Italien
87-jähriger Napolitano als Präsident wiedergewählt
Erst in der sechsten Runde der Präsidentenwahl fiel in Rom die Entscheidung: Nach einem entnervenden politischen Hickhack ist der Greis Giorgio Napolitano wiedergewählt worden. An seine zweite Amtszeit knüpft sich die Hoffnung auf eine Beilegung des politischen Patts.
Rom - Der italienische Staatschef Giorgio Napolitano ist wiedergewählt worden. In der sechsten Runde der Präsidentenwahl an diesem Samstag in Rom angetreten, erreichte Napolitano die notwendige Mehrheit. Der 87-Jährige soll mehr als die 504 erforderlichen Stimmen der 1007 Parlamentarier erhalten haben.
Bei der Wahl konnte Napolitano auf die Unterstützung aller großen Parteien zählen: Er war sowohl vom Vorsitzenden des Mitte-links-Bündnisses, Pier Luigi Bersani, von dem Vorsitzenden der konservativen Partei Volk der Freiheit (PdL), Silvio Berlusconi, als auch dem amtierenden Ministerpräsidenten Mario Monti zu einer erneuten Kandidatur gedrängt worden. Nur die Protestbewegung um den Ex-Komiker Beppe Grillo hatte sich verweigert und die Einigung der Parteichefs auf eine zweite Amtszeit Napolitanos als "Staatsstreich" gebrandmarkt.
Kurz nach seiner Wiederwahl ermahnte Napolitano die zerstrittenen Parteien, sich verantwortungsvoll zu verhalten. "Ich hoffe sehr, dass in den kommenden Wochen und Tagen alle Seiten ihre Pflicht erfüllen werden, mit dem Ziel, die staatlichen Institutionen zu stärken", sagte er in Rom.
An die zweite Amtszeit von Giorgio Napolitano knüpfen sich die Hoffnungen auf eine Beilegung des politischen Patts in der drittgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone. Das Parlament wird seit den Wahlen Ende Februar durch eine Patt-Situation gelähmt. Diese durch Neuwahlen oder die Ernennung eines Regierungschefs aufzulösen, ist Napolitanos dringendste Aufgabe. Seine erste, siebenjährige Amtszeit endet am 15. Mai (einen Kommentar zum Polit-Chaos in Italien lesen Sie hier).
Talent für die Vermittlerrolle
Napolitano war 2006 als erster Ex-Kommunist in das höchste italienische Staatsamt gewählt worden. Er trat für eine Erneuerung der Kommunistische Partei PCI ein und war Anfang der neunziger Jahre maßgeblich an deren Umwandlung in die sozialdemokratische DS (Democratici di Sinistra) beteiligt. Heute ist er Mitglied der Demokratischen Partei (PD).
Der 87-Jährige gilt als einer der wenigen über Parteigrenzen hinweg geschätzter Politiker mit Talent für die Vermittlerrolle. Im Spätherbst 2011 fädelte er den Übergang von dem gescheiterten Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi zu dem Reformer Mario Monti ein.
Napolitano hat wichtige Ämter im Parlament bekleidet, so als Präsident der Abgeordnetenkammer (1992-1994) und als Innenminister unter der ersten Regierung von Romano Prodi. Er ist einer der ältesten Staatschefs der Welt und hatte eine erneute Kandidatur stets unter Berufung auf sein fortgeschrittenes Alter abgelehnt. Politische Beobachter halten es deshalb für wahrscheinlich, dass er nach der Überwindung der politischen Krise in Italien zurücktritt.