörsergranaten, Artilleriegeschütze, und Überwachungssysteme an die Regierung in Kampala. Außerdem wurden ugandische Kampfpiloten in Israel ausgebildet.

Nach Angaben des israelischen Innenministers Gideon Saar soll die Deportation der Afrikaner noch in diesem Jahr beginnen. In einer ersten Phase sollen die Einwanderer mit Finanzhilfen und Flugtickets zu einer freiwilligen Übersiedlung nach Uganda bewegt werden. Zudem sollen sie Gelder, die sie in Israel verdient haben, mitnehmen können.

Wenn sie das Land nicht freiwillig verlassen, sollen die Sudanesen und Eritreer in Sammellager eingesperrt und ihre Aufenthaltsgenehmigung nicht mehr verlängert werden.

Israel weist Kritik zurück

Nach dem Willen von Innenminister Saar soll das Beschäftigungsverbot für illegale Einwanderer fortan strikt durchgesetzt werden. Zudem soll die Möglichkeit eingeschränkt werden, Geld an Verwandte in den Herkunftsländern zu schicken.

Menschenrechtsgruppen kritisieren den israelischen Deal mit Uganda scharf. Schon jetzt leben etwa 250.000 Flüchtlinge aus Ruanda, der Demokratischen Republik Kongo und dem Sudan in Uganda - unter verheerenden Bedingungen. "Die Flüchtlinge leben praktisch in riesigen Gefängnissen, die sie ohne Erlaubnis nicht verlassen dürfen", sagte der ugandische Menschenrechtsaktivist David Nkunda der Zeitung "Haaretz".

Das Abkommen sei ein klarer Verstoß gegen die Menschenrechte. "Diese Menschen wollten niemals nach Uganda. Sie hatten ihre Gründe, nach Israel zu fliehen", sagte Nkunda. Uganda ist ein autoritärer Staat, der seit 1986 mit harter Hand von Präsident Yoweri Museveni geführt wird.

Ein Bündnis israelischer Bürgerrechtsgruppen warf Netanjahus Regierung vor, Asylbewerber für Waffen und Geld zu verkaufen. Das Schicksal der Deportierten sei den Politikern egal.

Der israelische Generalstaatsanwalt Jehuda Weinstein, der die Einigung absegnete, wies diese Vorwürfe zurück. Uganda habe die Genfer Flüchtlingskonvention unterzeichnet und "hat ein Asylsystem, das die Rechte der betreffenden Gruppen schützt", erklärte Weinstein.

Wie viele Flüchtlinge in den kommenden Jahren nach Uganda ausgewiesen werden, ist derzeit noch unklar. Israels Innenminister Saar sprach am Donnerstagabend von 2000 bis 3000 pro Jahr. Doch dabei soll es nicht bleiben, sagte er. "Wir arbeiten daran, in den kommenden Wochen Abkommen mit weiteren Staaten zu schließen."

syd/AFP/Reuters
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