Mehr als zwei Jahre ist es her, dass Jamal Khashoggi das saudi-arabische Konsulat in Istanbul betrat und nicht mehr lebend verließ. Jetzt heißt es in deinem Bericht der US-Geheimdienste: Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman hat eine Operation zur Tötung oder Gefangennahme des Journalisten genehmigt.
Bisher wurde der Bericht unter Verschluss gehalten. Gut einen Monat nach der Amtseinführung von Joe Biden steht die Veröffentlichung nun für einen Kurswechsel unter dem neuen US-Präsidenten.
Joe Biden, US-Präsident:
»Ich habe gestern mit dem König gesprochen, nicht mit dem Prinzen. Ich habe ihm klargemacht, dass sich die Regeln ändern, und wir werden heute und am Montag bedeutende Veränderungen verkünden. Wir werden sie für Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft ziehen. Und wir werden sicherstellen, dass sie, wenn sie mit uns zu tun haben wollen, so damit umgehen müssen, dass Menschenrechtsverletzungen adressiert werden. Und das machen wir auf der ganzen Welt, aber besonders hier.«
Khashoggi war am 2. Oktober 2018 von einem Spezialkommando aus Saudi-Arabien worden. Unter internationalem Druck gestand Riad schließlich die Tötung, blieb aber bei der Linie, dass eine Geheimdienstoperation aus dem Ruder gelaufen sei. Es galt früh als wahrscheinlich, dass Kronprinz bin-Salman verantwortlich sei, der aber bestritt die Vorwürfe und der damalige Präsident Donald Trump vermied eine direkte Verurteilung.
Für Biden ist die Situation kompliziert: Saudi-Arabien ist ein wichtiger Verbündeter, auch der neue Präsident will einen kompletten Bruch nicht risikieren. Das machte auch der US-Außenminister Antony Blinken deutlich:
Antony Blinken, US-Außenminister:
»Ich würde sagen, dass die Beziehung zu Saudi-Arabien wichtig ist. Wir haben wichtige, bestehende Interessen, wir verpflichten uns weiter, das Königreich zu schützen. Aber wir wollen auch sicherstellen – und das ist es, was der Präsident von Beginn an gesagt hat – dass die Beziehung unsere Interessen und Werte besser widerspiegelt. Was wir also mit unserem Vorgehen getan haben, ist nicht, die Beziehung abzubrechen, sondern sie neu zu kalibrieren. Damit sie mehr auf einer Linie mit unseren Interessen und Werten ist.«
Saudi-Arabien reagierte empört auf den US-Bericht. Er enthalte negative, falsche und inakzeptable Einschätzungen sowie und ungenaue Informationen und Schlussfolgerungen.
Neben der Veröffentlichung des Berichts haben die USA weitere Schritte gegen Saudi-Arabien unternommen.
Antony Blinken, US-Außenminister:
»Wir haben Schritte unternommen gemäß des ›Khashoggi-Banns‹, so nennen wir ihn, um Visabeschränkungen gegen 76 saudi-arabische Personen zu verhängen, von denen wir glauben, dass sie daran beteiligt waren, Dissidenten im Ausland einzuschüchtern. Da geht es nicht nur, aber auch um die Tötung Khashoggis.«
Außerdem setzte das US-Finanzministerium den früheren saudischen Vize-Geheimdienstchef Ahmed al-Asiri und die Schnelle Eingreiftruppe RIF auf die Sanktionsliste. Asiri sei der Anführer der Operation gegen Khashoggi in Istanbul gewesen, an der mehrere RIF-Mitglieder beteiligt gewesen seien. Gegen den Kronprinzen selber verkündete die US-Regierung keine Strafmaßnahmen.