Konflikt mit Iran Israel will Bevölkerung per SMS vor Angriffen warnen

Iran testet eine Rakete (Archivfoto aus Juli): Information per Handy-Alarm
Foto: Alireza Sot Akbar/ APTel Aviv - "Heimatfront - dies ist ein Test des Handy-Warnsystems", diese SMS bekommen Tausende von Israelis in den kommenden Tagen. Das Verteidigungsministerium probt einen neuen Alarm per Kurznachricht, damit soll die Bevölkerung vor drohenden Raketenangriffen oder anderen Notsituationen gewarnt werden, wie es aus dem Ministerium hieß.
Am Samstag hatten israelische Zeitungen den Beitrag eines führenden Nachrichtensenders aufgegriffen, in dem es hieß, Israel erwäge, Iran im Alleingang noch vor der US-Präsidentschaftswahl im November anzugreifen, um dessen Atomanlagen zu zerstören.
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Ehud Barak rechnen in diesem Fall mit Vergeltungsschlägen Irans und der radikalislamischen Hisbollah-Miliz im Libanon.
Der SMS-Test begann am Sonntag im Bereich der Stadt Ramla, wie die Zeitung "Haaretz" berichtete. Er soll bis Donnerstag in vielen großen Städten unter anderem Jerusalem, Tel Aviv und Haifa fortgesetzt werden. Künftig sollen die Menschen die Warn-Kurznachrichten in hebräischer, arabischer, englischer und russischer Sprache erhalten.
Schutz vor Hackerangriffen
Das System soll bereits im September in ganz Israel einsatzbereit sein, wie es aus dem Verteidigungsministerium hieß. Es sorgte im Vorfeld für einige Diskussionen. Zunächst hatten sich die Mobilunternehmen nach Angaben von "Haaretz" geweigert, mit den Behörden zu kooperieren - aus Angst, eine Panik zu verursachen. Sie forderten vom Verteidigungsministerium, im Falle möglicher Rechtsstreitigkeiten Entschädigungen vom Staat zu bekommen. Dann einigten sich beide Seiten auf Basis von Rechtsgutachten darauf, dass generell keine Entschädigungen gezahlt werden - auch im Falle von Fehlalarmen nicht.
Die israelische Armee testet das Handysystem bereits seit mehren Monaten, um es gegen Hackerangriffe abzusichern. "Falls jemand das System hackt und es in einem Notfall stoppt - oder umgekehrt, es unaufhörlich arbeiten lässt, könnte es sehr gefährlich werden. Wir müssen immun gegen solche Gefahren sein", zitiert die "Haaretz" einen Armeeoffizier des Heimatfront-Kommandos.
Israel für einen Krieg "nicht bereit"
Medien kritisierten die mangelnde Vorbereitung der israelischen Zivilverteidigung auf einen Krieg mit Iran. Die Zeitung "Jediot Ahronot" schrieb, dass Israel für einen Krieg "nicht bereit" sei. Etwa die Hälfte der Einwohner des Landes verfügten zum Beispiel nicht über Atemschutzmasken. Außerdem seien die Sicherungsmaßnahmen an Israels Krankenhäusern nicht abgeschlossen, sie würden noch rund drei Jahre dauern.
Netanjahu sagte dazu am Sonntag in der Kabinettssitzung: "Jede Bedrohung der Heimatfront wird bei weitem von einer anderen Bedrohung übertroffen. Es darf Iran nicht erlaubt werden, Nuklearwaffen zu besitzen."
Iran soll Atomsprengkopf-Entwicklung vorantreiben
Israel betrachtet das iranische Atomprogramm als größte Bedrohung seiner Existenz. Wie die liberale und regierungskritische "Haaretz" am Sonntag berichtete, sei der jüngste Lagebericht der US-Geheimdienste über Iran "in letzter Minute" um Informationen über Fortschritte beim Bau eines Sprengkopfes ergänzt worden. Die neuen Erkenntnisse gingen weit über die der Internationalen Atomenergieagentur hinaus. Die regierungsnahe Zeitung "Israel Hajom" meldete, die Führung in Teheran habe auch die Arbeiten für den Bau einer Trägerrakete forciert. Beide Blätter beriefen sich auf Informationen aus Regierungskreisen und durchgesickerte Geheimdienst-Erkenntnisse, nannten aber keine Details.
Die Führung in Teheran bestreitet, dass sie unter dem Deckmantel einer zivilen Forschung heimlich Atomwaffen entwickeln lässt. Unklar ist, ob Israel nun tatsächlich einen Angriff plant oder Druck macht, damit sich Iran in den seit Monaten stockenden Atomgesprächen mit den fünf Uno-Vetomächten und Deutschland bewegt. Mit immer schärferen Sanktionen versucht der Westen, Teheran zum Verzicht auf seine Urananreicherung zu zwingen.