Kelly-Selbstmord
Der Lord nimmt Blair ins Kreuzverhör
Die britische Opposition ist zufrieden: Lordrichter Brian Hutton will bei der Untersuchung zum Selbstmord des Waffeninspektors David Kelly auch Premierminister Tony Blair als Zeugen laden. Auch Verteidigungsminister Geoff Hoon und Blairs "Spin doctor" Alastair Campbell sollen von ihm verhört werden.
Hutton machte bei einer ersten Anhörung in London deutlich, dass er eine umfassende Untersuchung nicht nur zum Kellys
Tod plant, sondern auch zum Dossier der Regierung zu den irakischen
Waffen, das im Zentrum des Streits zwischen der BBC und der
Regierung Blair stand. Er wolle den Premierminister zu den Umständen befragen, die dazu
führten, dass Kelly als mögliche Quelle für den kritischen Bericht
der BBC zur Irakpolitik der Regierung genannt wurde, kündigte der Lordrichter an. Blairs Büro
teilte mit, der Regierungschef werde umfassend zusammenarbeiten.
Auch Hoon sowie Blairs Kommunikationschef Campbell sollten befragt werden, sagte Hutton. Im Mittelpunkt
stehe dabei die Frage, wie es zur Nennung von Kellys Namen in
Zusammenhang mit dem BBC-Bericht kam. Kelly war am 18. Juli mit
durchschnittenen Pulsadern tot aufgefunden worden, nachdem sein Name
im Zusammenhang mit dem Bericht bekannt geworden war.
Die eigentlichen Ermittlungen sollen aber erst nach der Beisetzung
Kellys am Mittwoch beginnen. Der frühere Uno-Waffeninspektor war die
wichtigste, aber nie genannte Quelle für den Bericht der BBC, in dem
Blairs Regierung vorgeworfen wurde, die Hinweise von Geheimdiensten
zur Bedrohung durch Saddam Hussein übertrieben zu haben, um den
Irak-Krieg rechtfertigen zu können. So berichtete die BBC unter
Berufung auf ihren Gewährsmann, dass Blairs Büro entgegen den
Zweifeln von Experten darauf bestanden habe, zur Begründung des
Irak-Kriegs darauf zu verweisen, dass der Irak innerhalb von 45 Minuten
Massenvernichtungswaffen einsetzen könne. Er wolle
auch herausfinden, wie der BBC-Journalist Andrew Gilligan seinen
Bericht erarbeitet habe, sagte Hutton.
Die Opposition äußerte sich zufrieden über den Umfang der
von Hutton angekündigten Untersuchung. Der konservative Abgeordnete
Oliver Letwin sagte, danach werde jeder mehr darüber wissen, wie die
Regierung mit dem Geheimdienstmaterial umgegangen sei. "Es ist klar,
dass Lord Hutton jeden Stein umdrehen wird", sagte auch der Führer
der Liberaldemokraten, Charles Kennedy. Huttons
Untersuchungen sollten sich auch mit Frage beschäftigten, ob das
Verteidigungsministerium Kelly nach dem nicht autorisierten
Interview mit der BBC mit dem Entzug seiner Pension gedroht habe.
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