Krim-Krise Von der Leyen fordert mehr Militär an Nato-Grenzen

Verteidigungsministerin von der Leyen: "Hohe Anziehungskraft auf Neumitglieder"
Foto: Bernd von Jutrczenka/ dpaHamburg - Nach der Annexion der Krim durch Russland fordern EU-Politiker eine erhöhte Militärpräsenz in Osteuropa. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen spricht sich im SPIEGEL für eine stärkere Rolle der Nato aus. "Jetzt ist für die Bündnispartner an den Außengrenzen wichtig, dass die Nato Präsenz zeigt", sagte die CDU-Politikerin. "Die aktuelle Lage spiegelt klar, dass die Nato nicht nur ein militärisches, sondern auch ein politisches Bündnis ist."
Die Verteidigungsministerin wies im SPIEGEL den Vorwurf zurück, der Westen habe Russland mit der Ausdehnung der Nato nach Osten provoziert. Es sei "vor allem der demokratische Wertekanon, der hohe Anziehungskraft auf Neumitglieder entfaltet", sagte von der Leyen. "Deswegen ist die Nato seit den neunziger Jahren gewachsen, nicht, weil die Allianz auf Expansion ausgelegt war."
Der polnische Verteidigungsminister Tomasz Siemoniak forderte eine stärkere Präsenz von US-Streitkräften in Osteuropa. Die Regierung in Washington habe sich dafür offen gezeigt, über Details müsse aber noch gesprochen werden. Bereits während eines Besuchs von US-Vizepräsident Joe Biden hatte Siemoniak gesagt, Polen und die sonstigen Nato-Alliierten in Osteuropa seien sich einig, "dass die östliche Flanke der Nato gestärkt werden muss".
Steinmeier kritisiert versuchte Spaltung Europas
Die Übernahme der Krim durch russische Kräfte setzte sich fort. (Verfolgen Sie die Entwicklungen auf der Krim in unserem Liveticker.) Auf der Halbinsel wehe nun über 147 ukrainischen Militäreinrichtungen die russische Fahne, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Außerdem habe die Schwarzmeerflotte bisher 54 von insgesamt 67 ukrainischen Schiffen übernommen.
Russische Soldaten rückten am Samstag in den ukrainischen Luftwaffenstützpunkt Belbek ein. Mit gepanzerten Fahrzeugen und automatischen Waffen im Anschlag betraten sie die Basis. Es waren Schüsse zu hören. Der Befehlshaber des Fliegerhorstes, Oberst Julij Mamtschur, sagte der Nachrichtenagentur Reuters, er werde zu Gesprächen abgeführt. Bei der Aktion sei mindestens ein Ukrainer verletzt worden. Belbek war eine der letzten Militäreinrichtungen auf der Krim, die sich noch unter ukrainischer Kontrolle befinden.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warf der russischen Regierung während eines Besuchs in der Ukraine vor, sie betreibe eine "Spaltung Europas". Mit dem Referendum auf der Krim am vergangenen Sonntag und der Integration der Halbinsel in das russische Staatsgebiet seien "Fakten geschaffen worden, die nicht in Übereinstimmung stehen mit dem internationalen Recht und die die Gefahr einer neuen Spaltung Europas heraufbeschwören", sagte Steinmeier. Europa dürfe nicht zulassen, "dass Blutvergießen zurückkehrt".
Steinmeier war am Morgen zu einem eintägigen Besuch in der Ukraine eingetroffen. In Kiew traf er auch zu einem kurzen Austausch mit Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon zusammen. Auf seinem Programm stand zudem ein Gespräch mit dem ukrainischen Übergangspräsidenten Alexander Turtschinow.
"Ein Trauma, das kein Land durchmachen sollte"
Am Freitag hatte die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) eine Beobachtermission für die Ukraine beschlossen. Russland stimmte dieser nach langem Zögern zu. Die OSZE entsandte am Samstag ein erstes Team mit 40 internationalen Beobachtern in die Ukraine. Auf die Krim dürfen sie jedoch vorerst nicht.
Uno-Generalsekretär Ban sicherte der Ukraine seine Solidarität zu. "Das ukrainische Volk durchlebt derzeit ein Trauma, das kein Land durchmachen sollte", sagte er bei einem Treffen mit Regierungschef Arsenij Jazenjuk in Kiew. Er zeigte sich überzeugt, dass die Ukraine die Krise mit der Hilfe der internationalen Gemeinschaft überwinden könne. Das am Freitag abgeschlossene Assoziierungsabkommen mit der EU sei "ein sehr gutes Zeichen, das eine unabhängige Entscheidung Ihres Landes verkörpert".
Am vergangenen Sonntag hatten die Bewohner der Krim bei einem Referendum für eine Angliederung an Russland gestimmt. Das russische Parlament und die Regierung in Moskau beschlossen daraufhin die Aufnahme der Schwarzmeerhalbinsel. Die ukrainische Übergangsregierung in Kiew hält die Volksabstimmung für illegal. Auch EU und USA kritisierten das Referendum scharf und reagierten mit Sanktionen.
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