Assad, IS, Rebellen Die Fakten zum Krieg in Syrien

Die Fakten zum Krieg in Syrien - Endlich verständlich
Seit 2011 tobt die Gewalt in Syrien. Aus anfangs friedlichen Demonstrationen ist ein komplexer Bürgerkrieg geworden, mit unzähligen Milizen und Fronten. Die tieferen Ursachen für den Konflikt sind ähnlich gelagert wie in den anderen Ländern des Nahen Ostens, in denen es im Zuge des Arabischen Frühlings zu Protesten kam.
Willkür des Sicherheitsapparats: Syrien ist ein Überwachungsstaat, das Volk wird von mehreren konkurrierenden Geheimdiensten und mafiaähnlichen Banden im Dienste des Regimes in Schach gehalten. Diese gehen oft mit größter Brutalität vor. Syriens Sicherheitsapparat ist seit Jahrzehnten, schon unter Baschar al-Assads Vater Hafis al-Assad, für grausame Folter bis zum Tod berüchtigt. Die brutale Repression der ersten Proteste führte zur Eskalation des Konfliktes - und zum Bürgerkrieg.
Soziale Ungleichheit: Syriens Präsident Baschar al-Assad hatte damit begonnen, die Wirtschaft zu modernisieren. Davon profitierten einige. Vor allem in den Städten bildete sich eine neue Mittelschicht. Viele jüngere Syrer fingen an, von einer besseren Zukunft zu träumen. Manche hofften auch auf politische Reformen. Doch gleichzeitig ging die soziale Schere immer weiter auf.
Armut: Vor allem in den ländlichen Gegenden nahm die Armut zu. Die Menschen dort gehörten zu den Verlierern der Wirtschaftsreformen. Eine Dürre verschärfte zudem ihre Situation. Viele zogen weg in die ärmeren Vorstädte, die so rasant anwuchsen, dass der Spitzelapparat sie nicht mehr schnell genug durchdringen konnte.
Vetternwirtschaft: Sie sorgt im Alltag in Syrien für viel Frust. Wer jemand Wichtigen kennt, hat es in Syrien bei allem leichter: Jobs, Baugenehmigungen, Rechtsstreitigkeiten. Syrer mit guten Verbindungen sind in Assads Syrien nahezu unantastbar. Wer dagegen kein "Wasta" hat, wie Beziehungen genannt werden, hat das Nachsehen.
Konfessionelle Spannungen: Die wichtigen Posten sind überproportional in den Händen der konfessionellen Minderheiten, vor allem der Alawiten, zu denen auch die Assads zählen. Die allerwichtigsten Positionen wiederum sind eine reine Familienangelegenheit in der Hand des Assad-Clans. Dies schürt konfessionelle Rivalitäten. Das syrische Regime spielt die verschiedenen ethnischen und konfessionellen Gruppen Syriens geschickt gegeneinander aus, wenn dies für seinen Machterhalt opportun ist. Gleichzeitig tabuisiert und unterdrückt es jegliche öffentliche Diskussion dieser Spannungen.
März 2011 - Folter in Daraa
In der Stadt Daraa verhaften die Behörden Kinder und foltern sie, weil sie regimekritische Slogans an Hauswände gemalt hatten, die sie aus TV-Berichten über den Arabischen Frühling kannten. Die Eltern fordern ihre Freilassung, doch die örtlichen Behörden reagieren mit Spott: "Macht neue." Prompt gehen Hunderte Bürger auf die Straße. Damaskus schickt Panzer und Soldaten. In anderen Städten und Dörfern formieren sich Demonstrationen aus Solidarität mit Daraa - und schon bald fordern sie: "Assad, hau ab!" Gemeint ist Präsident Baschar al-Assad. Das Regime verhaftet Tausende Studenten und Aktivisten. Gleichzeitig lässt es aus seinen Kerkern Dschihadisten frei, die den Aufstand unterwandern sollen. Mit Erfolg: Mehrere der Freigelassenen führen heute radikalislamistische Milizen an.
Sommer 2011 - Bewaffneter Protest
In Homs und Hama kommt es regelmäßig zu Massendemonstrationen. Doch die Protestbewegung fängt an, sich zu spalten. Manche glauben angesichts der brutalen Repression durch das syrische Regime nicht mehr an friedliche Proteste und fangen an, sich zu bewaffnen. Zu ihnen stoßen syrische desertierte Soldaten, die nicht mehr auf die eigene Bevölkerung schießen wollen. Westliche Regierungen fordern den Rücktritt Assads.
Herbst 2011 bis Frühjahr 2012 - Vermittler scheitern
Damaskus akzeptiert einen Friedensvermittlungsplan der Arabischen Liga. Doch das syrische Regime hält sich nicht an die Vereinbarung. Damaskus akzeptiert einen Vorschlag der Uno; Uno-Beobachter kommen ins Land. Doch das Regime setzt auch diese Vereinbarungen nicht um weder den Abzug der Panzer und Artillerie aus Wohngebieten noch einen Waffenstillstand. Die Uno-Vermittlung scheitert.
Sommer 2012 - Die ersten Fassbomben
Mit immer brutaleren Mitteln versucht Damaskus, die Aufstände niederzuschlagen. Nicht nur Bodentruppen, sondern auch die Luftwaffe werden gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt. Das syrische Regime hat die Kontrolle über weite Teile des Landes verloren. Zunehmend kommen internationale Dschihadisten über die Grenze zur Türkei nach Syrien. Das syrische Regime beginnt damit, sogenannte Fassbomben gegen die eigene Bevölkerung einzusetzen: Mit Metallteilen und Dynamit gefüllte Fässer, die aus Helikoptern abgeworfen werden und besonders unpräzise sind. US-Präsident Barack Obama bezeichnet den Einsatz von Chemiewaffen als rote Linie.
Sommer / Herbst 2013 - Giftgas gegen das eigene Volk
Das syrische Regime setzt Giftgas in einer Protesthochburg in Damaskus ein. Mehrere Hundert Menschen kommen ums Leben. US-Präsident Barack Obama droht mit Bombardierungen. Washington und Moskau einigen sich darauf, das syrische Chemiewaffenprogramm außer Landes zu schaffen und zu vernichten. Damaskus willigt ein. Nach Jahrzehnten gibt das Regime erstmals zu, Chemiewaffen zu besitzen. Der Großteil wird außer Landes gebracht und zerstört. Allerdings gehen die Uno-Chemiewaffeninspektoren davon aus, dass Damaskus einen Teil seiner Senfgas-Vorräte heimlich behält.
Sommer 2014 - Amerikanische Luftangriffe
Unter iranischer Vermittlung gelingt ein wichtiger Kompromiss zwischen dem Regime und seinen Gegnern: Die letzten Rebellen ziehen aus Homs ab, im Gegenzug für freies Geleit in den Norden Syriens. Baschar al-Assad erklärt sich zum Sieger einer angeblichen Volksabstimmung und zum neuen Präsidenten Syriens. Der IS ruft ein Kalifat in Teilen Syriens und im Irak aus. Eine internationale Koalition unter Führung der USA beginnt Luftschläge gegen den IS in Syrien und im Irak, nicht gegen Assad. Der IS veröffentlicht das Video von der Hinrichtung des US-Journalisten James Foley.
