Kairo Neue Scharmützel auf dem Tahrir-Platz

Das Militär will die letzten verbliebenen Demonstranten vom Tahrir-Platz in Kairo vertreiben. Die wollen aber erst gehen, wenn das Parlament aufgelöst ist. Es gab erste Rangeleien. Hunderte neue Demonstranten strömen zu ihrer Unterstützung auf den Platz.
Auf dem Tahrir-Platz: Die Demonstranten wollen nicht weichen

Auf dem Tahrir-Platz: Die Demonstranten wollen nicht weichen

Foto: Emilio Morenatti/ AP

Kairo

Ägypter

Kairo - Das Militär will so etwas wie Normalität auf dem Tahrir-Platz in wieder herstellen. Zwei Tage nach dem Rücktritt des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak sollen hier wieder Autos fahren. Erstmals seit Beginn der Proteste wurden am Sonntagmorgen Teile des Platzes wieder für den Verkehr freigegeben. Seit Ende Januar hatten hier Hunderttausende demonstriert und am Ende den Sturz des Staatschefs erzwungen. Am Sonntag nun drängten Militär- und Polizeikräfte einige Hundert noch ausharrende Demonstranten im Spalier von den Straßenflächen des großen Platzes.

Grundsätzlich, so berichtet SPIEGEL-ONLINE-Korrespondent Hasnain Kazim, hätten die Militärangehörigen nichts dagegen, dass Demonstranten auf dem Platz bleiben. Aber sie sollen die Straße freigeben, damit der Verkehr wieder fließen kann. Schon am Vortag hatte das Militär mit dem Abbau von Barrikaden begonnen.

Hunderte Menschen waren nach den euphorischen Freudenfeiern anlässlich des Rücktritts Mubaraks bis zum Sonntagmorgen auf dem Tahrir-Platz geblieben. Sie verlangen weiter die Aufhebung des Ausnahmezustands und die Auflösung des Parlaments. Unbewaffnete Soldaten und Polizisten versuchten, sie vom Platz zu drängen. Dabei kam es nach Augenzeugenberichten auch zu lautstarken Auseinandersetzungen und Rangeleien. Das verbreitete sich im Eiltempo per Telefon in der ganzen Stadt. In kürzester Zeit strömten daraufhin Hunderte neue Demonstranten auf den Platz, um die dort Anwesenden zu verstärken. Auch Autokorsos sind wieder unterwegs. Anspannung liegt über dem Platz.

Proteste

Mubarak

Der Tahrir-Platz war am 28. Januar nach Zusammenstößen mit der Sonderpolizei von den Gegnern des Mubarak-Regimes dauerhaft besetzt worden. Die hatten drei Tage davor begonnen. Am 11. Februar trat schließlich zurück.

Polizisten demonstrieren

Die bei der ägyptischen Bevölkerung wegen Korruption und Gewalt im Amt unbeliebte Polizei will nun mehr Geld. Mehrere Hundert Beamte demonstrierten am Sonntag vor dem Innenministerium in Kairo für mehr Lohn, wie Augenzeugen berichteten. Die Beamten bestritten bei ihrem Protest nahe dem Tahrir-Platz die weit verbreiteten Vorwürfe, wonach sie an Folterungen von Oppositionsanhängern beteiligt gewesen sein sollen. Wütende Demonstranten hatten in den vergangenen Wochen zahlreiche Polizeistationen gestürmt und teilweise auch in Brand gesetzt.

In Kairo kehrte das öffentliche Leben am Sonntag, dem ersten Arbeitstag der islamischen Woche, langsam zur Normalität zurück. Weitere Geschäfte öffneten, die Menschen gingen wieder zur Arbeit. Erstmals seit dem Rücktritt des Staatschefs trat das Kabinett unter dem noch von Mubarak ernannten Ministerpräsidenten Ahmed Schafik zusammen. Eine Erklärung der Übergangsregierung wird im Laufe des Tages erwartet.

ler/dpa
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