

Das Turkana County ist die ärmste Region in Kenia. Ihren Namen gibt ihr der Volkstamm der Turkana, der einen Großteil der Bevölkerung dort ausmacht. Über 60 Prozent der Menschen in Turkana arbeiten als Hirten. Sie leben von ihren Ziegen, Kamelen und Eseln; verändert sich das Klima, spüren die Hirten das mehr als andere. Das macht sie besonders anfällig für Veränderungen des Klimas.
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich das Klima in Turkana County gewaltig gewandelt: Laut Human Rights Watch ist die Temperatur in der Region zwischen 1967 und 2012 um zwei bis drei Grad Celsius gestiegen, der Anstieg ist weitaus stärker als der globale Temperaturanstieg von etwa 0,8 Grad Celsius. Die Regenfälle lassen sich immer schwerer vorhersagen. Das führt zu immer längeren Dürren, bei denen Flüsse trockenfallen und riesige Seen schrumpfen.
Der junge Turkana und Klimaaktivist Ekai Nabenyo schrieb 2015 in einem Gastbeitrag im britischen "Guardian" : "Unser Leben ist zu einem Kampf ums Überleben geworden. Viele junge Afrikaner wurden durch die Auswirkungen des Klimawandels bereits gezwungen, in den Slums der Großstädte Zuflucht zu suchen. Wenn wir jetzt nicht handeln, könnten wir unser Zuhause und unsere Art zu leben verlieren."
Als 2012 in Turkana County riesige Erdölreserven entdeckt wurden, träumten viele von einer besseren Zukunft. Bisher haben aber nur wenige davon profitiert. Die Hoffnungen vieler Hirten auf einen Job in der Industrie wurden enttäuscht. Es folgten vereinzelte Angriffe auf Ölanlagen und noch mehr Unsicherheit in einer Region, die ohnehin schon von Gewalt zwischen verschiedenen Volksstämmen geprägt ist.
Der italienische Fotograf Maurizio Di Pietro ist nach Turkana County gereist und hat die Klimakrise vor Ort dokumentiert. Seine Bilder zeigen nicht nur das Leid der Menschen, sondern auch ihre enorme Anpassungsfähigkeit im Kampf gegen Trockenheit und Hitze. "Turkana's Resilience" hat Di Pietro seine Fotostrecke genannt, "Die Widerstandskraft der Turkana".
Unter dem Titel Globale Gesellschaft berichten Reporterinnen und Reporter aus Asien, Afrika, Lateinamerika und Europa - über Ungerechtigkeiten in einer globalisierten Welt, gesellschaftspolitische Herausforderungen und nachhaltige Entwicklung. Die Reportagen, Analysen, Fotostrecken, Videos und Podcasts erscheinen im Auslandsressort des SPIEGEL. Das Projekt ist langfristig angelegt und wird über drei Jahre von der Bill & Melinda Gates Foundation (BMGF) unterstützt.
Ein ausführliches FAQ mit Fragen und Antworten zum Projekt finden Sie hier.
Die Bill & Melinda Gates Foundation (BMGF) unterstützt das Projekt über drei Jahre mit einer Gesamtsumme von rund 2,3 Mio. Euro.
Ja. Die redaktionellen Inhalte entstehen ohne Einfluss durch die Gates-Stiftung.
Ja. Große europäische Medien wie "The Guardian" und "El País" haben mit "Global Development" beziehungsweise "Planeta Futuro" ähnliche Sektionen auf ihren Nachrichtenseiten mit Unterstützung der Gates-Stiftung aufgebaut.
Der SPIEGEL hat in den vergangenen Jahren bereits zwei Projekte mit dem European Journalism Centre (EJC) und der Unterstützung der Bill & Melinda Gates Foundation umgesetzt: Die "Expedition Übermorgen" über globale Nachhaltigkeitsziele sowie das journalistische Flüchtlingsprojekt "The New Arrivals", in deren Rahmen mehrere preisgekrönte Multimedia-Reportagen zu den Themen Migration und Flucht entstanden sind.
Die Stücke sind beim SPIEGEL zu finden auf der Themenseite Globale Gesellschaft.
SPIEGEL+-Zugang wird gerade auf einem anderen Gerät genutzt
SPIEGEL+ kann nur auf einem Gerät zur selben Zeit genutzt werden.
Klicken Sie auf den Button, spielen wir den Hinweis auf dem anderen Gerät aus und Sie können SPIEGEL+ weiter nutzen.