Sommer / Herbst 2015 - Die Pro-Assad-Allianz rüstet auf
Russland greift mit Luftangriffen in den Bürgerkrieg ein - zugunsten Assads. Eine Koalition aus Russland, Iran, Irak und dem syrischen Regime formiert sich, um die Rebellen endgültig zu schlagen. Diese konnten im Nordwesten Syriens zuletzt eine Siegesserie gegen das Regime verzeichnen. Syrien ist in mindestens fünf Machtbereiche zerfallen: Im Nordosten herrscht der syrische Ableger der kurdischen Arbeiterpartei PKK, im Nordwesten syrische Rebellen, im Osten der IS, im westlichen Zentrum und an der Küste das syrische Regime und die libanesische Hisbollah, im Süden syrische Rebellen sowie syrische Drusen, eine weitere religiöse Minderheit.
Frühjahr 2016 - Neue Verhandlungen in Genf
Eine unter Führung der USA und Russland ausgehandelte Feuerpause führt zu einer deutlichen Reduktion der Kriegshandlungen. In Dutzenden Städten und Dörfern, die in Gebieten liegen, die von der Opposition kontrolliert werden, kommt es daraufhin erneut zu Demonstrationen gegen Baschar al-Assad. Gleichzeitig breitet sich die Nusra-Front (heute: Fatah al-Scham, lange Zeit syrischer Ableger von al-Qaida) in den von der Opposition kontrollierten Gebieten aus. In Genf treffen erneut Vertreter des syrischen Regimes und der Opposition ein, um über eine Übergangsregierung zu verhandeln. Der Uno-Sonderbeauftragte für Syrien, Staffan de Mistura, kündigt an, dass die Syrer innerhalb der kommenden eineinhalb Jahre einen neuen Präsidenten wählen sollen. Russland erklärt seine Syrienmission für beendet, behält allerdings einen Teil seines Militärs einsatzbereit im Land.
März 2016 - IS verliert Palmyra
Mithilfe russischer Luftangriffe gelingt es syrischen Regierungstruppen, die antike Stadt Palmyra in Zentralsyrien vom IS zurückzuerobern. Für Assad ein strategischer Sieg, den er auch propagandistisch ausschlachten kann. Die Dschihadisten, die Palmyra im Mai 2015 unter ihre Kontrolle bringen konnten, hatten zuvor Teile der historischen Stätten des Unesco-Weltkulturerbes gesprengt.
Sommer 2016 - Schlacht um Aleppo
Im Juli 2016 gelingt es der syrischen Armee und verbündeten Milizen, die sogenannte Castello Road einzunehmen die letzte Verbindungslinie, über die Nachschub von der türkischen Grenze in den von Aufständischen kontrollierten Osten Aleppos gebracht werden konnte. Damit sind mehr als 200.000 Menschen eingekesselt. Daraufhin starten islamistische Milizen von der Provinz Idlib aus eine Militäroperation, um den Belagerungsring zu durchbrechen. Angeführt werden sie von der Dschabhat Fatah al-Scham, der ehemaligen Nusra-Front. Sie galt bis zu ihrer Umbenennung und Distanzierung von sämtlichen "ausländischen" Gruppen, als syrischer Ableger von al-Qaida. Auf der Terrorliste der Vereinten Nationen steht sie weiterhin. Nach rund einer Woche schwerer Gefechte gelingt es dem Bündnis, zu den Eingeschlossenen in Aleppo vorzudringen. Die zweitgrößte Stadt Syriens bleibt damit weiterhin umkämpft.
August 2016 - Einmarsch der Türkei
Im August 2016 startet die Türkei die Militäroperation "Schutzschild Euphrat". Die Luftwaffe greift Stellungen des IS und der kurdischen YPG-Miliz in Nordsyrien an. Außerdem rücken Bodentruppen und verbündete arabische Milizen über die Grenze auf syrischen Boden vor. Ziel der Kampagne sei es, das türkisch-syrische Grenzgebiet von Terrororganisationen zu säubern, teilt die Regierung in Ankara mit. In erste Linie geht es aber darum, die Kurden zurückzudrängen.
Seit Beginn der Proteste 2011 in Syrien hat die Gewalt nach und nach das gesamte Land erreicht. Es gibt zwar verschiedene Einflussbereiche, an deren Grenzen heftig gekämpft wird. Diese Fronten sind zum Teil relativ festgefahren. Doch auch innerhalb dieser verschiedenen Einflussbereiche tobt der Krieg.
Denn so klar, wie die Fronten auf Karten erscheinen, sind sie in der Realität nicht immer. Syriens Konflikt ist kein regulärer Krieg, sondern ein Bürgerkrieg. Er wird nicht von staatlichen Streitkräften geführt, sondern auf allen Seiten von unzähligen Milizen.
Innerhalb der jeweiligen Einflussbereiche gibt es meist kleine Positionen, die von jeweils gegnerischen Milizen gehalten werden: Stadtteile, Dörfer, Militärstützpunkte. Solche Stellungen sind oft besonders erbittert umkämpft, vielfach bereits seit Jahren.
Fast überall können die Menschen in Syrien zu Opfern der Gewalt werden, können Autobomben explodieren oder Geschosse einschlagen. Doch nicht alle Landesteile sind gleichermaßen vom Krieg betroffen.
In manchen Gegenden lässt es sich noch halbwegs sicher leben, vor allem in den vom Regime kontrollierten Teilen an der Küste; allerdings kann niemand wissen, wie lange es dabei bleibt. Viele Syrer sind bereits mehrfach innerhalb ihres Landes geflohen. Der Krieg holte sie stets aufs Neue wieder ein.
Syriens Präsident hat ein langes Sündenregister: Bereits vor Beginn der Aufstände hatten Menschenrechtler Baschar al-Assad vorgeworfen, dass unter seiner Herrschaft jegliche Kritik unterdrückt wird und die Geheimdienste ohne Haftbefehl Menschen in Gefängnissen foltern und manchmal sogar töten. Seit Beginn der Proteste 2011 haben die unter seiner Führung begangenen Verbrechen massiv zugenommen.
Alle Bürgerkriegsparteien begehen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit - Menschenrechtsorganisation wie Human Rights Watch oder Amnesty International berichten regelmäßig über das Ausmaß. Je länger der Konflikt andauert, desto mehr bröselt die staatliche Ordnung; Gewalt und Verbrechen werden zur Norm. Die Menschenrechtsverletzungen auf Seiten der Rebellen nehmen zu. Der IS begeht systematisch Kriegsverbrechen. Noch ist die Liste der Vergehen bei Assad am längsten, weil er mit seinem Staats- und Sicherheitsapparat Möglichkeiten hat, die andere Milizen nicht haben.
Dokumentiert sind:
Angriffe mit Fassbomben, Raketen und Artillerie: Das syrische Regime bombardiert und beschießt täglich die eigene Bevölkerung. Wer in den von Rebellen kontrollierten Teilen des Landes lebt, wird dafür bestraft. Rücksichtslos werden zivile Ziele wie Marktplätze attackiert. Auch syrische Rebellen und der IS greifen Zivilisten mit kleinen Raketen und schweren Waffen an. Eine Luftwaffe besitzen sie nicht.
