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Gaza-Aktivisten: Kampf gegen die Blockade

Foto: MUSTAFA OZER/ AFP

Kampfansage an Israel Türkische Aktivisten wollen Gaza-Blockade knacken

Israel muss sich auf neue Aktionen gegen die Gaza-Blockade einstellen. "Wir machen weiter, bis das Embargo aufgehoben ist", kündigte die islamisch-türkische Organisation IHH an, die den angegriffenen Konvoi geleitet hat. Sie plant Transporte nach Gaza über See und Land.

Istanbul - Droht eine weitere Eskalation im Seegebiet vor dem Gaza-Streifen? Die islamisch-türkische Hilfsorganisation IHH will die israelische Blockade des Gaza-Streifens mit neuen Hilfsflotillen brechen. "Wir machen weiter, bis das Embargo aufgehoben ist", sagte der IHH-Vorsitzende Bülent Yildrim nach seiner Abschiebung aus Israel am Donnerstag vor Journalisten in Istanbul.

Seine Organisation wolle die ganze Welt an noch größeren Konvois beteiligen, die von Land und See aus geplant seien. Yildirim war an Bord der "Mavi Marmara", die von israelischen Soldaten gestürmt worden war. Er sagte, seine Organisation vermisse mehrere der Passagiere, die an Bord gewesen seien. Die IHH hatte den Schiffskonvoi geleitet.

Der IHH-Vorsitzende sagte, die Aktivisten an Bord hätten sich mit Eisenstangen gegen die israelischen Spezialeinheiten verteidigt und mehrere Soldaten überwältigt. Sie hätten die Waffen der Israelis in ihre Gewalt gebracht und benutzen können, diese aber über Bord geworfen. "Selbst wenn wir sie benutzt hätten, wäre es Selbstverteidigung gewesen", sagte Yildrim. Den israelischen Soldaten warf er vor, einen Fotografen angeschossen zu haben, der Bilder machte. Ein Aktivist sei erschossen worden, obwohl er sich bereits ergeben habe. Israelische Soldaten hätten Festgenommene später misshandelt.

Die im Gaza-Streifen herrschende Hamas verweigert bislang die Einfuhr der von Israel beschlagnahmten Hilfsgüter von der internationalen Solidaritätsflotte auf dem Landweg. Der Hamas-Wohlfahrtsminister Ahmed al-Kurd sagte am Donnerstag, seine Organisation wolle erst drei Bedingungen erfüllt sehen, bevor die Güter von Israel aus in das Gebiet gebracht werden dürfen.

"Entweder wird alles ausgeliefert oder nichts"

Israel müsse zunächst alle Gefangenen von der Gaza-"Solidaritätsflotte" freilassen, forderte al-Kurd. Nach israelischen Angaben sind bereits alle Häftlinge frei, bis auf drei Gefangene, die wegen "verfahrenstechnischer Probleme" noch in Israel seien. Auch sie sollten Israel in Kürze verlassen können. Sieben ausländische Verletzte liegen noch in israelischen Krankenhäusern.

Die "Mavi Marmara" sei unter türkischer Flagge gereist, daher sei es an der Türkei zu entscheiden, ob die Hilfsgüter auch über den Landweg in das Palästinensergebiet gebracht werden können, so der Hamas-Minister. Außerdem habe Israel Güter von dem Schiff konfisziert. "Entweder wird alles ausgeliefert oder nichts", sagte al-Kurd.

Der israelische Militärsprecher Guy Inbal sagte am Donnerstag, Israel habe bereits etwa 20 Lastwagen beladen, von denen acht in Kerem Schalom und der Rest im Hafen von Aschdod warteten. Baumaterialien sollten an internationale Hilfsorganisationen weitergeleitet werden, um Missbrauch durch Hamas für militärische Zwecke auszuschließen.

Türkische Flugzeuge haben drei Tage nach dem blutigen Angriff der israelischen Streitkräfte auf die Hilfsflotte 466 aus israelischer Haft freigelassene Aktivisten nach Istanbul gebracht. An Bord seien außerdem die Leichen von neun Aktivisten gewesen, berichteten türkische Medien am Donnerstag. Drei der sechs Schiffe der gestürmten Hilfsflotte fuhren unter türkischer Flagge, mehrere hundert Türken waren an Bord.

Unter den getöteten Aktivisten war auch ein 19-Jähriger, der neben der türkischen auch die amerikanische Staatsbürgerschaft hatte. US-Außenministerin Hillary Clinton sagte, der Tote hieße Furkan Dogan und sei in New York geboren worden. Er sei "Schusswunden" erlegen. Der Fakt, dass ein US-Bürger bei dem Einsatz getötet wurde, wird den Druck auf Israel auf eine größere Einbeziehung der USA in die Untersuchungen des Vorfalls erhöhen. Neben Dogan waren bei der Erstürmung acht türkische Staatsbürger getötet worden.

"Israel hat das Recht zu wissen, ob Waffen eingeschmuggelt werden"

Die Passagiere wurden am frühen Donnerstagmorgen unter anderem vom türkischen Vizeregierungschef Bülent Arinc begrüßt. Er verurteilte den israelischen Angriff erneut als "grausam und barbarisch". Das türkische Justizministerium habe Schritte eingeleitet, um gegen die Verantwortlichen auf Grundlage türkischer und internationaler Gesetze vorzugehen.

US-Vizepräsident Joe Biden unterstrich unterdessen das Recht Israels, die Gaza-Flotille auf mögliche Waffen und andere unerlaubte Güter zu überprüfen. "Israel hat das Recht zu wissen, ob Waffen eingeschmuggelt werden", sagte Biden in einem Fernsehinterview. Schließlich befinde sich Israel "im Krieg" mit der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas.

Führende US-Regierungsbeamte erklärten unterdessen der "New York Times", dass die Regierung von Präsident Barack Obama die Seeblockade des Gaza-Streifens als "unhaltbar" betrachte. Zudem dränge Washington auf eine neue Politik, mit der mehr Güter in den verarmten Gaza-Streifen gelangen könnten. "Der Gaza-Streifen ist in der arabischen Welt zum Symbol dafür geworden, wie Israel die Palästinenser behandelt, und wir müssen das ändern", wurde ein Regierungsbeamter zitiert.

Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte zuletzt ein sofortiges Ende der Gaza-Blockade gefordert, auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich ähnlich geäußert.

Israel hatte die Gaza-"Solidaritätsflotte" am Montag mit Gewalt daran gehindert, die Güter auf dem Seeweg in den Gaza-Streifen zu bringen. Die Aktivisten wollten mit der Aktion die jahrelange Blockade des Gaza-Streifens durchbrechen und ein politisches Signal setzen. Bei dem blutigen Zwischenfall wurden neun der Aktivisten getötet und Dutzende verletzt.

hen/dpa/apn/AFP
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