Italiens Regierungschef
Mario Monti sehnt Ende seiner Amtszeit herbei
Das Polit-Chaos beherrscht Italien, die Börsen sind nervös - und Ministerpräsident Mario Monti reicht es jetzt. Er freut sich nach eigenen Worten auf das Ende seiner Amtszeit: "Ich kann es kaum erwarten, vom Regieren erlöst zu werden."
Rom - Mario Monti galt als Wunschkandidat der europäischen Nachbarländer. Sie hatten gehofft, dass er eine zweite Amtszeit als italienischer Regierungschef antritt. Doch die Italiener haben anders gewählt. Monti führt nun die Geschäfte, bis sich - endlich - ein Nachfolger gefunden hat.
Diesen Moment sehnt er offenbar herbei. Nach eigenen Worten ist er bereit, sein Amt zu verlassen. "Ich kann es kaum erwarten, vom Regieren erlöst zu werden", sagte er am Mittwoch im italienischen Abgeordnetenhaus.
Monti rief den Anwesenden in Erinnerung, dass er sich nicht um das Amt beworben hatte, sondern von Staatspräsident Giorgio Napolitano gebeten worden war, den Posten zu übernehmen. Er führt seit November 2011 eine Expertenregierung.
Wann Monti sich von seinem Posten zurückziehen kann, ist ungewiss. Er führt zurzeit noch die Geschäfte. Nach den Parlamentswahlen Ende Februar war der Sozialdemokrat Pier Luigi Bersani mit der Regierungsbildung beauftragt worden. Er führt derzeit Sondierungsgespräche. Wegen der Mehrheitsverhältnisse nach den Wahlen gestaltet sich das Bilden einer Koalition jedoch äußerst schwierig. Bersani braucht die Unterstützung des Senats, doch die Chancen dafür stehen schlecht, denn die Eigeninteressen der Lager sind viel zu mächtig.
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Eine stabile Regierung in Rom wird dringend gebraucht: Das Land ist wirtschaftlich auf Talfahrt, die Zahl der Arbeitslosen steigt wie die der Unternehmenspleiten. Europas Börsen sind nervös.
Bersani umschrieb die Lage des Landes am Mittwoch mit harschen Worten. "Nur ein Geisteskranker hätte derzeit brennende Lust darauf, zu regieren", sagte er bei Sondierungsgesprächen mit der Fünf-Sterne-Bewegung. Er sei "bereit, eine enorme Verantwortung zu übernehmen", sagte er. Dazu sei aber die Hilfe aller nötig. Am Donnerstag oder Freitag soll Bersani bei Napolitano über das Ergebnis seiner Verhandlungen berichten.
Der Sozialdemokrat buhlt unter anderem um die Unterstützung der Fünf-Sterne-Bewegung mit ihrem Chef Beppe Grillo, die aber nicht mit ihm zusammenarbeiten will. Das zweitplatzierte Mitte-Rechts-Bündnis von Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi ist zu einer Großen Koalition bereit. Dies wiederum lehnt Bersani ab.
Auch Monti hat mit Problemen zu kämpfen: Außenminister Giulio Terzi ist am Dienstag zurückgetreten, ohne Monti zu informieren. Hintergrund war die Entscheidung der Regierung, zwei des Mordes verdächtigte Marineinfanteristen nach Indien zurückzuschicken. Dort soll ihnen der Prozess gemacht werden. Terzi hat die Entscheidung verurteilt.
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Staatspräsident Giorgio Napolitano: Der 87-Jährige hat nun einen Auftrag zur Regierungsbildung in Italien erteilt.
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Der Sozialdemokrat Pier Luigi Bersani soll sich eine Mehrheit suchen - ein schier aussichtsloses Unterfangen, denn die politischen Hauptdarsteller sind zerstritten.
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Silvio Berlusconi bietet Bersani eine Koalition an. Ein Regierungsamt soll ihn vor einer Strafe aus seinen zahlreichen Prozessen retten. Bersani lehnt dankend ab.
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Beppe Grillo, Anführer der "5 Stelle"-Bewegung will alleine regieren. Koalitionen mit anderen Parteien kommen für ihn nicht in Frage.
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Italiens EU-Partner sähen es gerne, wenn Mario Monti weiterregieren würde - Chancen hat er nicht.