Massaker: Assad-treue Kämpfer bestrafen kollektiv Dörfer und Stadtteile, die sie von den Rebellen zurückerobert haben. Dabei kommt es immer wieder zu Massenhinrichtungen von jungen Männern sowie Frauen und Kindern, bei denen vermutet wird, dass sie die Angehörigen von Rebellen sein könnten. Auch syrische Rebellen haben bereits Massaker begangen. Der IS begeht systematisch schwere Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung und feindliche Kämpfer.
Todeskerker: In den Gefängnissen des Regimes wurden seit 2011 Tausende Menschen zu Tode gefoltert. Besonders humanitäre Helfer und Menschenrechtler werden ins Visier genommen sowie junge sunnitische Männer. Sie stehen pauschal im Verdacht, mit der Opposition zu sympathisieren. Auch syrische Rebellen und der IS verhaften und foltern. Bisher haben sie noch keinen solch systematischen Apparat wie das Regime aufgebaut.
Zerstörung medizinischer Einrichtungen: Das Assad-Militär greift Krankenhäuser und Behelfskliniken an, die in von Rebellen kontrollierten Gebieten liegen. So will man verhindern, dass die Mediziner auch feindliche Kämpfer behandeln könnten.
Aushungern: Regime-Truppen belagern zum Teil seit mehreren Jahren Städte und Dörfer, die von Rebellen gehalten werden. Unter der Belagerung leidet vor allem die Zivilbevölkerung: Lebensmittel, Medikamente und Treibstoff für Generatoren kommen nicht mehr hinein. Besonders gefährdet sind Frauen, Kinder und Ältere. Sie leiden unter Mangelernährung und verhungern. Schwangere erleiden Fehlgeburten. Auch andere Kriegsparteien greifen inzwischen zu diesen Methoden.
Chemiewaffen: Assads Regime wirft immer wieder mit Chlorgas gefüllte Fässer aus Helikoptern ab und terrorisiert so die Bevölkerung. Mit dem Kampfstoff Sarin hat das Regime im August 2013 mehrere Hundert Menschen bei Damaskus ermordet. Die bereits im Land befindlichen Uno-Inspektoren, die den Vorfall untersuchten, hatten damals kein Mandat, sich zur Schuldfrage zu äußern. Doch in ihrem Bericht schrieben sie, welche Waffen verwendet und wo sie abgeschossen wurden. Es bestand kein Zweifel daran, dass das syrische Regime hinter dem Anschlag steckte. Der IS ist zuletzt ebenfalls in den Besitz von Giftgas gelangt. Damit kann er zwar nicht Hunderte Menschen ermorden. Doch er setzt offenbar Chlor- und Senfgas ein, um seine Gegner zu terrorisieren.
Vergewaltigungen: Frauen und Männer werden in Syriens Gefängnissen vergewaltigt. Auch an Regime-Checkpoints und bei Militäroperationen werden Zivilisten sexuell missbraucht. Der IS hat bereits Tausende Frauen entführt, Zwangsprostitution eingeführt und vergewaltigt systematisch.
Ausführliche Informationen finden sich in den Berichten der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission zu Syrien der Vereinten Nationen (Uno) , die regelmäßig die Menschenrechtsverletzungen aller Kriegsparteien in Syrien dokumentiert.
Auch Amnesty International und Human Rights Watch veröffentlichen regelmäßig Berichte zur Lage und Vorfällen.
Im Zentrum des Bürgerkriegs in Syrien steht der Konflikt zwischen Regime-Unterstützern und Regime-Gegnern: Baschar al-Assad und sein innerer Zirkel wollen sich an der Macht halten. Die Rebellen wollen ihn stürzen und selbst die nächste Regierung stellen. Beide Seiten sind stark fragmentiert. Es kämpfen Hunderte verschiedene Milizen gegen Assad. Ebenso kämpft inzwischen eine Vielzahl von Milizen für Assad. Außerdem involviert: die internationalen Unterstützer und Gegner Assads sowie die Terrormiliz "Islamischer Staat".
Die Konfliktparteien in Syrien:
Das syrische Regime: Assad kann sich auf die Reste des syrischen Militärapparats stützen. Als einzige syrische Kriegspartei besitzt er eine Luftwaffe. Zudem kämpfen für ihn die Reste der Armee-Eliteeinheiten. Doch ihre Reihen sind ausgedünnt: Viele Kämpfer sind gefallen. Einfache Soldaten desertierten seit Beginn des Konflikts 2011 in Scharen. Junge Männer flüchteten aus Syrien, um dem Pflichtwehrdienst zu entkommen. Wichtiger für Assad sind längst örtliche Milizen, die hauptsächlich für ihre eigenen Interessen kämpfen, formal jedoch zum syrischen Regime halten. Am bekanntesten sind die "Nationalen Verteidigungskräfte", wie der landesweite Dachverband der von Iran unterstützten syrischen Milizen genannt wird.
Die syrischen Rebellen: Aus den anfangs kleinen örtlichen Rebellenmilizen haben sich zum Teil größere Koalitionen formiert. Am schlagkräftigsten ist derzeit die im März 2015 geknüpfte Allianz "Armee der Eroberung" (Dschaisch al-Fatah) im Nordwesten des Landes. Ihr gehören verschiedene Milizen an. Die stärksten dieser Milizen sind die dschihadistische Eroberungsfront, Dschabhat Fatah al-Scham, und die salafsitische Rebellengruppe Ahrar al-Scham. Sie kommen auch in anderen Landesteilen vor. Beide wollen ein islamistisches Syrien aufbauen, in der die Gesetzgebung auf der Scharia beruht. Demokratie lehnen sie ab. Mit ihnen kooperieren auch immer wieder kleinere, eher säkulare örtliche Rebellenmilizen, die sich selbst als "Freie Syrische Armee" bezeichnen. Von ihnen sind im fünften Jahr der Gewalt wenige Kämpfer übrig. Sie bekamen nahezu keine Hilfe. Islamistisch motivierte internationale Geldgeber dagegen gab es deutlich mehr. Manche Rebellen orientierten sich dementsprechend um und wurden professionelle Kämpfer. Andere flohen und kehrten in ihre alten Berufe zurück.
Internationale Unterstützer Assads:
Diese vier ausländischen Regierungen unterstützen das syrische Regime von Baschar al-Assad.
Iran will seine Macht in Syrien absichern, ob mit oder ohne Assad. Das Land interveniert seit 2011 massiv zugunsten des syrischen Regimes mit eigenen Kämpfern sowie Tausenden Milizionären.
Iraks Regierung in Bagdad unterstützt das syrische Regime. Seit 2013 kämpften dem Iran nahestehende schiitisch-irakische Milizen in Syrien, um Assad zu helfen.
Russland will, dass Assad bleibt, damit der russische Einfluss in Syrien gewahrt wird. Seit Ausbruch des Konfliktes hilft Moskau Assad mit Geld und Waffen. Seit 2015 interveniert das Land auch direkt zugunsten Assads, indem es vor allem die syrischen Rebellen bombardiert.
Aus dem Libanon kämpft die schiitische Partei und Miliz Hisbollah mit Tausenden Männern auf der Seite des syrischen Regimes.
