Kampf gegen Kinderpornos EU-Kommission will Internetsperren einführen

EU-Kommissarin Malmström: "Mit dunklen Ecken des Internets aufräumen"
Foto: GEORGES GOBET/ AFPFrankfurt am Main - Die Europäische Kommission will alle EU-Staaten verpflichten, den Zugang zu kinderpornografischen Web-Seiten zu blockieren. Die geplanten sind Teil einer umfassenden Richtlinie zum Kinderschutz, die "mit den dunklen Ecken des Internets und den kriminellen Bildern von Kindesmissbrauch aufräumen", wie die EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström in einem Gastbeitrag für die Online-Ausgabe der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" schreibt. Den Entwurf der Richtlinie will Malström an diesem Montag in Brüssel vorstellen. Würde sie umgesetzt, müsste Deutschland jene Internetsperren einführen, von denen sich die schwarz-gelbe Regierung gerade verabschiedet hatte.
Bilder, die Kindesmissbrauch zeigen, könnten "unter keinen Umständen als legitime Meinungsäußerung gelten", schreibt Malmström. "Handeln wir nicht, so könnten die Nutzer solcher Websites das Betrachten derartiger Bilder mit der Zeit womöglich als normal ansehen."
Der Richtlinienentwurf, der der Zeitung vorliegt, enthält 22 Straftatbestände, die die Mitgliedstaaten in nationales Recht aufnehmen müssten. Dazu gehört das sogenannte Grooming - der Versuch, in Online-Netzwerken Kinder ausfindig zu machen, um diese später zu missbrauchen. Bestraft werden soll auch, wer Kinder zu sexuellen Darbietungen etwa vor einer Webcam veranlasst.
BKA warnt vor Rückschlägen im Kampf gegen Kinderpornos im Netz
Zusätzlich zu Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie sollen künftig auch das gezielte Suchen danach und das Betrachten im Internet strafbar sein. Damit will die EU-Kommission dem Umstand Rechnung tragen, dass Kriminelle eine Strafe umgehen könnten, indem sie Fotos direkt im Netz ansehen oder Videos "streamen", sie also in Echtzeit abrufen, ohne die entsprechenden Dateien auf dem eigenen Rechner zu speichern. Ergänzt werden die Bestimmungen zur Strafverfolgung durch Opferschutz- und Präventionsmaßnahmen.
Unterdessen hat das Bundeskriminalamt (BKA) wegen des Verbots der vor Rückschlägen im Kampf gegen Kinderpornografie gewarnt. Die "Bild"-Zeitung berichtet unter Berufung auf ein internes BKA-Papier, dass es der Behörde zufolge in rund 80 Prozent der 2008 registrierten 38.000 Straftaten im Bereich der Informationstechnologie ohne Zugriff auf Telefon- und Internetverbindungsdaten "keine Ermittlungsansätze" gegeben hätte. Es dürfe "keine verfolgungsfreien Räume" geben, warnte das BKA demnach die Bundesregierung. In einem akuten Missbrauchsfall habe ein Kinderschänder nur noch mit Hilfe von Daten ausländischer Dienststellen ermittelt werden können.
Das Bundesverfassungsgericht hatte vor vier Wochen das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung komplett außer Kraft gesetzt und die unverzügliche Löschung aller bisher gesammelten Verbindungsdaten angeordnet.