Italiens Premier zur Euro-Krise Monti fürchtet Auseinanderbrechen Europas

Italiens Premier Mario Monti sieht Europas Zukunft düster. Im SPIEGEL-Interview spricht er über eine drohende "psychologische Auflösung Europas" und die Grundlagen der Union. Allen Regierungschefs der Euro-Zone empfiehlt er mehr Unabhängigkeit von den Parlamenten.
Premier Monti (im Juli): Euro darf nicht zum "Faktor des Auseinanderdriftens" werden

Premier Monti (im Juli): Euro darf nicht zum "Faktor des Auseinanderdriftens" werden

Foto: Mauro Scrobogna/ AP

Rom - Der italienische Premierminister Mario Monti fürchtet, die Euro-Krise könne zu einem Sprengsatz für Europa werden. Im Interview mit dem SPIEGEL sagte er: "Die Spannungen, die in den letzten Jahren die Euro-Zone begleiten, tragen bereits die Züge einer psychologischen Auflösung Europas." Wenn der Euro zu einem Faktor des europäischen Auseinanderdriftens werde, "dann sind die Grundlagen des Projekts Europa zerstört", sagte der 68-Jährige.

Der Premier begrüßte die Presseerklärung des Chefs der Europäischen Zentralbank (EZB) Mario Draghi vom vorigen Donnerstag. Wie Draghi spreche er schon lange davon, dass der Markt für Staatsanleihen in der Euro-Zone "schwer gestört" sei. Er forderte die Euro-Partner zum Handeln auf: "Diese Probleme müssen jetzt schnell gelöst werden."

An Draghis Plan hatte es zum Teil harsche Kritik aus Deutschland gegeben. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt warf dem Italiener Mario Draghi vor, die EZB für italienische Interessen zu missbrauchen. "Es ist auffällig, dass Draghi immer dann aktiv wird und über die EZB Staatsanleihen kaufen will, wenn es in Italien mal wieder eng wird", sagte Dobrindt.

Premier Monti empfahl im SPIEGEL-Interview den Regierungschefs, sich ihre Handlungsfreiheit auch gegenüber den eigenen Parlamenten zu bewahren: "Wenn sich Regierungen vollständig durch die Entscheidungen ihrer Parlamente binden ließen, ohne einen eigenen Verhandlungsspielraum zu bewahren, wäre das Auseinanderbrechen Europas wahrscheinlicher als eine engere Integration."

Monti führt in Italien seit vergangenem November ein Technokratenkabinett an, das von einer breiten Mehrheit des Parlaments unterstützt wird. Wenn es allerdings um Wirtschaftsreformen, Sparpakete und die Euro-Rettung geht, muss der Wirtschaftsprofessor immer wieder um seine Mehrheit ringen.

In den vergangenen Wochen ging Monti immer wieder deutlich auf Distanz zum deutschen Kurs in der Euro-Rettung. Zuletzt forderte er eine Banklizenz für den dauerhaften Rettungsfonds ESM, wogegen sich die Bundesregierung vehement stemmt.

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fab
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