Internationale Assad-Gegner:
Es gibt derzeit keine effektive Koalition der Assad-Gegner. Um die "Freunde Syriens", die sich 2012 gegründet haben und über 60 Staaten und Organisationen als Mitglieder zählen, ist es inzwischen sehr ruhig geworden. Unter US-Führung hat sich 2014 eine rund 60 Länder starke Koalition gebildet. Aber diese Allianz konzentriert sich auf ihren kleinsten gemeinsamen Nenner, den Kampf gegen den "Islamischen Staat" in Syrien und im Irak, und richtet sich nicht gegen Baschar al-Assad.
Die USA wollen, dass Assad den Weg für eine neue prowestliche Regierung und einen Übergang zur Demokratie freimacht. Sie haben bisher mehrere Tausend syrische Rebellen mit leichten Waffen ausgestattet, eine vergleichsweise geringe Zahl in einem Krieg mit Hunderttausenden Kämpfern. Die USA unterstützen moderate Rebellen ohne Verbindungen zu den radikalen Islamisten. Im fünften Jahr der Gewalt gibt es davon in Syrien immer weniger.
Die Golfstaaten wollen Assad stürzen und islamistische syrische Rebellen an die Macht bringen, die ihnen nahestehen. Dazu haben Teile ihrer Führung 2012 sogar radikale Gruppen mit Geld und Waffen unterstützt, die später im "Islamischen Staat" aufgegangen sind.
Die Türkei will, dass Assad gestürzt wird und sunnitisch syrische Rebellen die Macht übernehmen. Ihre Assad-Gegnerschaft ist offenbar so groß, dass die türkische Regierung Islamisten in Syrien half und lange den "Islamischen Staat" in der Türkei gewähren ließ, wenn nicht sogar aktiv unterstützte. Es gab türkische Medienberichte über eine Waffenlieferung durch den türkischen Geheimdienst nach Syrien. Details sind nicht bekannt. Ankara dementierte.
Andere Kriegsparteien:
Außer dem Krieg zwischen Assad-Gegnern und Assad-Anhängern werden weitere Konflikte in Syrien ausgetragen.
Der "Islamische Staat" (IS), der die syrischen Rebellen und Assad bekämpft, will den Nationalstaat Syrien abschaffen und ein länderübergreifendes Kalifat errichten. Ursprünglich ist er eine Terrorgruppe, die nach dem US-Einmarsch im Irak entstand, aufgebaut durch al-Qaida nahestehenden Dschihad-Veteranen. Zudem haben sich viele Ex-Kader Saddam Husseins der Organisation angeschlossen. Seit 2012 versucht der IS, vor allem von den syrischen Rebellen kontrollierte Teile Syriens zu infiltrieren und zu erobern. 2014 kam es erstmals auch zu einer ernsthaften Konfrontation zwischen IS und syrischem Regime. Große Gebiete im dünn besiedelten syrischen Osten hat der IS bereits zu Provinzen seines Kalifates erklärt. Zuletzt musste der IS aber hinnehmen, dass sein Einflussbereich schrumpft.
Die "Volksverteidigungseinheiten" (YPG), der bewaffnete syrische Ableger der linken türkisch-kurdischen "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK), haben Mitte 2012 in Kantonen im Norden Syriens die Macht übernommen und sich seitdem entlang der türkischen Grenze ausgebreitet. International am bekanntesten ist Kobane. Die YPG bezeichnen die von ihnen kontrollierte Region als "Rojava", West-Kurdistan, und wollen für sie Autonomie innerhalb eines syrischen Staates erkämpfen. Bisher sehen sie von Unabhängigkeitsbestrebungen ab. Sie kooperieren manchmal mit syrischen Assad-Gegnern und manchmal mit syrischen Assad-Anhängern im Kampf gegen den IS, der die von ihnen kontrollierten Gebiete am stärksten bedroht. Die YPG sind kriegserfahren und gelten als besonders schlagkräftig. Sie bilden in Nordsyrien mit arabischen Milizen das Rückgrat der sogenannten Demokratischen Kräfte Syrien (SDF). Dieses Bündnis hat im August 2016 unter anderem die IS-Hochburg Manbidsch zurückerobert und steht nur noch rund 60 Kilometer nördlich von Rakka. Die YPG werden von den USA mit Luftangriffen und Militärberatern unterstützt. Gleichzeitig werden sie jedoch von der eigentlich mit den USA verbündeten Türkei bedroht. Seit Sommer 2015 ist der Krieg zwischen der Türkei und der PKK wieder aufgeflammt. Ankara hat bereits wiederholt Ziele der PKK im Irak bombardiert.
Der "Islamische Staat" (IS) hat die Gunst der Stunde genutzt und sich im zweiten Jahr des syrischen Bürgerkriegs im Chaos eingenistet und allmählich ausgebreitet. Im ohnehin schon komplexen Konflikt hatte sich damit eine weitere Front aufgetan.
Während es Assads Anhängern und Gegnern darum geht, wer Syrien beherrscht, will der IS Syrien abschaffen. Er will in dem zerfallenden Land eigene Gebiete erobern und ein transnationales Kalifat errichten. Ursprünglich stammt der IS aus dem benachbarten Irak.
Syrien hat für den IS aber eine wichtige ideologische und praktische Bedeutung. Die Dschihadisten berufen sich auf eine islamische Endzeiterzählung, in der mehrere syrische Städte erwähnt werden - unter anderem Dabiq. Der IS behauptet von sich selbst, der Erfüller dieser vermeintlich göttlichen Prophezeiung zu sein. Die syrische Stadt Rakka hat der IS zu seiner Hauptstadt erklärt. Syrien erfüllt für die Dschihadisten jedoch auch einen praktischen Zweck: Über die türkisch-syrische Grenze stoßen Ausländer zur Miliz, und jedes vom IS kontrollierte Gebiet ist zudem eine wichtige Einnahmequelle. Der IS presst den Menschen Abgaben ab, beschlagnahmt Getreide und Waren oder verhökert Kunstschätze.
Die erbittertsten Gegner des IS in Syrien sind die syrischen Rebellen und die syrisch-kurdische Miliz "Volksverteidigungseinheiten" (YPG). Das syrische Regime ging bisher kaum gegen den IS vor, es konzentrierte sich vielmehr auf den Kampf gegen die syrischen Rebellen. Die Dschihadisten sind für Baschar al-Assad sogar nützlich: Assad und der IS haben mit den syrischen Rebellen einen gemeinsamen Gegner. Er möchte auf der internationalen Bühne wieder vollständig rehabilitiert werden und inszeniert sich gern als vermeintlich schlagkräftigster Gegner des IS.
Iran ist der wichtigste Bündnispartner von Syriens Machthaber Baschar al-Assad. Lakhdar Brahimi, Ex-Uno-Sondergesandter für Syrien, bezeichnete 2015 Iran als das einflussreichste Land in Syrien, weit wichtiger als Russland oder die USA.
Iran ist Syrien gleich zu Beginn der Aufstände 2011 zu Hilfe gekommen, denn das Land hat Expertise in der Unterdrückung von Aufständen: 2009 ist es Iran gelungen, Proteste im eigenen Land schnell niederzuschlagen.
Der derzeitige Uno-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, schätzt, dass Iran jährlich rund sechs Milliarden Dollar zur Unterstützung von Baschar al-Assad ausgibt. Andere Experten gehen sogar von einem Betrag zwischen 15 und 20 Milliarden Dollar pro Jahr aus. Denn Iran hilft Assad auf vielfältige Weise:
Kredite: Nach offiziellen iranischen Angaben hat Syrien allein zwischen 2011 und 2014 mehr als neun Milliarden Dollar von Teheran bekommen. Auch seitdem gingen die Hilfen weiter.
