Britische IS-Kämpfer Hinter der Maske der Mörder

Britische IS-Kämpfer: Hinter der Maske der Mörder
Foto: AP/ Militant WebsiteBritische Geheimdienste fahnden fieberhaft nach dem Mörder des amerikanischen Journalisten James Foley. In dem Enthauptungsvideo, das die Terrorgruppe IS am Mittwoch verbreitete, stellte sich der maskierte Henker nur als "John" vor. Sprachwissenschaftler haben ihn anhand seines Akzents als Briten aus London oder dem Südosten Englands identifiziert.
John soll einer von drei britischen Islamisten sein, die die ausländischen Geiseln der Terrorgruppe IS in der syrischen Stadt Rakka bewachen. Wegen ihres Akzents werden sie von ihren Geiseln "Beatles" genannt, berichten britische Medien.
Über John ist bislang nur wenig bekannt. Die Behörden gehen davon aus, dass er Linkshänder ist, weil er das Messer in dem Video in der linken Hand hält. Laut "Guardian" war er der Verhandlungsführer der Terroristen bei der Freilassung von 11 IS-Geiseln im März. Damals war unter anderem der spanische "El Mundo"-Journalist Javier Espinosa gegen Lösegeld freigekommen.
Intelligent, gebildet und Islamist
Eine frühere Geisel sagte dem "Guardian", John sei intelligent, gebildet und überzeugter Anhänger des radikalen Islam. Laut dem Terrorexperten Shiraz Maher vom King's College in London zeigt sein prominenter Auftritt in dem Video, dass britische Kämpfer im IS nicht mehr nur Fußsoldaten seien, sondern auch Führungspositionen einnähmen.

Irak: Reporter an der Front des Terrors
Rund 500 Briten kämpfen in Syrien und Irak für die Errichtung eines islamischen "Kalifats" - ebenso wie Hunderte Franzosen, Belgier und Deutsche. Die Briten zählen laut Maher zu den brutalsten Kämpfern, sie führen Exekutionen durch und verüben auch Selbstmordattentate. Mindestens 19 Briten sind in dem Konflikt bereits getötet worden.
Der "Daily Telegraph" veröffentlichte eine ganze Bildergalerie junger Briten, die sich der Terrorgruppe angeschlossen haben sollen. Darunter ist Aine D., ein früheres Gangmitglied, das im Gefängnis radikalisiert wurde. Aber auch zwei 16-jährige Zwillingsschwestern aus Manchester, die gute Noten hatten und Ärztinnen werden wollten, bevor sie im Juli ihrem älteren Bruder nach Syrien folgten.
Früher seien Moscheen von Islamisten zur Rekrutierung benutzt worden, schreibt Maher in einem Gastbeitrag in der "Daily Mail". Heute seien es persönliche Kontakte im Internet. Das Schema sei immer das Gleiche: Ein junger Muslim reise nach Syrien oder in den Irak und berichte seinen Freunden, was er dort vorfindet. Dann dauere es nicht lange, bis andere folgen.
Abstumpfung und "gnadenlose Unmenschlichkeit"
Die anfängliche Romantik des Wüstenabenteuers weiche schnell der Abstumpfung und einer Haltung der "gnadenlosen Unmenschlichkeit". Maher, der sich mit mehreren Terrortouristen unterhalten hat, schreibt, die Motivation habe sich in den vergangenen Monaten geändert. Die ersten Syrien-Reisenden hätten den leidenden Menschen dort helfen wollen. Inzwischen redeten sie nur noch von der Errichtung des "Kalifats". Die britischen IS-Kämpfer seien zunehmend "aggressiver, skrupelloser und unmenschlicher" geworden.
Die britische Regierung steht dem Phänomen hilflos gegenüber. Premierminister David Cameron kündigte an, den Kampf gegen die Radikalisierung junger Muslime zu verschärfen. Doch kurzfristig kann die Regierung wenig tun. Sie hat dieses Jahr bislang 23 Pässe von potenziellen Irak- und Syrienreisenden einkassiert und 46 IS-Videos aus dem Internet entfernt.
Die Regierung ist vor allem besorgt, was die im Krieg brutalisierten Kämpfer anstellen könnten, wenn sie zurück in Großbritannien sind. Die meisten haben die Geheimdienste im Visier, doch die Erfahrung zeigt, dass die Überwachung nicht lückenlos ist. Einer, der bereits zurückgekehrt ist, wurde umgehend verhaftet und verurteilt: Im Mai befand das Krongericht in Kingston Mashudur Choudhury für schuldig, Terroraktivitäten in Syrien vorbereitet zu haben. Die Strafe soll kommenden Monat verkündet werden.
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Anmerkung der Redaktion: SPIEGEL ONLINE zeigt das im Web kursierende Video der mutmaßlichen Enthauptung James Foleys nicht. Die Bilder zu zeigen, würde die Würde des Opfers verletzen und wäre Propaganda für die Islamisten.