

S.P.O.N. - Der Schwarze Kanal Der Syriza-Kult


Griechische Politiker Tsipras (r.), Varoufakis: Sorgen für Ratlosigkeit
Foto: Yannis Kolesidis/ dpaDer Fan ist ein Mensch, der längerfristig eine leidenschaftliche Beziehung zu einem Fanobjekt hat und in die Beziehung zu diesem Objekt Ressourcen wie Zeit und/oder Geld investiert. So steht es bei Wikipedia. Die Steigerung des Fans ist das Groupie. "Groupies", heißt es an gleicher Stelle, "gehen über das weitgehend als normal zu bezeichnende Verhalten eines Fans hinaus, ohne jedoch als Stalker zu gelten."
Auch politische Gruppierungen können Fangemeinschaften ausbilden, wie die mediale Befassung mit den neuen Machthabern in Griechenland zeigt. Der Wahlerfolg von Syriza hat uns in Europa nicht nur die erste neomarxistische Partei an der Regierung beschert, sondern als Pendant auch das Syriza-Groupie beziehungsweise den Syriza-Fan.
Wie jeder echte Fan kennt das SG, wie wir diesen Verehrer der Einfachheit halber nennen wollen, zu dem Objekt seiner Bewunderung keine Distanz. Für das SG sind die neuen Herren in Athen nicht einfach Politiker, die so berechnend und machtbewusst sind, wie man als Politiker eben sein muss. Sondern Heilsbringer einer neuen Ordnung, denen der Wähler mit seinem Votum nicht weniger als einen Erlösungsauftrag für Europa gegeben hat.
Bei manchen Fans der griechischen Regierung geht die Liebe so weit, dass sie jede Beherrschung verlieren, wenn an ihren Helden Kritik geübt wird. 6:56 Minuten dauert ein Video, das ein österreichischer Schriftsteller und Journalist namens Robert Misik auf seine Seite gestellt hat, um alle Einwände in Grund und Boden zu stampfen. Ich hatte von Misik noch nie gehört. An Büchern wie "Anleitung zur Weltverbesserung" oder "Marx für Eilige" besteht bei mir wenig Bedarf. Jetzt weiß ich, dass es auch in Österreich Journalisten gibt, die ihrem politischen Glauben wirklich sehr, sehr verbunden sind.
Man trifft den Syriza-Fan aber auch an Orten, wo man ihn nicht vermuten sollte, in der Redaktion der sonst eher wohltemperierten "Zeit"-Redaktion zum Beispiel. Marc Brost heißt der dort amtierende Syriza-Fanclub-Vorsitzende, der uns schon vor der Wahl erklärte, warum ausgerechnet von Tsipras und seinen Leuten die Rettung des Euro zu erwarten sei.
Die Herren von Syriza haben wenig zu bieten
Alle, die Che Guevara verpasst haben, weil sie zu jung waren oder in der falschen Partei, können die revolutionäre Begeisterung nun nachholen. Leider verfügen die Aufrührer in Athen statt über Sturmgeschütze nur noch über Klingelbeutel. Wie runtergekommen die linke Idee in Wahrheit ist, zeigt die Tatsache, dass heute schon ein offenes Hemd zu Boots reicht, um als Guerillero durchzugehen. Der Revolutionär als Schnorrer ist eine eher traurige Figur.
Im Kreise der Finanzminister haben die Auftritte der griechischen Umstürzler eine gewisse Ratlosigkeit hinterlassen. Hätten sie ihre Studentenzeit bei den Soziologen statt bei den Betriebswirten verbracht, wäre die Überraschung vermutlich weniger groß gewesen. Der ausgeprägte Hang zum Monologisieren, die ständigen Verweise zu irgendwelchen apokryphen Finanztheorien, die Unduldsamkeit gegenüber Einwänden oder der Bitte, sich kurz zufassen - all das kennt der K-Gruppen-gestählte Student aus Seminaren, in denen die Vertreter der Marxistischen Gruppe das Wort führen.
Was Ideen angeht, haben die Herren von Syriza wenig zu bieten; es ist vor allem der Gestus, der entzückt. Der bescheidene Vorschlag des griechischen Finanzministers zur Behebung aller Probleme läuft im Kern darauf hinaus, dass die Europäische Zentralbank das Geld beschafft, das eine europäische Sozialagentur dann in alle Winde verteilt. Geld ist für einen echten Linken bekanntlich nie ein Problem. Entweder man druckt es sich oder nimmt es denjenigen weg, die sich nicht wehren können, weil sie im Gegensatz zu den wirklich Reichen über kein Nummernkonto und keinen Steuerhafen verfügen.
Wo sind die Milliarden geblieben?
Dass Varoufakis in Cambridge gelehrt hat, muss nicht viel heißen. Jede Eliteuniversität, die etwas auf sich hält, leistet sich heute ein Fanon-Imitat. Man will den Kindern schließlich etwas bieten. Wenn sie schon mit Papas Geld durch die Welt segeln, sollen sie wenigsten im Hörsaal das Gefühl haben, dass ihnen dabei ein wenig revolutionärer Geist um die Nase bläst.
Von ähnlicher Qualität wie der Vorschlag zur Lösung der Schuldenkrise ist das Argument, die Rettungsgelder seien nur den Banken zugutegekommen. Was glauben die ökonomischen Helden, die so etwas vortragen, wo die 240 Milliarden geblieben sind, mit denen die Griechen bei den Banken in der Kreide standen?
Man kann den Hinweis nur so verstehen, dass eine ernsthafte Rettungspolitik die Griechen doppelt hätte bedenken sollen: Zu den Krediten, die sie nicht mehr bedienen konnten, dieselbe Summe noch einmal als eine Art Entschädigung für die Pein, als Schuldner dazustehen. Das ist allerdings ein Vorschlag, der wirklich nur echten Fans einleuchten kann.