Öl: Iran unterstützt Syrien mit Öllieferungen. Iranische Tankschiffe legen dazu im syrischen Hafen Banias an, der von Assad kontrolliert wird. Nach Analysen der Nachrichtenagentur Bloomberg liefert Iran Syrien im Durchschnitt rund 60.000 Barrel pro Tag.
Militärausrüstung: Iran liefert Syrien Überwachungsdrohnen, Waffen und Munition.
Militärberater: Hochrangige iranische Revolutionswächter unterrichten syrische Milizen. Mehrere iranische Generäle sind in Syriens Bürgerkrieg bereits ums Leben gekommen.
Kämpfer: Einige syrische Milizen werden von iranischen Revolutionswächtern angeführt, die mit ihnen kämpfen. Dazu kommen iranische Freiwilligenmilizen. Zudem schickt Teheran Söldner: Afghanen, die sich als Flüchtlinge in Iran aufgehalten hatten, werden von Irans Revolutionswächtern rekrutiert und mit dem Versprechen auf ein gutes Monatsgehalt und eine Aufenthaltserlaubnis in Iran nach Syrien geschickt.
Aufbau von Milizen: Syrische Freiwillige werden in Iran ausgebildet. Sie kämpfen in Syrien unter der Aufsicht iranischer Revolutionswächter. Es ist Irans Plan B: Sollte Assad stürzen, hat Teheran über die mit ihm verbundenen Milizen weiterhin Einfluss in Syrien.
Präsenz: Damaszener berichten, dass sich Iraner Immobilien in der Hauptstadt gesichert und auch an zukünftigen Bauprojekten beteiligt hätten sowie schiitische Religionsschulen errichten würden. So will Iran seinen Einfluss in Damaskus absichern.
Zwischen Iran und Syrien besteht seit Langem ein strategisches Bündnis: Schon 1978 knüpfte Syriens damaliger Machthaber Hafis al-Assad, Vater des aktuellen Diktators Baschar, mit Ajatollah Ruhollah Khomeini, dem späteren Revolutionsführer Irans, Kontakte und später eine enge Partnerschaft. Beide Regimes nennen sich manchmal "die Achse des Widerstandes" zusammen mit der libanesischen Hisbollah. Damit meinen sie ihre anti-westlich und anti-israelisch ausgerichtete Außenpolitik.
Moskau und Damaskus waren schon zu Sowjetzeiten enge Verbündete. Für Russlands Präsidenten Wladimir Putin sprechen jedoch nicht nur sentimentale Gründe, sondern strategische Überlegungen dafür, Baschar al-Assad zu unterstützen.
Ambition als Großmacht: Indem Putin in Syrien eingreift, wirkt sein Land mächtiger als es ist. Moskau erscheint auf Augenhöhe mit der Großmacht USA. Zudem schafft Putin Fakten. Der Westen muss Russlands Interessen berücksichtigen, wenn es um eine Lösung für Syrien geht. Die US-geführte Koalition hatte erwogen, im Nordwesten Syriens eine Schutzzone für Zivilisten zu schaffen, indem es die Gegend zur Flugverbotszone erklärt. Diese Überlegungen hat Putin nun durchkreuzt. Denn nun fliegen dort seine Kampfjets.
Verhandlungspfand: Mit Syrien hat Putin neben der Ukraine ein weiteres Druckmittel in Verhandlungen mit dem Westen. Der Westen hofft auf eine schnelle Deeskalation der Lage. Grund dafür sind vor allem die Flüchtlinge. Denn die Syrer fliehen zu Hunderttausenden nach Europa, nicht nach Russland.
Seemacht: Im syrischen Tartus hat Putin seinen einzigen Flottenstützpunkt im Mittelmeer. An diesem will er um jeden Preis festhalten. Den Seestreitkräften kommt eine zentrale Bedeutung zu in Putins Plänen für Russland. So lässt sich verhältnismäßig kostengünstig weltweit militärische Macht demonstrieren.
Assad stützen: Baschar al-Assad ist Moskaus Ansprechpartner in Syrien. Ohne ihn hätte Russland dort kaum noch Einfluss. Putin scheint seinen Verbündeten international rehabilitieren und dessen Macht zumindest in Teilen Syriens absichern zu wollen. Derzeit ist Assad auf der internationalen Bühne geächtet. Über große Teile Syriens hat er schon vor Jahren die Kontrolle verloren und gerät nun zunehmend in Bedrängnis.
Einfluss sichern: Russland stockt seinen syrischen Seestützpunkt auf, richtet einen Luftstützpunkt ein, und auch von weiteren russischen Einrichtungen in Syrien ist die Rede. So schafft Moskau neue Fakten und sichert seinen Einfluss in der Region. Selbst wenn Assad einmal die Macht verlieren sollte, bleibt Russland in Syrien präsent.
Kampf gegen Dschihadisten: In den Reihen des "Islamischen Staats" kämpfen mindestens tausend russischsprachige Islamisten. Putin hat kein Interesse daran, dass diese aus Syrien und dem Irak zurückkehren.
Die reichen arabischen Golfstaaten betreiben den Sturz von Baschar al-Assad, denn er ist verbündet mit ihrem regionalen Rivalen Iran. Zudem halten sie Assad für die Ursache der Gewalt in Syrien. Sie glauben nicht, dass das Land wieder zum Frieden finden kann, solange er an der Macht bleibt. Saudi-Arabiens König Salman gehört zu den lautesten Stimmen gegen Assad.
Die arabischen Golfstaaten wollen ihre eigenen Verbündeten in Syrien an die Macht bringen. Allerdings sind sie sich nicht einig, wer das sein soll. Saudi-Arabien und Katar, die beiden wichtigsten arabischen Golfstaaten hinsichtlich des Syrienkonflikts, haben jeweils eigene Günstlinge.
Katar unterstützt die Dschabhat Fatah al-Scham. Bis Ende Juli nannte sich die Miliz Nusra-Front und war der offizielle Ableger des Terrornetzwerks al-Qaida in Syrien. Mit der Lossagung von al-Qaida und dem neuen Namen versucht ihr Anführer Abu Mohammed al-Golani das Image seiner Miliz zu verbessern - ohne Erfolg. Auch unter neuem Namen führen Uno und USA die Dschabhat Fatah al-Scham auf ihren Terrorlisten.
Saudi-Arabien unterstützt die Islamische Front, eine vor allem salafistische Rebellenkoalition, die Syrien in einen islamischen Staat verwandeln will, in dem sich die Gesetze an der Scharia orientieren und von Geistlichen überwacht werden.
Teile der saudischen Führung unterstützten außerdem erzkonservative islamistische Gruppen, die nun im "Islamischen Staat" aufgegangen sind.
Mit großer Sorge beobachten die Golfstaaten nun die Ausbreitung des "Islamischen Staats". Denn die Dschihadisten lehnen auch das saudische Königshaus ab. Tausende saudi-arabische Staatsbürger haben sich bereits dem IS in Syrien und im Irak angeschlossen. In Saudi-Arabien haben IS-Anhänger bereits mehrere Anschläge auf schiitische Moscheen und Soldaten verübt. Die arabischen Golfstaaten beteiligen sich an den Luftangriffen der US-geführten internationalen Koalition in Syrien gegen Ziele des IS.
