
Militärdrehkreuz Katar Das Casablanca am Golf


Der Emir von Katar mit Soldaten in Udeid
Foto: AP/ QNA
Der Emir von Katar und der türkische Präsident
Foto: Uncredited/ dpaKommen ein US-Sterne-General, ein iranischer Spion, ein türkischer Diplomat, zwei Hamas-Mitglieder und ein Taliban-Kommandeur in eine Shopping-Mall - was wie der Anfang eines Witzes klingt, kann in Katar jederzeit passieren.
Das kleine Land am Persischen Golf unterhält zu allen Staaten und Akteuren, die im Nahen und Mittleren Osten wichtig sind, diplomatische Beziehungen. Ihre Botschafter, Militärs und Agenten leben und arbeiten Tür an Tür in der Hauptstadt Doha.
Zudem ist das geostrategisch günstig gelegene Emirat, das durch seine Öl- und Gasvorkommen märchenhaft reich ist, ein Militärdrehkreuz für die gesamte Region. Die USA, Großbritannien und die Türkei haben Soldaten vor Ort. Und: Katar will künftig noch wichtiger werden, eine Art Casablanca am Golf. Also - wie im gleichnamigen Filmklassiker mit Humphrey Bogart - ein Hotspot für Geheimdienste und Armeen aus aller Welt.
Militärische Milliardeninvestition
Die Regierung in Doha hat vor wenigen Tagen bekanntgegeben, dass sie 1,8 Milliarden Dollar investiert, um zwei Luftwaffenbasen auszubauen, darunter auch die in Udeid. Dort ist das größte Truppenkontingent der US-Armee im Nahen Osten stationiert, rund 10.000 US-Soldaten, und auch das Hauptquartier des Air Forces Central Command.
Der Spatenstich erfolgte bereits im Juni. Katar zelebriert das Infrastrukturprojekt via Twitter und betont, das Investment diene den Bemühungen der USA, Terrorismus in der Region zu bekämpfen.
So sieht kluge PR aus. Zwar wird von Udeid aus seit 2014 die internationale "Operation Inherent Resolve" gesteuert, also der Luftkrieg gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) in Syrien und im Irak, weswegen auch britische Militärs dort sind.
Katar und der Terror
Doch noch im Juni vergangenen Jahres hatte US-Präsident Donald Trump erklärt: "Katar ist leider seit Jahren ein Finanzier von Terrorismus, und das auf sehr hohem Niveau." Er forderte das Herrscherhaus selbst auf, die Finanzierung und Unterstützung von radikalislamischen Gruppen wie der im Gazastreifen herrschenden Hamas zu beenden.
All das geschah zu Beginn der Katarkrise. Der sunnitischen Hegemonialmacht Saudi-Arabien missfiel - und missfällt - das forsche Auftreten Katars, dessen Beziehungen zum schiitischen Erzfeind Iran sowie das Selbstverständnis als veritable nahöstliche Mittelmacht.
Als Folge blockiert Saudi-Arabien - unter dessen Bürgern es ebenfalls Brandstifter und Terrorfinanzierer gibt - seither gemeinsam mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und einigen weiteren arabischen Vasallenstaaten, wie etwa Ägypten, Katar politisch und wirtschaftlich.
Katar rüstet auf
Dem Herrscherhaus in Riad dürften die jüngsten Meldungen über den Ausbau der Basis in Udeid und die damit einhergehende enge Zusammenarbeit Katars mit den Vereinigten Staaten nicht gefallen.
Bis 2003 befand sich das US-Luftwaffenzentrum für die Region auf der Prinz Sultan Air Base in Saudi-Arabien. Erst nachdem die Monarchie den USA die Nutzung dieses Stützpunktes für Angriffe im Irakkrieg verwehrte, kam die einstige Perlenfischernation Katar ins Spiel.
