Tödlicher Angriff auf US-Militärcamp in Kenia Weltweit präsent, weltweit angreifbar

Kurz nach der Tötung Soleimanis im Irak greifen islamistische Milizen in Kenia US-Militär an. Die Schabab-Miliz bestreitet einen Zusammenhang - der Anschlag aber ist ein Indiz für die Verwundbarkeit der Amerikaner.
Das Propagandabild der Schabab-Extremisten zeigt Flammen auf dem Rollfeld des Provinzflughafens von Manda

Das Propagandabild der Schabab-Extremisten zeigt Flammen auf dem Rollfeld des Provinzflughafens von Manda

Foto: Al-Shabaab/ REUTERS

Die Angreifer kamen kurz vor der Morgendämmerung, in etwa um die Zeit, als die Wachen am Flughafen der kenianischen Tropeninsel Manda gerade wechselten. Per Boot näherten sie sich ihrem Ziel, dem "Camp Simba", einer vergleichsweise kleinen US-Militäreinrichtung am Indischen Ozean, und schlugen zu. Mindestens drei Amerikaner starben , zwei weitere wurden verletzt.

Es war der erste tödliche Anschlag auf US-Militärs in Kenia überhaupt - und er kam nur zwei Tage, nachdem die USA den iranischen Topgeneral Quasem Soleimani im Irak getötet hatten. War das nun schon eine Vergeltungstat für den Tod Quasem Soleimanis?

Die Schabab-Miliz, die die Tat für sich reklamierte, ließ der Nachrichtenagentur AP über einen Sprecher ausrichten, die Attacke stehe "in keinerlei Zusammenhang" mit der Tötung Soleimanis.

Bei aller Vorsicht in Bezug auf Verlautbarungen der Extremisten klingt das glaubhaft: Iran hat zwar Vergeltung geschworen, doch die sunnitischen Terroristen der Schabab handeln nicht auf Geheiß schiitischer Mullahs aus Teheran. Und: Ein so gezielter Anschlag auf eine US-Militäreinheit wäre kaum binnen 48 Stunden umsetzbar.

"Es war eine Tat, die lange geplant wurde. Es gab eine Anschlagswarnung, mehr als eine Woche zuvor. Das Timing war clever, die Männer waren gut ausgerüstet", sagte Murithi Mutiga, Experte der International Crisis Group für das Horn von Afrika, dem SPIEGEL.

Ein Foto der getöteten Angreifer, das vermutlich ein Soldat nach dem Angriff schoss und das Experten für authentisch halten, zeigt fünf Leichname auf dem Flugfeld liegend aufgereiht. Es erlaubt den Schluss, dass die Angreifer gut ausgerüstet waren: Sie trugen Flecktarn und Kampfstiefel, hatten Schnellfeuergewehre, Raketenwerfer, Munition und Verbandszeug bei sich.

IS-Propagandafoto: Das US-Militär empfindlich getroffen

IS-Propagandafoto: Das US-Militär empfindlich getroffen

Foto: Al-Shabaab/ REUTERS

Zermürbungskrieg mit den Islamisten

Für Kenia ist die Attacke in der beliebten Ferienregion Lamu ein weiterer schwerer Schlag in ihrem andauernden Konflikt mit der Schabab. Am Dienstag starben nahe der Stadt Dadaab vier Kenianer bei einem bewaffneten Angriff auf Funkmasten. Vergangenen Donnerstag attackierten mutmaßliche Islamisten zwei Linienbusse, die zwischen der Hafenstadt Mombasa und Lamu unterwegs waren. Sie töteten einen Fahrer und drei Passagiere. 2015 griffen Schabab-Extremisten in der Universität von Garissa an, mehr als 140 Menschen wurden ermordet.

Lamu: Auch von der historischen Altstadt aus war das Feuer des Treibstofflagers auf der gegenüberliegenden Insel Manda zu sehen

Lamu: Auch von der historischen Altstadt aus war das Feuer des Treibstofflagers auf der gegenüberliegenden Insel Manda zu sehen

Foto: THOMAS MUKOYA/ REUTERS

Die ausländische Community in Kenia traf Schabab zuletzt vor einem Jahr: Beim Anschlag auf das DusitD2-Hotel in Nairobi starben mehr als 20 Menschen. Die Hauptstadt war aber auch davor schon mehrmals Zielscheibe der Extremisten. Beim Anschlag auf das Westgate-Einkaufszentrum 2013starben mehr als 60 Menschen.

Ziel der Attacken ist es meist, Kenias Regierung unter Präsident Uhuru Kenyatta zu einem Abzug aus Somalia zu bewegen. Seit 2011 kämpfen Verbände der Kenyan Defense Forces (KDF) in der internationalen AU-Mission Amisom gemeinsam mit der Regierung in Mogadischu gegen die Schabab. Opferzahlen werden von den KDF dabei nur selten veröffentlicht, es dürften aber Hunderte Kenianer in Somalia gefallen sein. Den Terror konnte der Einsatz bislang nicht stoppen: Fast jeden Monat gibt es Anschläge mit Sprengsätzen auf kleinere Busse, Polizei- und Militärposten, vor allem im dünner besiedelten Norden Kenias.

Weltweit präsent, weltweit angreifbar

Was der Angriff auf die US-Einrichtung auf Manda Island den USA deutlich zeigt: Die Supermacht ist weltweit präsent und angreifbar. In Afrika hielt das Pentagon im Februar 2019 mindestens 36 Stützpunkte in 19 Ländern, vier davon in Kenia. Die weiteren verteilen sich von Senegal im Westen über die gesamte Sahelregion und Zentralafrika bis nach Somalia im Osten, recherchierte der US-Investigativjournalist Nick Turse.

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Wie von Manda Island aus - wo die Amerikaner den kleinen zivilen Flughafen mitnutzen - dienen die Stützpunkte teilweise der Aufklärung mit Hightech-Spionageflugzeugen. Von anderen Basen aus - etwa im westafrikanischen Niger, vom "Camp Lemonnier" im ostafrikanischen Dschibuti oder auch aus Äthiopien - verteidigen die US-Militärs "amerikanische Interessen" mit tödlicher Gewalt.

US-Drohnen schießen Raketen auf Islamisten und ihre Anführer - in der Sahara ebenso wie in Somalia. Stark ausgebaut hat das Drohnenprogramm US-Präsident und Friedensnobelpreisträger Barack Obama. Unter seinem Nachfolger Donald Trump allerdings wurden die Attacken intensiviert. Der Tod Soleimanis in Bagdad ist dafür nur der jüngste Beweis.

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