Syrische Flüchtlinge haben die arabischen Golfstaaten nahezu keine aufgenommen, denn ihre Verfassung kennt kein Asylsystem. Sie haben sich jedoch für ihre Verhältnisse kulant gezeigt, was Aufenthaltsgenehmigungen für Syrer angeht. Saudi-Arabien beispielsweise hat diese recht problemlos verlängert und Syrern und ihren Kindern kostenlos Zugang zum Gesundheits- und Bildungssystem ermöglicht. In Saudi-Arabien leben nach Angaben des Uno-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) eine halbe Million Syrer. Nach saudi-arabischen Angaben kamen seit 2011 sogar 2,5 Millionen Syrer ins Land.
In den arabischen Golfstaaten leben einige der großzügigsten Spender für die Syrer. Manche Zuwendungen werden jedoch kritisch gesehen: Zum Teil gehen sie an islamistische Hilfsgruppen, die neben Lebensmitteln ihre Version des Islam verbreiten wollen. Zudem haben reiche Einzelspender Milizen in Syrien große Beträge zukommen lassen. Inwiefern ihre Regierungen davon wussten, ist nicht klar. Manche der Spender sind selbst Syrer: In den Golfstaaten arbeiten und leben bereits seit Jahrzehnten viele syrische Expats.
Die USA und Europa wollen, dass Baschar al-Assad den Weg frei macht für eine stabile Regierung und einen Übergang zur Demokratie. Dies fordern sie seit Beginn der Aufstände 2011. Doch sie sind sich nicht einig darüber, wie dies geschehen soll.
Frankreich lehnte Zugeständnisse an Assad lange ab. Er gilt Paris als Ursache der Gewalt in Syrien, nicht als Teil der Lösung. Staatspräsident Francois Hollande hatte 2013 nach dem Giftgasanschlag bei Damaskus den Vorschlag unterstützt, das syrische Regime anzugreifen.Nach den Anschlägen von Paris im November 2015 hat die Bundesregierung angegkündigt den französischen Einsatz zu unterstützen.
Deutschland verfolgt eigentlich einen Mittelweg und versucht vor allem Verhandlungen voran zu treiben. Zuletzt äußerte sich jedoch Außenminister Frank-Walter Steinmeier deutlicher "Die politische Zukunft des Landes wird und muss ohne Assad stattfinden." Offen bleibt, wie es zu einer solchen Zukunft kommen soll.
Manche EU-Staaten, darunter Spanien und Österreich, fordern hingegen inzwischen, mit Assad einen Kompromiss einzugehen.
Priorität hat für den Westen vorerst der Kampf gegen den "Islamischen Staat" (IS) nicht gegen Assad. Die USA bombardieren in Syrien Ziele der Dschihadisten, auch Frankreich und Großbritannien haben dort bereits IS-Ziele attackiert. Die deutsche Bundesregierung hat Ende 2015 beschlossen, die Angriffe mit Aufklärern, Luftbetankung und einer Fregatte zu unterstützen. Zudem sind mehrere europäische Staaten im Irak am Kampf gegen den IS beteiligt.
Ausbildung für Rebellen und Waffenlieferungen
Der US-Auslandsgeheimdienst CIA hat Mitte 2013 angefangen, gemäßigte Rebellen auszubilden und mit leichten Waffen und Munition auszurüsten im Kampf gegen Assad. Rund 5000 Kämpfer haben die bescheidene Unterstützung erhalten. Eine recht kleine Zahl, in einem Krieg, in dem Hunderttausende kämpfen.
Das US-Verteidigungsministerium (Pentagon) hat Mitte 2014 ebenfalls damit angefangen, Rebellen im Kampf gegen den IS auszubilden und zu bewaffnen. Das 500-Millionen-Dollar-Programm geriet jedoch im Herbst 2015 in die Kritik. Lediglich vier bis fünf der ausgebildeten Kämpfer sollen zu dieser Zeit in Syrien gewesen sein. Außerdem hat ein Teil dieser Rebellen Fahrzeuge und Munition islamistischen Extremisten überlassen. Das Programm wurde gestoppt und erst im Frühjahr 2016 wieder aufgenommen. In der Türkei lernen die Oppositionskämpfer nun unter anderem Ziele für US-Luftwaffenschläge zu identifizieren.
Humanitäre Hilfe
Die allermeisten westlichen Länder versuchen vor allem mit finanzieller Hilfe der Krise in Syrien zu begegnen. Im vergangenen Jahr spendeten allen voran die USA für die Programme der Uno, in diesem Jahr wurden diese bis jetzt am meisten von Deutschland gestützt. Das Auswärtige Amt beziffert das deutsche Engagement in der Syrienkrise seit 2012 mit 1,357 Milliarden Euro. Das Geld fließt nicht allein nach Syrien, sondern auch in die Nachbarländer die fast fünf Millionen syrische Flüchtlinge aufgenommen haben. Auch Europa nimmt syrische Flüchtlinge auf. Seit April 2011 etwas mehr als eine Million, über die Hälfte der Flüchtlinge suchte Schutz in Deutschland.
Im Machtpoker mit der Regierung in Ankara hat das syrische Regime immer wieder die türkischen Kurden benutzt. So waren in den 1980er- und 1990er Jahren Abdullah Öcalan, Chef der türkisch-kurdischen Arbeiterpartei (PKK), und seine Kämpfer hofierte Gäste Syriens. Gleichzeitig kämpfte die PKK in der Türkei. Erst 1998, als die Türkei Syrien mit Krieg drohte, machte das Assad-Regime dem PKK-Chef klar, dass er Syrien sofort zu verlassen habe.
Genauso hält es das Assad-Regime dieses Mal wieder. Die türkische Regierung brach 2011 mit Damaskus und stellte sich auf die Seite der Assad-Gegner. Im Gegenzug ließ Damaskus dem syrischen Ableger der PKK, den "Volksverteidigungseinheiten" (YPG), freie Hand ein.
Die Assad-treuen Soldaten wurden 2012 aus den mehrheitlich kurdischen Regionen Syriens im Norden an der türkischen Grenze abgezogen, und die Macht den YPG übergeben. Die von den YPG kontrollierten Gebiete bombardiert die syrische Luftwaffe nicht. Direkt an der türkischen Grenze entsteht nun ein von der PKK dominiertes autonomes Gebiet. Dies ist Ankara ein Dorn im Auge.
Seit Juli 2015 ist der Krieg zwischen der türkischen Regierung und der PKK wieder ausgebrochen. Der Kampf gegen die PKK hat für Ankara derzeit höhere Priorität als der Krieg gegen den "Islamischen Staat" (IS). In Syrien gehören die YPG zusammen mit den syrischen Rebellen zu den schlagkräftigsten Gegnern des IS.
Die Türkei will, dass Assad gestürzt wird und sunnitische syrische Rebellen die Macht übernehmen, die ihr nahestehen. Ihre Assad-Gegnerschaft ist so groß, dass die türkische Regierung sogar lange den "Islamischen Staat" in der Türkei gewähren ließ, wenn nicht diesen sogar aktiv unterstützte. Im Sommer 2016 gab es allerdings auch Meldungen, dass die Türkei sich Syrien annähern wolle, auch vor dem Hintergrund der terroristischen Bedrohung im Land. Sogar geheime Gespräche soll es gegeben haben. Beobachter bezweifeln aber eine angebliche Annäherung. Die sei mit Assad in Damaskus nach wie vor nicht möglich.
