Ablösung von Russland Orthodoxe Bischöfe in der Ukraine gründen neue Nationalkirche

In Kiew haben orthodoxe Kirchen eine eigene Nationalkirche ins Leben gerufen - die Ukraine will sich damit religiös von Russland unabhängig machen. Die Folgen dieser Spaltung sind noch nicht abzusehen.
Petro Poroschenko (l.), Präsident der Ukraine, nimmt an der Synode in der Sophienkathedrale teil

Petro Poroschenko (l.), Präsident der Ukraine, nimmt an der Synode in der Sophienkathedrale teil

Foto: Mikhail Palinchak/ dpa

In der Ukraine ist am Samstag eine eigene orthodoxe Nationalkirche gegründet worden. Bei einer Synode in Kiew stimmten die Bischöfe von zwei orthodoxen Kirchen für eine Vereinigung. Die moskautreue orthodoxe Kirche in der Ukraine boykottierte die Versammlung weitgehend. Von ihr nahmen nur zwei Bischöfe teil.

Zum Oberhaupt der neuen Kirche wählte die Versammlung den Metropoliten Epifani von Perejaslawl, der von Präsident Petro Poroschenko persönlich vorgestellt wurde. "Heute ist der Tag der endgültigen Erlangung der Unabhängigkeit von Russland", betonte der 53-Jährige.

Die Ukraine wolle und könne kirchenrechtlich nicht mehr zu Russland gehören. Das Land will sich angesichts der militärischen und politischen Übergriffe aus Russland auch religiös von Moskau abnabeln.

Vor der Kathedrale in Kiew bekundeten mehrere Hundert Menschen mit ukrainischen Fahnen ihre Unterstützung für eine kirchliche Loslösung von Russland. Die Polizei sicherte das Zentrum der Hauptstadt mit etwa 4000 Sicherheitskräften.

Wegen der Kirchengründung in der Ukraine herrscht seit Monaten ein bitterer Streit zwischen der Russisch-Orthodoxen Kirche und dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel. Die kirchlichen und politischen Folgen dieser tiefen Spaltung sind noch nicht abzusehen.

Moskau sieht die Ukraine als angestammtes Kirchengebiet

Das Moskauer Patriarchat sieht die Ukraine als sein angestammtes Kirchengebiet. Das Oberhaupt der moskautreuen Orthodoxen in Kiew, Metropolit Onufri, sprach am Samstag von einem Versuch, die Kirche zu spalten. "Es gibt schon eine Landeskirche. Wir haben genug. Wir haben viel mehr, als man denen verspricht, die an dieser Synode teilnehmen", sagte er. Unter den etwa 200 Teilnehmern der Versammlung waren deshalb nur zwei Bischöfe der moskautreuen Kirche.

Dagegen will die oberste Autorität der weltweiten Orthodoxie, der Ökumenische Patriarch Bartholomaios in Istanbul, eine selbstständige Kirche in der Ukraine anerkennen. Seine Mitarbeiter haben ein Statut für sie ausgearbeitet. Am 6. Januar will er dem gewählten Oberhaupt der ukrainischen Kirche den Erlass über die kirchenrechtliche Eigenständigkeit (Autokephalie) überreichen.

Faktisch werden sich vor allem die erst 1992 gegründete Ukrainisch-Orthodoxe Kirche des Kiewer Patriarchats und die kleinere Autokephale Kirche zusammenschließen. Außen vor bleiben die Bistümer des Moskauer Patriarchats, die aber mehr Priester, Kirchen und Klöster zählen. Damit bahnen sich Konflikte über wichtige orthodoxe Heiligtümer wie das berühmte Höhlenkloster in Kiew an.

Der drohende Verlust von orthodoxen Gläubigen und Gemeinden in der Ukraine wird in der russischen Politik beklagt. Der Oppositionelle Alexej Nawalny machte auf Twitter die Führung um Präsident Wladimir Putin für das Abrücken der Ukraine verantwortlich: "Was in Hunderten Jahren geschaffen wurde, haben Putin und seine Idioten in nur vier Jahren zerstört."

lgr/dpa/Reuters
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