

Washington - Soll er einreisen dürfen oder nicht? Eine Anfrage von Jemens Machthaber Ali Abdullah Salih nach medizinischer Behandlung in den USA hat laut einem Bericht der "New York Times" für kontroverse Diskussionen in der US-Regierung gesorgt. Dem Zeitungsbericht zufolge ist die Frage jetzt im Grundsatz entschieden.
Zwar heißt es demnach weiter offiziell aus Washington, dass es noch kein Visum für Salih gebe, zwei namentlich nicht genannten Regierungsbeamten zufolge ist das offenbar aber nur noch eine formale Angelegenheit. Salih könne schon Ende der Woche im New Yorker Presbyterian-Hospital behandelt werden, berichtet die Zeitung.
Salih hatte zuvor selbst angekündigt, bald in die USA reisen zu wollen. Er wolle aber rasch wieder in den Jemen zurückkehren. Salih war vor Monaten bei einem Bombenanschlag auf die Moschee neben dem Präsidentenpalast verletzt worden. Der "New York Times" zufolge hat er dabei außer Schrapnellverletzungen schwere Verbrennungen erlitten. Zudem sei sein Gleichgewichtssinn infolge einer Innenohr-Verletzung beeinträchtigt.
Sorge in der US-Regierung
Die Entscheidung, Salih die Einreise zu erlauben, ist in den USA umstritten. Einige Regierungsmitglieder fürchten, dass Washington nun unterstellt werde, dem geschmähten Diktator so Schutz zu bieten. Befürworter vertreten dagegen die Auffassung, dem Land auf dem Weg zu Neuwahlen zu helfen, wenn Salih vorübergehend das Land verlässt.
Der seit mehr als drei Jahrzehnten herrschende 69-Jährige hatte Ende November im saudi-arabischen Riad einen Vertrag für einen friedlichen Machtwechsel in dem Land unterzeichnet. Demnach will Salih aus dem Amt scheiden, am 21. Februar soll ein neuer Präsident gewählt werden. Salih trat sämtliche Vollmachten an seinen Stellvertreter, Abd Rabbuh Mansur al-Hadi, ab. Salih hatte das Dekret nur im Gegenzug für einen Schutz vor Strafverfolgung unterzeichnet.
Salih wird für den Tod Hunderter Regierungskritiker verantwortlich gemacht. Zuletzt waren jemenitische Soldaten am vergangenen Wochenende mit Gewalt gegen Regimekritiker vorgegangen: Sie hatten am Samstag das Feuer auf Demonstranten eröffnet, die an einem tagelangen Protestmarsch teilgenommen hatten. Dabei wurden mindestens acht Menschen getötet, es gab Dutzende Verletzte. Die Übergangsregierung bemühte sich noch am Montag um eine Beruhigung der Lage.
Visum nur zum Zweck der medizinischen Behandlung
Salih wäre der erste arabische Machthaber - seit dem Beginn der politischen Unruhen vor einem Jahr -, dem ein längerer Aufenthalt in den USA gestattet würde. Vertreter der US-Regierung betonten der Zeitung zufolge, dass Salih, sollte ihm ein Visum erteilt werden, dieses lediglich zum Zwecke der medizinischen Behandlung erhalten würde. Washington will offenbar jeden Eindruck vermeiden, der jemenitische Machthaber könne sich durch einen Aufenthalt in den USA politische Vorteile verschaffen oder gar dauerhaftes Asyl in dem Land erhalten.
Jemenitische Regierungskritiker hatten sich in den vergangenen Tagen besorgt über eine mögliche Reise Salihs in die USA geäußert. Sie würden in dem Fall fordern, dass der Machthaber später in seine Heimat zurückgebracht werde, damit er sich nicht der Strafverfolgung entziehen könne.
Bereits kurz nachdem sich Salih im vergangenen November zum Machtverzicht bereit erklärt hatte, war über eine Ausreise des jemenitischen Präsidenten in die USA für eine medizinische Behandlung spekuliert worden. Damals hieß es, man rechne nicht damit, dass Salih aus den USA in seine Heimat zurückkehren werde.
Der "New York Times" zufolge sind in der US-Regierung zwei Männer die Schlüsselfiguren bei der Entscheidung zur Salih-Anfrage: John O. Brennan, Anti-Terror-Berater von Präsident Barack Obama, und Gerald M. Feierstein, US-Botschafter im Jemen. Am vergangenen Sonntag forderte Brennan laut "New York Times" die jemenitische Regierung dazu auf, zurückhaltend auf die Proteste der Demonstranten zu reagieren. Regierung und Demonstranten sollten jegliche Provokationen unterlassen, um weitere Gewalt zu verhindern.
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Ali Abdullah Salih: Jemens umstrittener Machthaber, der im Februar aus dem Amt scheiden will, steht offenbar kurz vor einer Reise in die USA - der Präsident soll laut einem Zeitungsbericht in einem New Yorker Krankenhaus medizinisch behandelt werden.
Protest gegen Salih: In seiner Heimat gibt es seit Monaten massiven Protest gegen den seit mehr als drei Jahrzehnten regierenden Herrscher. Im November hatte sich Salih zum Machtverzicht bereit erklärt.
Tagelanger Protestmarsch: In Jemens Hauptstadt Sanaa demonstrieren am 25. Dezemer Tausende Menschen gegen Salih. Bei den jüngsten Demonstrationen kamen mindestens acht Menschen ums Leben, es gab Dutzende Verletzte.
Gewalt gegen Demonstranten: Jemenitische Soldaten gehen am 24. Dezember mit Gewalt gegen Regierungskritiker vor.
Barack Obama: Der US-Präsident ist laut einem Bericht der "New York Times" bereit, den jemenitischen Machthaber für eine medizinische Behandlung in sein Land einreisen zu lassen.
John Brennan: Der Anti-Terror-Berater von Obama gilt laut "New York Times" als eine der Schlüsselfiguren bei der Entscheidung über die Anfrage von Salih.
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