
Waffen: Israel greift die "Francop" auf
Israel stoppt Iran-Hisbollah-Lieferung 36 Container für den Krieg
Was Spezialeinheiten der israelischen Marine bei der Durchsuchung des deutschen Frachters "Francop" in der Nacht zum Mittwoch fanden, reicht für einen kleinen Krieg. Mehr als 3000 Raketen, dazu Handgranaten, panzerbrechende Munition, kistenweise Patronen für Sturmgewehre. Wäre die gefährliche Fracht nicht entdeckt worden, hätte die libanesische Schiiten-Miliz Hisbollah Israel damit einen Monat oder länger bekriegen können, schätzte der Kommandeur der israelischen Marine Rani Ben-Jehuda.
In 36 der 400 Container an Bord sei das für die Hisbollah bestimmte Kriegsgerät versteckt gewesen, sagt Ben-Jehuda vor Journalisten. An Bord des Schiffes sei ein iranisches Frachtdokument gefunden worden, aus dem hervorgehe, dass die Waffenladung aus Iran stamme, sagte eine Militärsprecherin.
Wie jetzt bekanntwurde, hatten die Israelis die aus Ägypten kommende "Francop" angefunkt. Man wolle eine Routine-Inspektion vornehmen, erklärten die Militärs dem polnischen Kapitän des etwa 180 Kilometer südlich von Zypern fahrenden Frachters. Doch sobald sie an Bord waren, wussten die israelischen Spezialkräfte des "Kommando 13" sehr genau, wonach sie suchen mussten. Nach der Entdeckung brachte die israelische Marine die "Francop" in den Hafen Aschdod. Das israelische Fernsehen zeigte später Bilder von der Hafenanlage, wo Hunderte Kisten mit Waffen zu sehen waren.
Seit etwa zehn Tagen soll der israelische Geheimdienst den Weg der Ladung aus Iran verfolgt haben. Die Container waren demnach zuerst auf einen kleinen, iranischen Frachter verladen worden. Vom israelischen Geheimdienst beobachtet, steuerte das Schiff den ägyptischen Hafen Domiat an. Erst dort seien die fraglichen Container auf die deutsche "Francop" umgeladen worden. Der Frachter habe erst Zypern und dann den syrischen Hafen Latakia anlaufen sollen, berichten dem israelischen Geheimdienst nahestehende Quellen. Dort sollte die Hunderte Tonnen schwere Ladung gelöscht werden.
Das israelische Militär gibt an, die Waffen hätten in der Folge auf dem Landweg über die syrisch-libanesische Grenze zur Hisbollah geschmuggelt werden sollen. Sollte diese Darstellung stimmen, wirft der "Francop"-Vorfall ein Schlaglicht auf die verschlungenen Wege, die Waffentransporte aus Iran an die mit ihr verbündete Hisbollah nehmen.
Iran und Syrien weisen Vorwürfe zurück
Der iranische Außenminister Manutschehr Mottaki und sein syrischer Kollege Walid al-Muallim bestritten die israelische Darstellung. Wie die Website des iranischen Fernsehens berichtete, äußerten sich beide Minister bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Teheran. Auf dem Schiff seien "keine Waffen aus iranischer Produktion" gewesen.
Die Entscheidung, die "Francop" zu durchsuchen, haben der israelische Tageszeitung "Haaretz" zufolge Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Ehud Barak auf Empfehlung des Militärs getroffen. Beide seien seit Tagen darüber auf dem Laufenden gehalten worden, dass eine Waffenlieferung aus Iran auf dem Weg sei.
"Der israelische Geheimdienst überwacht die Waffenlieferungen an die Hisbollah schon seit geraumer Zeit", so Ronen Bergman, israelischer Sicherheitsexperte und Autor des Buches "Der geheime Krieg mit Iran". In der Vergangenheit habe Israel selten interveniert - wohl auch, um seine Quellen zu schützen. Anscheinend wolle man nun die Gegenseite wissen lassen, dass man bestens informiert sei.
"Francop" gehört deutschem Reeder
Die israelischen Behörden unterrichteten Deutschland recht schnell nach dem Aufbringen der "Francop" über die Aktion und den brisanten Waffenfund. Schon nach ersten Recherchen war allerdings klar, dass deutsche Akteure in dem Fall keine große Rolle spielen. Zwar gehört die "Francop" der deutschen Reederei Gerd Bartels aus der Nähe von Hamburg. Der Frachter ist allerdings fest an die Charterfirma United Feeder Services, die auf den Marshallinseln sitzt und von Zypern aus operiert, vermietet. Da sich auch unter der Besatzung keine Deutschen befanden, vereinbarten Israel und die Bundesregierung lediglich, dass man im Kontakt bleibe.
So manch einem Verantwortlichen im Auswärtigen Amt wurde dennoch mulmig, als die ersten Meldungen über das aufgebrachte Schiff einliefen. Erst vor einigen Wochen hatten die Diplomaten schon einmal hektische Aktivitäten entwickelt, als die Besatzung eines US-Kriegsschiffs im Roten Meer den deutschen Frachter "Hansa India" geentert hatte. Die US-Marine hatte von Israel konkrete Hinweise bekommen, dass sich auf dem Schiff der Hamburger Reederei Leonhardt und Blumberg Waffen für die Hisbollah befanden. Tatsächlich wurden die Inspekteure sehr schnell fündig: Zwischen unverdächtiger Ladung waren mehrere Container mit Patronenhülsen für Schnellfeuergewehre versteckt.
Heikle Fracht auf hoher See
Da US-Soldaten das Schiff mit einem deutschen Kapitän kurzzeitig auf hoher See beschlagnahmten, schaltete sich das Auswärtige Amt ein und handelte einen Kompromiss aus. Die heikle Fracht wurde daraufhin auf Malta gelöscht und von der Justiz beschlagnahmt. Nach einer israelischen Anfrage sicherte die Bundesregierung umgehend zu, alle Ermittlungsergebnisse an den Sanktionsausschuss der Vereinten Nationen weiterzuleiten.
Gleichwohl war der Fall für Deutschland peinlich: Die Bundesregierung gibt sich international in Sachen der Sanktionen gegen Iran, die auch den Transfer von Waffen und Nuklearmaterial aus dem Land verbieten, unnachgiebig. Berichte, dass Waffen auf deutschen Frachtern geschmuggelt werden, passen nicht in dieses Bild - auch wenn die Reedereien keine unmittelbare Schuld trifft.
Bis zum Mittwochabend dauerten die Verhöre der "Francop"-Besatzung durch israelische Sicherheitskräfte an. Der Kommandeur der Marine sagte allerdings, er glaube nicht, dass die Crew in den Waffenschmuggel involviert gewesen sei. Selbst die Ägypter hätten mit großer Wahrscheinlichkeit nicht gewusst, was in ihrem Hafen umgeschlagen worden sei. Nach Angaben der Reederei hat das Schiff Aschdod bereits wieder verlassen.