Kabul Deutsche befreit - Afghanen melden Festnahme der Entführer
Kabul - Mit guten Nachrichten wandte sich das afghanische Innenministerium heute Morgen an die Presse: Die Entführer der deutschen Christina M. in Kabul seien gefasst. Der Sprecher des Innenministeriums, Semarai Baschari, sagte in der afghanischen Hauptstadt, bei der Operation zur Befreiung der Geisel in der vergangenen Nacht seien vier Menschen festgenommen worden. Unter ihnen sei auch der Drahtzieher der Entführung.
Bei den Geiselnehmern handele es sich um eine kriminelle Bande. Sie hätten zwar nach außen hin die Freilassung von Häftlingen gefordert, tatsächlich sei es ihnen aber um Lösegeld in Höhe von etwa einer Million Dollar gegangen. In der Nacht habe die Polizei das Versteck der Entführer im Westen Kabuls umstellt. Rund 300 Sicherheitskräfte hätten an der Operation teilgenommen. "Die Geiselnehmer hatten keine Chance zu entkommen", sagte Baschari.
Zudem sei der Verantwortliche für die Morde an zwei deutschen Journalisten gefasst worden. Die beiden Deutsche-Welle-Mitarbeiter waren im vergangenen Oktober in Nordafghanistan erschossen worden. Baschari sagte, der "Kopf des Netzwerks", das für die Tat verantwortlich sei, sei in Haft. Seinen Namen könne er nicht nennen. Die Ermittlungen dauerten an.
Afghanische Sicherheitskräfte hatten die entführte Deutsche Christina M. in der vergangenen Nacht befreit. Der Chefermittler der Kabuler Polizei, Alishah Paktiawal, sagte, Christina M. sei in Sicherheit und wohlauf. Auch das Auswärtige Amt in Berlin bestätigte, dass die entführte Deutsche frei gekommen ist. "Sie befindet sich in sicherer Obhut der deutschen Botschaft in Kabul", sagte eine Sprecherin. Weitere Angaben etwa zum Gesundheitszustand der 31-Jährigen wollte sie nicht machen.
Die afghanischen Behörden hatten die Befreiung von Christina M. zur Chefsache gemacht: Der Innenminister und der Geheimdienstchef nahmen persönlich an der Operation teil. Ein Polizeioffizier sagte, die Polizei sei kurz nach Mitternacht gewaltsam in das Versteck der Geiselnehmer - einem alten Haus im siebten Distrikt im Westen Kabuls - eingedrungen.
Christina M. war am Samstagmittag vor den Augen ihres Ehemannes in Kabul von bewaffneten Männern aus einem Restaurant verschleppt worden. Sie arbeitet als Büroleiterin der christlichen Hilfsorganisation Ora International in Kabul. Die 31-Jährige wurde genau einen Monat nach der Entführung des deutschen Bauingenieurs Rudolf B. gekidnappt.
Von dem Bauingenieur gab es gestern ein neues Lebenszeichen. Die ARD berichtete, sie habe Kontakt zu dem Verschleppten gehabt. Dieser habe über eine weitere Verschlechterung seines Gesundheitszustands geklagt. Er frage sich, "warum nicht endlich gezahlt werde, um diese Sache endlich zu beenden", zitierte ein Korrespondent die Geisel weiter. Die deutsche Botschaft müsse mehr Druck auf die Entführer ausüben. Diese fordern den Abzug der mehr als 3000 Bundeswehrsoldaten aus Afghanistan.
Lebenszeichen per Video kurz vor der Befreiung
Die Entführer von Christina M. hatten sich wenige Stunden vor deren Befreiung mit einem Lebenszeichen ihrer Geisel gemeldet. Der private afghanische Sender Tolo TV zeigte ein Video, in dem die Deutsche eine Botschaft verlas, derzufolge es ihr gut gehe. Ein vermummter Entführer betonte in dem Film, dass seine Gruppe nicht zu den Taliban gehöre. Er fordert die Freilassung "unschuldiger Gefangener" aus afghanischer Haft.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zeigte sich erleichtert über die Befreiung der Deutschen. "Mein Dank gilt dem Krisenstab und der deutschen Botschaft in Kabul. Besonders danken möchte ich der afghanischen Regierung und den Behörden, mit denen wir eng, vertrauensvoll und erfolgreich zusammengearbeitet haben", ließ Steinmeier über sein Ministerium mitteilen. Das Auswärtige Amt werde in seinen Anstrengungen nicht nachlassen, auch die Freilassung des weiterhin in Geiselhaft befindlichen Bauingenieurs zu ermöglichen, betonte der Minister.
ler/kai/dpa/AFP/Reuters/ddp/AP