Korruption in der Uno Annan ordnet Strafverfahren gegen Chef des Irak-Programms an
New York - Eine Untersuchungskommission der Vereinten Nationen wirft Sevan vor, er habe auf sein Drängen hin vom Irak Erdöl-Zuteilungen für eine kleine in Panama registrierte Handelsgesellschaft erhalten. So steht es in dem gestern veröffentlichten Zwischenbericht der Kommission des früheren US-Notenbankchefs Paul Volcker. Im Gegenzug habe der Irak von Sevan Unterstützung etwa bei Uno-Beratungen über finanzielle Hilfen für die irakische Ölindustrie erwarten können.
Volcker war von der Uno beauftragt worden, die Untersuchung zur Aufklärung von Korruptionsvorwürfen im Zusammenhang mit dem 2003 eingestellten Programm zu leiten. Einen systematischen Missbrauch von Geldern habe er bislang nicht feststellen können, sagte er. Sein Abschlussbericht wird im Juni erwartet.
Sevans Anwälte wiesen die Vorwürfe gegen den mittlerweile pensionierten Uno-Beamten zurück. Der Zyprer werde offenkundig zum politischen Sündenbock gemacht. Uno-Generalsekretär Kofi Annan kündigte an, die Immunität Sevans und anderer Uno-Mitarbeiter sofort aufzuheben, sobald ihnen eine Straftat nachgewiesen werde.
Sevan habe sich ethisch falsch verhalten und die Integrität der Uno massiv untergraben, hieß es in Volckers mehr als 200 Seiten starkem Bericht. Von direkten Bestechungsgeldern für Sevan ist darin zwar nicht die Rede. Erwähnt ist aber eine Summe von 160.000 Dollar in bar, die er von 1999 bis 2003 von seiner mittlerweile verstorbenen Tante in Zypern erhalten haben soll.
Das Umfeld und der Lebensstil der Tante ließen jedoch nicht auf einen solchen Reichtum schließen, hieß es in dem Bericht. Die kleine Handelsgesellschaft African Middle East Petroleum Company, die auf Drängen Sevans die Ölzuteilungen erhielt, wurde von einem Cousin des früheren Uno-Generalsekretärs Butros Butros Ghali geleitet und hatte Büros unter anderem in der Schweiz und Monte Carlo. Es ist dem Bericht zufolge sehr unwahrscheinlich, dass eine solche Firma unter normalen Umständen die Erlaubnis für Ölkäufe erhalten hätte.
Im Rahmen des Uno-Programms war es dem Irak unter Präsident Saddam Hussein zwischen Dezember 1996 und November 2003 gestattet, Öl zu exportieren und die Milliardeneinnahmen daraus für Lebensmittel und Medikamente zu verwenden. Es sollte die Auswirkungen der Uno-Sanktionen auf die irakische Zivilbevölkerung abmildern, die Mitte der neunziger Jahre gegen den Golfstaat verhängt worden waren. Allerdings tauchten nach der US-Invasion im Irak vor zwei Jahren Unterlagen auf, die zeigten, dass Saddam Milliardengelder aus dem Programm abzweigte, illegal Öl ins Ausland exportierte - offenbar oft mit Wissen von Mitgliedern des Weltsicherheitsrates - und internationale Vertreter weltweit bestochen hat.
Volcker sagte bei einer Pressekonferenz, es seien keine Belege für einen systematischen Missbrauch von Geldern entdeckt worden. Die Untersuchungen gingen allerdings noch weiter. Es gebe jedoch überzeugende und unbestreitbare Belege dafür, dass in der Uno seit Beginn des Programms immer wieder Regeln verletzt und Verfahren nicht eingehalten worden seien. So hätten die Untersuchungen ergeben, dass das Auswahlverfahren der beteiligten Unternehmen teils durch Unregelmäßigkeiten geprägt gewesen sei. Dies gelte unter anderem auch für die mittlerweile als BNP-Paribas firmierende französische Großbank Banque Nationale de Paris, die für die Geldtransaktionen beim "Öl für Lebensmittel"-Programm ausgewählt worden war.