Italien-Wahl Berlusconi erklärt sich zum Sieger der Herzen

Trotz Nachzählungs-Schlappe weigert sich Noch-Regierungschef Berlusconi hartnäckig, seine Niederlage bei der italienischen Parlamentswahl einzugestehen. Jetzt erklärte sich der Populist zum moralischen Sieger. Wahlgewinner Prodi sprach von einer "seltsamen Komödie".

Rom - Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi schaltet auf stur und will den Wahlsieg des Mitte-Links-Bündnisses um den früheren EU-Kommissionspräsidenten Romano Prodi partout nicht anerkennen. Im Gegenteil: "Sie haben nicht gewonnen und ich denke, von einem moralischen Standpunkt aus sind wir die Sieger", sagte Berlusconi am Freitagabend in einem Interview des Fernsehsenders "Sky Italia". Er sei ein Kämpfer, fügte er hinzu.

Obwohl seine Niederlage längst feststeht, will Berlusconi auf die Verkündung des endgültigen Endergebnisses warten. "Ich warte - wie die Hälfte Italiens - mit angehaltenem Atem auf die Veröffentlichung dieser gesegneten Ergebnisse, denn die vom Innenministerium vorgelegten Zahlen sind vorläufig. Und wir sind immer noch sehr hoffnungsvoll." Die endgültigen Zahlen werden für die kommende Woche erwartet. Falls es nicht zu viele Unregelmäßigkeiten gegeben habe, "sind wir natürlich die Ersten, die den Sieg des anderen Lagers anerkennen", sagte Berlusconi gestern Abend in Mailand.

"Das Spiel ist vorbei, und ich bin froh", erklärte hingegen Wahlgewinner Prodi. Sein Mitte-Links-Bündnis konnte in beiden Kammern eine hauchdünne Mehrheit erringen. Das Innenministerium hatte zuvor fehlerhafte Angaben zur Zahl der unklaren Stimmzettel eingeräumt und diese von rund 43.000 auf etwas mehr als 2000 korrigiert. Damit zerschlugen sich alle Aussichten, dass sich durch eine Prüfung der Stimmzettel das Ergebnis noch einmal ändern und Berlusconi als Regierungschef bestätigt werden könnte. "Es ist Zeit unseren Sieg anzuerkennen, damit diese seltsame Komödie ein Ende findet und wir weitergehen können, wie wir sollten", sagte Prodi Reportern.

Berlusconi hatte zunächst von Wahlbetrug gesprochen und dann gefordert, die offiziellen Zahlen müssten annulliert und Stimmzettel überprüft werden. In italienischen Medien gab es in der Folge Spekulationen, es komme deswegen zu einem langwierigen und destabilisierenden Streit.

In einem Brief an die Mailänder Zeitung "Corriere della Sera schlug Berlusconi Prodi eine zeitlich begrenzte Zusammenarbeit vor. "Wir befinden uns an einem toten Punkt, in einer Situation, in der es laut Wahlergebnis keine Sieger und keine Besiegten gibt", schrieb Berlusconi. Es sei unmöglich, das Land auf "positive und produktive" Weise zu regieren.

"Wir müssen gemeinsam über neue Lösungen nachdenken", schrieb er weiter. Ein teilweises, zeitlich beschränktes Bündnis sei die Lösung. Prodi und seine Allianz wiesen das Angebot zurück.

phw/Reuters/dpa/AFP

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