Italien D'Alema versucht's noch mal

In Italien ist mal wieder eine Regierungskrise beendet. In einem nächtlichen Verhandlungsmarathon hat der amtierende Ministerpräsident Massimo D'Alema eine neue Regierungsmannschaft auf die Beine gestellt. Doch viel Vertrauen schenken die Kommentatoren dem Kabinett nicht.

Rom - Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi vereidigte die 25 Minister der 57. Nachkriegsregierung Italiens umgehend. Der Linksdemokrat D'Alema musste sich am Mittwochabend aber noch der Vertrauensabstimmung im Senat und vermutlich am Donnerstag einem Votum im Abgeordnetenhaus stellen.

"Das ist eine schwache Regierung", urteilten jedoch selbst politische Widersacher im eigenen Lager am Mittwoch über die neue Mitte-Links-Koalition. Nach Angaben der konservativen Zeitung "Corriere della Sera" steht hinter dem alten und neuen Regierungschef etwa die Hälfte der 630 Abgeordneten. Bei strittigen Themen müsse D'Alema auf Stimmenfang gehen.

Das abtrünnige "Kleeblatt" aus drei kleineren früheren Regierungsparteien hätte D'Alema eine satte Mehrheit von mehr als 330 Stimmen beschert. Doch ausgerechnet die einstigen sozialistischen Genossen - Wortführer im Kleeblatt - brachten schon "D'Alema eins" zu Fall. Und stellen jetzt für eine Unterstützung von "D'Alema zwei" weit reichende Bedingungen. Im Kabinett sind sie nicht mehr vertreten.

Die kleinen Parteien wehren sich insbesondere gegen Pläne für ein neues Wahlrecht, das ihre jetzige Macht begrenzen würde. D'Alema steht vor der Quadratur des Kreises: Eine vielfach angemahnte Reform gilt als Voraussetzung für stabilere politische Verhältnisse in Rom - und eines der wichtigsten Projekte der neuen Regierung.

Oppositionschef Silvio Berlusconi, sonst um markige Worte nicht verlegen, hielt sich in diesen Tagen auffällig zurück. Vielleicht deshalb, weil die angestrebte Wahlrechtsreform auch seine "Freiheitsallianz" spaltet. Der Cavaliere, wie der Medienzar aus Mailand genannt wird, sei nun ein "Sponsor des Verhältniswahlrechts", das die kleinen Parteien begünstigt, allerdings auch eine wundersame Vermehrung der Splittergruppen auf mehr als 40 in Italien.

Dabei kennt der frühere Ministerpräsident Berlusconi ebenso wie Ex-Regierungschef Romano Prodi den schwierigen Umgang mit aufmüpfigen Mehrheitsbeschaffern. So brachte Ende 1994 die rechtspopulistische Liga Nord das Kabinett Berlusconi zu Fall, Prodi stürzte im Oktober 1998 über die Altkommunisten Fausto Bertinottis. "Viel Glück", schallte es am Mittwoch nicht ohne zynischen Unterton D'Alema entgegen.

Dem kühlen Taktiker D'Alema droht zudem Ungemach noch von ganz anderer Seite. Zu seiner Regierungskoalition gehört die Partei UDEUR, deren Abgeordneter Luca Bagliani die Hauptfigur in der Bestechungsaffäre des römischen Parlaments ist. Er hat nach Überzeugung des parlamentarischen Ehrengerichts eigenmächtig mindestens einem Oppositionspolitiker eine hohe Geldsumme geboten, damit dieser das politische Lager wechselt. Wir wären froh, schreibt der "Corriere", wenn D'Alema eine Unterstützung Baglianis öffentlich zurückweisen würde - "Alles hat seine Grenzen."

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