Der Emir von Katar mit Soldaten in Udeid
Foto: AP/ QNADie USA haben nach Angaben der "Washington Post" seither 450 Millionen Dollar in den Ausbau des Stützpunktes in Udeid investiert, Katar nach eigenen Angaben acht Milliarden dazugegeben.
Das Geld der Scheichs zahlt sich aus - in jeder Hinsicht. Trumps Terrorvorwurf scheint vergessen. Der US-Präsident braucht Katar für seine Nahost-Pläne:
Wenige Tage zuvor war al-Attiyah noch in Italien gewesen. In der Hafenstadt La Spezia inspizierte er den Beginn der Stahlarbeiten an sieben Kriegsschiffen, die Katars Marine für fünf Milliarden Euro ebenfalls im vergangenen Jahr bestellt hat. Das Emirat nutzt seine geostrategisch bedeutsame Lage also nicht nur, um sich für die USA unentbehrlich zu machen, sondern rüstet auch selbst auf.
Zusammenarbeit mit der Türkei
In den kommenden fünf Jahren sollen al-Attiyah zufolge zudem zwei moderne Marinestützpunkte in Katar gebaut werden. Gut möglich, dass diese nicht nur das Emirat selbst nutzt, sondern auch die Türkei.
Die Regierung in Ankara hat sich seit Beginn der Katarkrise auf die Seite von Herrscher Tamim bin Hamad al-Thani gestellt. Bereits zwei Tage nach deren Beginn beschloss das türkische Parlament die Stationierung von Truppen am Golf.
Der Emir von Katar und der türkische Präsident
Foto: Uncredited/ dpaWenige Tage später kam der erste - kleine - Expeditionstrupp in die Tariq Ibn Ziyad-Basis, die für 5000 Soldaten ausgelegt ist. Auch ein gemeinsames Militärmanöver - Codename: "Eiserner Schild" - wurde vor Ort abgehalten.
Anfang dieses Jahres kündigte der türkische Botschafter in Katar dann an, sein Land werde Luft- und Seestreitkräfte dort stationieren. Katar dankte es - und sagte der vor dem wirtschaftlichen Kollaps stehenden Türkei vor wenigen Wochen 15 Milliarden Dollar Hilfsgelder zu.
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Katar gilt als das reichste Land der Welt. In wenigen Jahrzehnten schaffte es die Herrscherfamilie, die kleine Fischernation in ein mächtiges Emirat zu verwandeln.
Die geostrategisch günstige Lage hat auch dazu geführt, dass viele Länder Militärs in dem Land stationiert haben. Allein die Vereinigten Staaten haben rund 10.000 Soldaten auf der Basis Udeid in Katar stationiert. Auf diesem Bild ist ein Flugzeug der US Air Force zu sehen.
Von Udeid aus wird die die internationale "Operation Inherent Resolve" gesteuert - und damit der Luftkrieg gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" in Syrien und Irak.
Das Herrscherhaus hat nun bekannt gegeben, dass sie die Basis in Udeid weiter ausbauen wird. Kostenpunkt: Fast zwei Milliarden Dollar. Aber das Emirat rüstet auch selbst auf. Auf diesem Bild ist der Emir von Katar mit Soldaten vor seiner Luftwaffe zu sehen.
Katar wird in den kommenden Jahren 36 F-15-Kampfjets vom US-Konzern Boeing erhalten. Hinzu kommen sieben Kriegsschiffe, die gegenwärtig in Italien produziert werden.
Bis 2003 befand sich das US-Luftwaffenzentrum für die Region auf der Prinz Sultan Air Base in Saudi-Arabien. Erst nachdem die Monarchie den USA die Nutzung dieses Stützpunktes für Angriffe im Irakkrieg verwehrte, kam Katar ins Spiel.
Mittlerweile hat sich das Emirat zu einer nahöstlichen Mittelmacht entwickelt - und die USA setzen auf Katar als strategischen Partner. Trotz der Kritik des Verbündeten Saudi-Arabien, das die Herrscher in Doha boykottiert.
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