An den Kurden im eigenen Land ist Damaskus nicht besonders gelegen: Die syrischen Kurden wurden vom Assad-Regime immer diskriminiert und unterdrückt. Sie sind politisch tief gespalten. Manche sympathisieren mit der linken PKK und ihrem politischen Flügel, der Demokratischen Unionspartei (PYD), andere mit der Demokratischen Partei Kurdistan-Syrien (PDK-S), die dem irakisch-kurdischen Politiker Masoud Barzani und den Peschmerga-Kämpfern nahesteht.
Die Alawiten sind eine religiöse Minderheit in Syrien, die als Abspaltung des schiitischen Glaubens gilt. Ihre Gruppe - nicht zu verwechseln mit den Aleviten in der Türkei - machte zu Beginn des Konflikts etwa ein Zehntel der syrischen Bevölkerung aus. Der Clan des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zählt sich zu den Alawiten. Angehörige dieser Religion besetzen überdurchschnittlich häufig Schlüsselstellen im Staat, besonders in Geheimdienst, Polizei und Armee - entsprechend verhasst sind sie in großen Teilen der mehrheitlich sunnitischen Bevölkerung.
Die Alawiten litten in der Geschichte lange unter Verfolgung und wurden wiederholt zum Spielball herrschender Mächte. Experten sehen darin auch den Grund für ihre heutige starke Abhängigkeit vom Assad-Regime. Im osmanischen Reich galten sie als Häretiker. Sunniten sprachen ihnen die Zugehörigkeit zur muslimischen Gemeinschaft ab, da sie nicht die klassischen Glaubensrituale einhielten und sie ohnehin nur sehr wenig über ihre Praktiken preisgaben. Schiitische Geistliche bezeichneten sie erst seit den Vierzigerjahren als Muslime.
Der Aufstieg der Alawiten in Staat und Armee begann in den Zwanzigern unter französischem Mandat. In dieser Zeit gingen bereits viele ihrer Angehörigen zum Militär, oftmals um der Armut in ihren ländlichen Siedlungsgebieten zu entgehen. Auch die 1947 gegründete panarabische und sozialistische Baath-Partei übte starke Anziehungskraft auf die verarmten Alawiten aus. Als Hafis al-Assad, Vater des heutigen Präsidenten, 1970 die Macht ergriff, setzte sich der Aufstieg der Alawiten im Staat fort.
Für viele Syrer wird staatliche Unterdrückung und Vetternwirtschaft heute besonders mit Alawiten assoziiert. Jedoch haben auch andere vom Assad-Regime profitiert, solange sie Loyalität bewiesen, während auch manche Alawiten unter dem Staat litten. Alawiten wurden beispielsweise bei ihrer Religionsausübung vom syrischen Staat behindert. Viele haben sich vom syrischen Regime distanziert, aber viele sehen noch heute einzig das Assad-Regime als Schutz vor Racheakten durch die sunnitische Mehrheit und vor erneuter Unterdrückung. Das Regime weiß das zu nutzen.
Syrien gehört derzeit zu den gefährlichsten Ländern der Welt für Journalisten und Menschenrechtler. Besonders gefährlich ist die Arbeit für westliche Journalisten in Syrien. Denn für sie ist das Risiko einer Entführung besonders hoch.
Entführungen und Geiselnahmen sind in dem Bürgerkriegsland zu einer wichtigen Einnahmequelle für Milizen und kriminelle Gruppen geworden. Der "Islamische Staat" (IS) hat mit der Geiselnahme westlicher Journalisten und Entwicklungshelfer bereits mehrere Millionen Euro Lösegeld erpresst. Journalisten und Entwicklungshelfer, deren Regierungen Lösegeldverhandlungen verweigern, wurden von den Extremisten ermordet, wie der US-Journalist James Foley.
Nicht nur der Krieg macht es für Journalisten riskant, in Syrien zu arbeiten. In vielen Teilen des Landes machen unterschiedliche Milizen auf sie Jagd, weil die Kämpfer keine kritische Berichterstattung über ihre Taten wollen. Sie wollen selbst kontrollieren, welche Informationen nach außen dringen. Viele Milizen haben ihre eigenen Abteilungen für Öffentlichkeitsarbeit gegründet. Wie jede Eigenwerbung sind solche Berichte mit Skepsis zu genießen.
Die aufwendigste Öffentlichkeitsarbeit betreiben der "Islamische Staat" und Damaskus. Das Regime und seine Helfer besitzen mehrere TV-Sender, Zeitungen, Onlineredaktionen und eine eigene Nachrichtenagentur. Zudem unterstützen Staatssender Irans und Russlands das syrische Regime mit ihren Assad-freundlichen Berichten.
Trotz der großen Gefahren ist die Informationslage überraschenderweise besser als vor den Aufständen. Aus dem Geheimdienststaat Syrien drangen kaum unabhängige Informationen ins Ausland. Zudem interessierten sich nur wenige dafür, was dort vor sich ging.
Mit dem gestiegenen Interesse an Syrien haben die Nachrichtenagenturen ihre Teams in Syrien vergrößert und die internationalen Redaktionen und Menschenrechtsorganisationen wie Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London ihr Kontaktenetz ausgebaut, sowohl in regimetreuen Gebieten als auch in Gegenden, die von Rebellen beherrscht werden.
Neue englischsprachige Portale sind entstanden, die sich ausschließlich Syrien widmen. Die bekanntesten sind
"Syria Deeply " und "Syria Direct" .
Zudem haben sich in Syrien eine unabhängige Journalistenszene und viel zivilgesellschaftliches Engagement entwickelt. Für ihre Arbeit haben mehrere syrische Journalisten in den vergangenen Jahren internationale Preise gewonnen. Für den SPIEGEL ist Reporter Christoph Reuter in Syrien unterwegs.
Mehrere Netzwerke sammeln mithilfe von Informanten in Syrien, die aus Sicherheitsgründen anonym bleiben, die neusten Informationen im Land und verifizieren sie durch einen Abgleich mit mehreren Quellen. Eines der bekanntesten ist die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR), die ihren Sitz in Großbritannien hat. Ihr Gründer gilt als Assad-Gegner. Ihre Informationen haben sich in den vergangenen Jahren als zuverlässig erwiesen.
Eine genaue Zahl der Toten seit Beginn des Konflikts 2011 zu benennen, ist schwierig. Die Schätzungen gehen von 250.000 bis 470.000 Toten aus. Syrien ist ein Kriegsgebiet, und einige Regionen sind nur schwer zu beobachten, auch wenn mehrere syrische Organisationen versuchen, die Todesfälle zu dokumentieren. Der Uno-Sondergesandte Staffan de Mistura sprach im April 2016 von mindestens 400.000 Toten. Die Uno hat 2014 aber eine genaue Zählung der Opfer aufgegeben, da es unmöglich sei, die Quellen zu verifizieren. Eine gute Übersicht über die Problematik finden Sie hier (in englischer Sprache).