Kinder spielen im trockenen Flussbett des Kawalasee River. Der Wasserstand des Flusses ist stark jahreszeitenabhängig. Über Monate führt er überhaupt kein Wasser, in der Regenzeit kommt es teilweise zu schweren Überflutungen.
Der Fluss liegt im Turkana County im Nordwesten Kenias. Zwischen 1967 und 2012 ist die Durchschnittstemperatur hier um zwei bis drei Grad Celsius gestiegen.
In Turkana County wurden 2012 riesige Ölreserven entdeckt. Eine Pipeline ist in Planung, bis zur Fertigstellung wird das Öl in Lastwagen transportiert.
Dadurch hat sich zwar die Infrastruktur verbessert, die Hoffnungen vieler Viehhüter auf Jobs in der Industrie wurden aber enttäuscht. Das hat zu vereinzelten Angriffen auf Ölanlagen geführt.
Mehr als 60 Prozent der Einwohner des Turkana County sind Viehhüter. Etwa 90 Prozent der Menschen hier leben unterhalb der Armutsgrenze, ungefähr 80 Prozent haben nie eine Schule besucht.
Die anhaltenden Dürren machen den Tieren zu schaffen, viele verenden in der trockenen Hitze. Dadurch ist auch das Überleben der Menschen bedroht, die von der Viehzucht abhängig sind.
Die Region hat ihren Namen vom Stamm der Turkana, dem die meisten Menschen hier angehören. "Kriegsführung ist traditionell ein wichtiger Teil des Lebens der Turkana", sagt Fotograf Maurizio Di Pietro. Waffen gelten als Statussymbol, aber seien auch wichtig, um die Dörfer vor Angriffen anderer Stämme zu beschützen.
Der Waffenbesitz ist illegal, trotzdem sind Gewehre und Pistolen allgegenwärtig. "Die Waffen werden über die Generationen weitergegeben oder im Tausch für Kühe erworben", sagt Fotograf di Pietro.
Geschätzt gibt es 500.000 illegale Schusswaffen im Land, von denen die meisten im Besitz der Hirten sind. "Sie benutzen sie, um ihre Familien und ihr Vieh zu schützen und auch um gestohlene Tiere zurückzuholen", so Di Pietro.
Die zunehmende Trockenheit führt zu bewaffneten Konflikten um Weideland und Wasserstellen. Regelmäßig werden Hirten bei Viehdiebstählen getötet.
Der Turkana-See ist der größte Wüstensee der Erde. Aber: Er schrumpft und versalzt immer mehr. Neben der Trockenheit trägt auch ein Staudamm an einem Zufluss im benachbarten Äthiopien zur weiteren Senkung des Wasserspiegels bei. Laut Human Rights Watch hat sich die Küstenlinie deshalb zwischen 2014 und 2016 an einigen Stellen um bis zu 1,7 Kilometer zurückgezogen.
Das Vieh stirbt und für viele Turkana wird die Fischerei immer wichtiger. Sie ziehen näher an den See. Doch der sinkende Wasserspiegel und die zunehmende Versalzung gefährden auch die Fischerei.
Um den Turkana-See herum herrschen außergewöhnlich hohe Windgeschwindigkeiten. Die werden neuerdings genutzt: Seit Juli 2019 ist der Windpark Lake Turkana Wind Power in Betrieb.
Er umfasst 365 Windräder und generiert etwa 310 Megawatt Energie. Damit soll er knapp ein Fünftel des Strombedarfs von ganz Kenia decken. Das Land will bis 2020 den kompletten Strom aus erneuerbaren Energien beziehen.
Der Windpark ist ein 700 Millionen Dollar Projekt. Er bringt zwar saubere Energie, die Menschen in der direkten Umgebung profitieren aber kaum davon: Die Bewohner des Dorfes Sarima leben weiter in bitterer Armut.
Ein Kind steht in einem Wasserloch, in dem es nach Wasser gräbt. In der Trockenzeit müssen die Menschen in der Region etwa drei Meter tief graben, um an das Trinkwasser zu gelangen.
Wegen der Dürren und der Überfälle fliehen viele Turkana aus ihrer Heimatregion in die Hauptstadt Nairobi. So auch diese Familie: In ihrer Heimat arbeiteten Mary Lorikip und ihr Mann als Hirten. Jetzt leben sie im Slum der Hauptstadt.
Im Kibera Slum in Nairobi herrscht extreme Armut, sauberes Wasser ist knapp. Schätzungen zufolge leben hier 400.000 bis 700.000 Menschen, viele von ihnen sind vor den Auswirkungen des Klimawandels geflüchtet.
Melden Sie sich an und diskutieren Sie mit
Anmelden