
Explosionen im Einkaufszentrum: IS-Terror in Jakarta
Anschlag in Jakarta Strategisches Ziel
Offenbar steckt der "Islamische Staat" hinter dem blutigen Überfall auf ein Einkaufszentrum im Herzen der indonesischen Hauptstadt Jakarta. Bei der Attacke am Donnerstagmorgen starben sieben Menschen - fünf Terroristen, ein Polizist und ein Zivilist. Ziel waren explizit "Ausländer und die zu deren Schutz abgestellten Sicherheitskräfte", wie die als Sprachrohr des IS geltende Nachrichtenagentur Aamaq mitteilte.
Auch die indonesische Polizei bezeichnete den IS als Urheber des Terroranschlags. Der Polizeichef von Jakarta, Tito Karnavian, sagte, ein bekannter indonesischer Islamist, der sich derzeit in Syrien aufhalte, stecke hinter dem Anschlag. "Bahrun Naim hat dies seit einiger Zeit geplant." Der Sprecher der Nationalen Polizei, Anton Charliyan, sagte im indonesischen Fernsehen, der IS habe bereits vor Wochen einen Terroranschlag angekündigt, der dem Inselstaat "weltweit Schlagzeilen" bringen werde.
Über Weihnachten und Neujahr wurden wegen der drohenden Gefahr 150.000 zusätzliche Sicherheitskräfte abgestellt, um Kirchen, Flughäfen und Touristenziele zu schützen. Gleichzeitig machte die Polizei verschärft Jagd auf Abu Wardah Santoso, Indonesiens meistgesuchten Islamisten, der dem IS Gefolgschaft geschworen hat.
Bei Razzien in verschiedenen Bundesstaaten wurden mehr als ein Dutzend IS-Anhänger festgenommen, die Polizei stellte Sprengstoff und Waffen sicher. Laut Polizei sollen die ausgehobenen Terrorzellen aus Syrien finanziert worden sein.
Terrorexperten hatten mit Anschlägen gerechnet
Terrorexperten beobachten seit Längerem, dass die Hasspropaganda des IS auch in dem für seine religiöse Toleranz bekannten Inselstaat Anhänger findet.
- Im Dezember warnte das australische Institut für Strategie und Politik, dass Indonesien für den IS "zum Brückenkopf nach Asien" zu werden drohe.
- Andere Fachleute warnten, dass indonesische IS-Kader in Blogposts ihre Kameraden dazu aufgefordert hätten, die Anschläge von Paris zu studieren. In einem auf Indonesisch verfassten Beitrag namens "Lektionen aus den Pariser Anschlägen" habe IS-Führer Naim erläutert, wie die Attentäter von Planung, Timing und Koordination der Terroristen von Paris lernen könnten, berichtete das Institut für die Analyse von Politik und Konflikt in Jakarta.
- Der australische Geheimdienst - Australien hat ein reges Interesse an seinem Nachbarn - warnte im Dezember, der IS plane, in Indonesien ein weiteres Kalifat aufzubauen.
200 der 250 Millionen Indonesier sind Muslime, das macht das Land zum bevölkerungsreichsten muslimischen Land der Erde. Die meisten Gläubigen praktizieren eine spezielle indonesische Form der Religion, die von Toleranz geprägt ist. In den meisten Moscheen werden liberale Werte, Mitgefühl und Religionsfreiheit gepredigt. Islamische Verbände wie die Organisation Nahdlatul Ulama (NU), die etwa 50 Millionen Mitglieder hat, dienen als Bollwerk gegen Extremismus. Die NU hat Hardlinern und im Namen des Islam mordenden Terrorgruppen kürzlich den Kampf angesagt und betreibt landesweit Aufklärungsunterricht gegen Hassideologien.
Wenige Extremisten im Land
Trotzdem gibt es im Land extremistische Islamisten. Ziel von Terrorattacken sind dabei - wie auch jetzt in Jakarta - vornehmlich Ausländer. 2002 wurde Bali zum Schauplatz eines Blutbads, als bei koordinierten Attacken auf mehrere von Touristen frequentierte Nachtclubs 202 Menschen getötet wurden. 2009 griffen Selbstmordattentäter die amerikanischen Hotels JW Marriott und Ritz-Carlton in Jakarta an. Acht Menschen starben, bis zu 50 wurden verletzt.
Im internationalen Vergleich kommen aus Indonesien jedoch nur wenige Extremisten. Laut einem aktuellen Bericht des New Yorker Sicherheitsunternehmens Soufan Group ist unter den in Syrien und Irak für den "Islamischen Staat" kämpfenden Männern eine vergleichsweise geringe Anzahl Indonesier.