Amerikas Außenpolitik Obamas kluge Selbstbeschränkung

US-Präsident Obama: Mehr tun?
Foto: YURI GRIPAS/ REUTERSAls sich Barack Obama neulich mal wieder der Kritik erwehrte, seine Außenpolitik sei vermeintlich zu schwach, da hielt er diesen Leitsatz dagegen: "Don't do stupid shit." Daran orientiere sich seine Außenpolitik, versicherte der US-Präsident.
Was dieser Satz in der Praxis bedeutet, das kann man gerade an Obamas Reaktion auf die Krise im Irak, auf die Erfolge der Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS) beobachten. Über Wochen zögerte der Präsident, und erst im letzten Moment - seit die IS-Kämpfer vor Erbil stehen, seit ein Völkermord an den Jesiden droht - lässt er die Dschihadisten gezielt aus der Luft bombardieren, Hilfsgüter für die Verfolgten abwerfen und Waffen an die Kurden liefern. Drei gute, dringend nötige Maßnahmen.
Jahre der Überdehnung amerikanischer Macht
Sollte Amerika noch mehr tun? Etwa IS-Stellungen im gesamten Irak bombardieren? Gar Bodentruppen schicken? Nein, das sollte es gegenwärtig nicht. Neuerlich drohten sich die USA in einen Konflikt zu verstricken, den sie durch den Einmarsch im Jahr 2003 erst angeheizt hatten und dann auch mit zehn Jahren Militärpräsenz nicht lösen konnten. Obama hat sich der Strategie des "Restraint" (der Beschränkung) verschrieben. Nach Jahren der Überdehnung amerikanischer Macht - "dummer Scheiß" im Obama-Sprech - und daraus folgendem Imageschaden sucht der US-Präsident Stärke in der Zurückhaltung.
Stärke? Simples Beispiel: Wer weniger Geld für Kriege in aller Welt ausgibt, der kann daheim in Infrastruktur investieren, die Wirtschaft ankurbeln und damit wiederum den Einfluss seines Landes stärken. Und: Wer sich überall einmischt, der provoziert automatisch Gegenreaktionen, Balancierungsversuche anderer Mächte. Seit Ende des Kalten Krieges hatten die USA ja auf diese expansivere Strategie gesetzt ("liberale Hegemonie") - aber hat das Amerika in der Summe sicherer gemacht? "Diese Strategie war teuer, verschwenderisch und kontraproduktiv", schreibt der konservative Politikwissenschaftler Barry Posen in seinem neuen Buch "Restraint".
Es gibt allerdings einen Haken bei Obamas Vorgehen: Weil er sie unter dem Mach-keinen-Scheiß-Motto verkauft, erscheint die Strategie als zu defensiv, auch erratisch, irgendwie zusammengestoppelt. Es fehlt das politische Grundgerüst, Obama tendiert deshalb zu Last-minute-Entscheidungen wie in Sachen Irak. Und warum eigentlich hat er der syrischen Opposition keine Waffen geliefert, als dort noch die Moderaten dominierten? Eine berechtigte Frage. Keine Geringere als seine Ex-Außenministerin Hillary Clinton - und mögliche Präsidentschaftskandidatin 2016 - hat ihn jetzt dafür kritisiert : Amerika müsse eine "übergreifende" Strategie für den Umgang mit dem islamischen Extremismus entwickeln.
Clinton ihrerseits ist längst im Wahlkampfmodus. Mit ihr wird es im Falle des Falles wohl keine Politik des "Restraint" geben. Obama markiert sie indirekt als Isolationisten. Dieser Vorwurf ist falsch. Selbstbeschränkung ist nicht Isolationismus. Obama hat recht, wenn er sagt, Nationen wie der Irak können ihre Probleme auf Dauer nur selbst lösen. Etwa durch die Bildung einer Regierung, die alle Gruppen einschließt. Hilfe von außen ja, auch humanitäre Einsätze zur Verhinderung eines Völkermordes. Aber weitreichende Interventionen? Lieber nicht.