Krim-Krise Moskau verstärkt Truppen an der Grenze zur Ukraine

Moskautreue Soldaten auf der Krim: Russland will die Einheiten auf der Halbinsel ausbauen
Foto: AP/dpaMoskau/Brüssel/Washington - Russland hat seine Armeeeinheiten an der Grenze zur Ukraine weiter verstärkt. Es werde davon ausgegangen, dass mehr als 30.000 russische Soldaten dorthin verlegt worden seien, verlautete aus europäischen und US-Sicherheitskreisen.
In der vergangenen Woche hatte die Zahl laut Medienberichten noch bei 20.000 Mann gelegen. Unter den an die Westgrenze Russlands verlegten Truppen seien Spezialeinheiten und Milizen mit Uniformen ohne Hoheitsabzeichen, hieß in westlichen Sicherheitskreisen.
Auch die Einheiten, die die Kontrolle über die ukrainische Halbinsel Krim übernommen hatten, waren nicht eindeutig als russische Soldaten gekennzeichnet gewesen. Die Eingliederung der Halbinsel in die russische Föderation hat im Westen Befürchtungen ausgelöst, dass Moskau auch in der Ostukraine intervenieren könnte. Wie auch auf der Krim gibt es dort einen großen russischstämmigen Bevölkerungsanteil.
Uno-Vollversammlung tagt in New York
Der Konflikt um die Krim beschäftigt am Donnerstag auch die Uno-Vollversammlung. Sie soll auf Antrag der Regierung in Kiew über einen Resolutionsentwurf gegen die jüngste Entwicklung rund um die Schwarzmeerhalbinsel entscheiden.
Die Ukraine hatte zu Wochenbeginn einen Resolutionsentwurf vorgelegt, in dem dazu aufgerufen wird, das Ergebnis des Referendums, mit dem die Bewohner der Krim mehrheitlich für den Anschluss an Russland gestimmt hatten, nicht anzuerkennen. Der Entwurf appelliert an die internationale Gemeinschaft, keine Veränderung der ukrainischen Grenzen anzuerkennen. Unter den 193 Mitgliedern des Gremiums ist auch Russland, alleine könnte es die Resolution aber nicht verhindern. Resolutionen der Vollversammlung sind allerdings nicht bindend.
Die USA wollen dagegen mehr Nato-Präsenz in Osteuropa. Dies solle durch intensivere Rotation von Militäreinheiten erreicht werden, sagte der stellvertretende US-Sicherheitsberater Ben Rhodes am Mittwochabend. Das Thema werde bei einer Ministerkonferenz der Nato kommende Woche erörtert. Ziel sei eine "dauerhafte Präsenz", um die Verbündeten zu beruhigen. Rhodes nannte dabei Polen und die Baltenstaaten.
"Russlands Führung greift Wahrheiten an"
US-Präsident Barack Obama hatte am Mittwoch die Europäer im Konflikt um die Ukraine zu einer stärkeren Abgrenzung von Russland aufgerufen. Nach einem Treffen mit der Spitze der Europäischen Union verlangte Obama in Brüssel, die EU-Staaten müssten mehr für eine unabhängige Energieversorgung und die Sicherung ihrer Verteidigungsfähigkeit tun: "Die Lage in der Ukraine erinnert uns daran, dass Freiheit nicht kostenlos ist." Die USA und Europa seien bereit, Russland mittels Sanktionen bezahlen zu lassen, falls Moskau die Lage in der Ukraine weiter destabilisiere.
In einer Grundsatzrede zum Abschluss seines Besuchs in Brüssel begründete Obama anschließend, warum die Welt die Annexion der Krim nicht akzeptieren dürfe. "Russlands Führung greift Wahrheiten an, die noch vor Wochen selbstverständlich waren: dass im 21. Jahrhundert die Grenzen in Europa nicht mit Gewalt neu gezeichnet werden können."
Russland will mehr Soldaten auf die Krim verlegen
Allerdings gibt sich Präsident Wladimir Putin weiter unbeeindruckt. Er wird am Donnerstag mit Mitgliedern des Föderationsrats in Moskau über weitere Schritte zur Integration der Krim beraten. Nach der Annexion wird die Halbinsel immer mehr in russische Strukturen eingebunden. Unter anderem will Moskau seine Militärpräsenz auf der Krim ausbauen.
Die Bundesregierung ist bemüht, den Ukraine-Konflikt nicht weiter anzuheizen. "Wir sind zu der Stufe der wirtschaftlichen Sanktionen mit Ausnahme der Produkte der Krim nicht gekommen. Und ich hoffe, dass das auch vermieden werden kann", sagte Kanzlerin Angela Merkel am Mittwochabend. Außenminister Frank-Walter Steinmeier warb indessen für einen neuen Anlauf zur Bildung einer internationalen Kontaktgruppe.
Finanzminister Wolfgang Schäuble rechnet allenfalls mit überschaubaren Beeinträchtigungen für die deutsche Konjunktur durch den aktuellen Ost-West-Konflikt. "Ich kann Folgen für die deutsche Konjunktur nicht ausschließen, aber im Zweifel wären sie beherrschbar", sagte er dem "Handelsblatt". "Deutschland ist robust genug aufgestellt, mögliche negative Folgen auszuhalten." Allerdings könne niemand seriös sagen, wie sich der Konflikt bei einer weiteren Zuspitzung auf Welthandel und Konjunktur auswirke.
Mit Blick auf Wirtschaftssanktionen gegen Moskau betonte Schäuble: "Bei einer Eskalation wird der Westen tun, was getan werden muss." Er hoffe aber immer noch, dass Russland "auf den Kurs der Kooperation" zurückkehre.