Bluttat in Afghanistan Taliban attackieren Karzai-Delegation
Eine hochrangige Regierungskommission wollte sich nach dem Amoklauf in Afghanistan einen Eindruck vor Ort verschaffen. Dabei geriet sie unter Beschuss. Im gesamten Land werden die Proteste gegen die Tat eines US-Soldaten immer lauter.
Kabul - Nach dem Amoklauf eines US-Soldaten im Süden Afghanistans ist vor Ort eine Regierungsdelegation beschossen worden. Ein Polizist sei dabei am Dienstag leicht verletzt worden, sagte ein Sprecher des afghanischen Innenministeriums. Seinen Angaben zufolge schossen einer oder mehrere Unbekannte auf die Kommission. Beobachter berichteten, bei den Angreifern habe es sich um Taliban gehandelt.
Einem örtlichen Journalisten zufolge befanden sich unter den Regierungsvertretern auch zwei Brüder des afghanischen Präsidenten Hamid Karzai. Die Schüsse seien aus einiger Entfernung abgegeben worden. Etwa zehn Minuten habe der Beschuss angedauert. "Es war ein wahrer Kugelhagel", sagte der Journalist. Sicherheitskräfte erwiderten das Feuer der Aufständischen, die von verschiedenen Seiten aus angegriffen hätten.
Am Sonntag hatte ein US-Soldat in der südafghanischen Provinz Kandahar ein Massaker unter Dorfbewohnern angerichtet. Im Morgengrauen verließ er seinen Stützpunkt, brach in die Häuser der Menschen ein und tötete 16 Männer, Frauen und Kinder. Der Mann wurde festgenommen, nach US-Angaben hatte er psychische Probleme. Bei einem Einsatz im Irak soll er schwere Kopfverletzungen erlitten haben. Ihm droht einer Andeutung von US-Verteidigungsminister Leon Panetta zufolge womöglich die Todesstrafe.
Proteste bleiben bisher friedlich
Im ganzen Land nehmen die Proteste immer weiter zu. Am Dienstag demonstrierten in der ostafghanischen Stadt Dschalalabad Hunderte Studenten gegen die Tat. Augenzeugen sagten, die Demonstranten skandierten Parolen wie "Tod für Amerika" und "Tod für (US-Präsident Barack) Obama".
Der Sprecher der Provinzregierung, Ahmad Sia Abdulsai, sagte, die Polizei in der Gegend sei für den Fall verstärkt worden, dass die Proteste gewaltsam würden. Bislang verlaufe die Demonstration friedlich.
Bereits nach den Koranverbrennungen durch US-Soldaten in der Basis Bagram nördlich von Kabul vor drei Wochen war es in Afghanistan zu tagelangen Unruhen gekommen. Dabei waren mindestens 30 Demonstranten ums Leben gekommen. Auch in Dschalalabad waren bei gewaltsamen Protesten Menschen gestorben. Seitdem wurden außerdem sechs US-Soldaten durch afghanische Sicherheitskräfte getötet.
ler/dpa/AFP