Streit über Justizreform EU gibt Polen nochmals mehr Zeit

Nächste Runde im Streit über die Justizreform in Polen: Die EU-Kommission gewährt der Regierung in Warschau einen Aufschub von weiteren zwei Monaten. Die Möglichkeit von Sanktionen bleibe bestehen.
EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans

EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans

Foto: FRANCOIS LENOIR/ REUTERS

Im Streit über die Rechtsstaatlichkeit in Polen hat die EU-Kommission der Regierung in Warschau nochmals mehr Zeit gegeben. Die Kommission habe entschieden, "neue Empfehlungen" nach Warschau zu senden, sagte Vize-Kommissionspräsident Frans Timmermans in Brüssel. Die polnische Regierung habe nun zwei Monate Zeit, um darauf zu reagieren. Die Möglichkeit von Sanktionen bleibe bestehen.

Die EU-Kommission hatte im Januar ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit gegen Polen eingeleitet - erstmals überhaupt gegen einen Mitgliedsstaat. Die EU verlangte von der nationalkonservativen Regierung in Warschau eine Stellungnahme etwa zu den Vorgängen um das Verfassungsgericht, dessen Unabhängigkeit Brüssel in Gefahr sieht.

Konkret forderte sie die polnische Regierung dazu auf, die im Dezember 2015 von der Vorgängerregierung ernannten drei Richter des Verfassungsgerichts ihr Amt antreten zu lassen. Außerdem verlangte die EU-Behörde von Warschau, vom Verfassungsgericht gefällte Urteile umzusetzen und Gesetzesänderungen, die dessen Unabhängigkeit und Handlungsfähigkeit beschränken, zu unterlassen.

In der Mitteilung der EU-Kommission heißt es jetzt, einige Probleme seien inzwischen gelöst, andere seien aber geblieben, und es seien "neue Sorgen dazugekommen".

Reagiert Polen nicht auf die Bedenken der EU, kann die nächste Stufe im Verfahren ausgelöst werden. Sie ist in Artikel 7 der EU-Verträge festgehalten und kann zur Entziehung der Stimmrechte im Rat, dem Gremium der Mitgliedstaaten in Brüssel, führen.

Warschau: "Problem gelöst"

Die Regierung in Warschau reagierte entspannt auf die erneute Kritik der EU-Kommission. "Vor allem möchte ich sagen, dass Polen kein Problem mehr mit dem Verfassungsgericht hat", sagte Regierungssprecher Rafal Bochenek am Mittwoch.

Der Streit über das Gericht sei durch neue Reformen und die Wahl einer neuen Vorsitzenden Richterin, Julia Przylebska, gelöst worden. "Das Problem gehört der Vergangenheit an", betonte er.

Seit ihrem Amtsantritt im November 2015 reformiert die Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) das polnische Tribunal. Kritiker argumentieren, die Justizreform schränke die Kontrolle der Regierung durch das Gericht ein, und warnen vor einer Gefahr für die Demokratie. Der neuen Vorsitzenden des Tribunals, die am Mittwoch ihr Amt antrat, werfen Kritiker Regierungsnähe vor. Sie wurde durch Stimmen der PiS im Dezember 2015 als Richterin in das Tribunal gewählt.

als/AFP
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