Ein Großteil der Opfer sind Zivilisten, darunter viele Frauen und Kinder. Laut dem Syrian Network for Human Rights kamen im ersten Halbjahr 2016 mehr als 6500 Zivilisten ums Leben. Anders als man vermuten könnte, ist demnach nicht der "Islamische Staat" (IS) für die meisten Opfer verantwortlich, sondern das Regime: Das Syrian Network for Human Rights spricht von knapp 3500 durch Regierungstruppen getötete Zivilisten. Auf das Konto des IS gehen mehr als 700 Tote. Aber auch durch das Eingreifen russischer Kräfte kamen in den ersten sechs Monaten des Jahres 2016 mutmaßlich fast 1400 Menschen ums Leben.
Zwölf Millionen Syrer haben durch den Konflikt ihr Zuhause verloren, das ist etwa die Hälfte der Gesamtbevölkerung vor dem Krieg. Der größte Teil, etwa sieben Millionen Menschen, ist nach Uno-Angaben innerhalb Syriens auf der Flucht.
Knapp fünf Millionen Syrer sind laut Uno-Flüchtlingsbehörde UNHCR als Flüchtlinge in der Region registriert:
2,7 Millionen syrische Staatsbürger leben jetzt überwiegend in Lagern in der Türkei,
der Libanon hat etwas mehr als eine Million Flüchtlinge aufgenommen,
in Jordanien sind es nach aktuellen UNHCR-Zahlen mehr als 650.000 Menschen (Stand: August 2016).
Hinzu kommt in allen Nachbarländern Syriens eine große Zahl nicht registrierter Flüchtlinge.
Viele Syrer haben Europa als Ziel, insbesondere Deutschland. Nach UNHCR-Angaben haben seit Beginn der Gewalt in Syrien im April 2011 mehr als eine Million Syrer in ganz Europa Asyl beantragt (Stand: bis Ende Juni 2016). Mehr als 700.000 davon waren allein 2015 nach Europa gekommen. In Deutschland wurden 2015 knapp 430.000 Menschen als Asylsuchende aus Syrien registriert. Seit der Schließung der sogenannten Balkanroute für Flüchtlinge und dem Inkrafttreten des EU-Türkei-Abkommens Anfang 2016 hat die Zahl syrischer Flüchtlinge, die in die EU gelangen, deutlich abgenommen.
Der syrische Bürgerkrieg ist so komplex, weil er von vielen anderen Konflikten überlagert wird:
Lokal: zwischen Assad-Anhängern und Assad-Gegnern sowie anderen rivalisierenden Milizen
Regional: zwischen Iran und den arabischen Golfstaaten, zwischen der Türkei und der kurdischen Arbeiterpartei PKK
International: zwischen Russland und den USA, zwischen zum Teil ausländischen Dschihadisten
Transnational: Der Krieg hält sich nicht mehr an Landesgrenzen. Die libanesische Hisbollah kämpft seit 2012, nach anderen Quellen sogar schon seit 2011, für Assad, wie auch Iran-nahe irakisch-schiitische Milizen, die seit 2012 in Syrien eingreifen. Auch der "Islamische Staat" operiert über die Grenze zwischen Syrien und dem Irak hinweg.
Seit Ausbruch der Gewalt 2011 haben sich bereits mehrere Uno-Sondergesandte für Syrien um eine Lösung des Konfliktes bemüht und sind bisher alle daran gescheitert. Erst Kofi Annan, der 2012 einen Sechs-Punkte-Friedensplan vorschlug, dann Lakhdar Brahimi und derzeit Staffan de Mistura. Das Foto zeigt ihn nach einem Treffen in Damaskus mit dem syrischen Außenminister Walid al-Muallim.
Es ist so schwierig, auf diplomatischem Wege eine Lösung zu finden, weil einer der wichtigsten Akteure, Baschar al-Assad, sich kompromisslos zeigt. Für ihn geht es um alles: Seit 40 Jahren ist Syrien eine auf seine Familie zugeschnittene Diktatur. Um die Assads wird ein offizieller Personenkult betrieben, der sie gottgleich erscheinen lässt. Solche Macht lässt sich schlecht teilen. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier fasst das grundsätzliche Dilemma für Verhandlungen so zusammen: "Es wird keinen Waffenstillstand ohne Assad geben. Es wird keine Zukunft für Syrien mit Assad geben."
Je länger die Gewalt in Syrien andauerte, desto verworrener wurde der Konflikt. Inzwischen hat sich mit dem "Islamischen Staat" ein weiterer Akteur festgesetzt, bei dem unklar ist, wie ein Kompromiss mit ihm aussehen sollte. Die IS-Dschihadisten lehnen derzeit das moderne internationale Staatensystem ab. Umgekehrt lehnen bisher alle Regierungen Verhandlungen mit ihnen ab.
Derzeit geht niemand davon aus, dass der Krieg in Syrien schnell beendet werden kann, dafür ist er viel zu komplex. Mehrere Szenarien sind denkbar.
Internationale Verhandlungen mit Assad: Diese Option bedeutet, weiterzumachen wie bisher. Seit 2012 bemüht sich ein Uno-Sondergesandter für Syrien, in Gesprächen mit Assad und der syrischen Opposition sowie den wichtigen Regionalstaaten, Russland und dem Westen eine Lösung des Konflikts zu finden. Doch die Positionen liegen noch immer weit auseinander. Kaum jemand glaubt daran, dass bald eine Lösung gefunden werden kann. Vielmehr wird die Hoffnung darauf gesetzt, dass der Konflikt wenigstens auf lokaler Ebene vorübergehend eingefroren werden kann - beispielsweise durch Waffenstillstände in einzelnen Stadtvierteln oder Dörfern.
Internationale Hilfe für Assad: Iran und Russland favorisieren diese Option. Sie würde den Zerfall Syriens zementieren, da es den Assad-Anhängern kaum gelingen dürfte, die Kontrolle über das gesamte Land wiederherzustellen. Dies versucht das Regime bereits vergeblich seit vier Jahren unter hohen Verlusten. Es verlor lange Zeit immer weiter Gebiete, trotz der großen Unterstützung durch Iran, Russland, schiitisch-irakische Milizen und libanesische Hisbollah-Kämpfer. In wie viele Regionen Syrien zerfallen würde, ist unklar. An der Küste und im Zentrum dürfte sich Assad wohl behaupten. Im Osten des Landes muss man mit einer Herrschaft des "Islamischen Staats" rechnen, auch wenn er in jüngster Zeit Gebiete verlor. Dazwischen würden verschiedene Rebellenmilizen wohl unter der Führung der lange Zeit mit al-Qaida verbundenen Dschabhat Fatah al-Scham (früher: Nusra-front) und salafistischer Gruppen um eine Einflusszone kämpfen. Im Norden würde sich der syrische Ableger der türkisch-kurdischen Arbeiterpartei PKK verselbstständigen - und im Süden des Landes die Drusen.
Internationale Intervention gegen Assad: Die Türkei und Saudi-Arabien fordern seit Beginn des Konflikts diese Variante. Sie würde eine Eskalation der Stellvertreterkriege bedeuten. Denn Russland und Iran kämpfen bereits in Syrien an der Seite von Baschar al-Assad und rüsten massiv auf. Würde der Westen zusammen mit den arabischen Golfstaaten gezielt gegen Assad vorgehen, käme es zu einer direkten amerikanisch-russischen und iranisch-saudi-arabischen Konfrontation.