- • Gekappte Stromversorgung: Der Zorn der Krimtataren
- • Streit über EU-Abkommen: Russland verbietet ukrainische Lebensmittelimporte
Russische Passagiermaschine beim Start in Moskau: Transit über die Ukraine gesperrt
Foto: Dmitriy Petrochenko/ dpaDie Spannungen zwischen der Ukraine und Russland nehmen weiter zu. Als jüngsten Schritt hat Kiew den Luftraum für den Transit russischer Flugzeuge komplett gesperrt. Dies betreffe alle zivilen Fluggesellschaften Russlands, sagte Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk bei der Kabinettssitzung am Mittwoch in Kiew.
Der Regierungschef begründete die Entscheidung mit der nationalen Sicherheit. Moskau könne den Luftraum für "Provokationen" nutzen, argumentierte er. Die Ukraine wirft Russland die Unterstützung von Separatisten im Osten des Landes vor. Im Oktober hatte Kiew bereits russischen Flugzeugen die Landeerlaubnis in der Ukraine entzogen. Moskau reagierte mit einem Verbot für ukrainische Airlines.
In den vergangenen Tagen hatten die Spannungen zwischen Kiew und Moskau wegen der von Russland annektierten Schwarzmeerhalbinsel Krim wieder deutlich zugenommen. Am Wochenende hatten Unbekannte - mutmaßlich Krimtataren und ukrainische Nationalisten - mehrere Masten gesprengt und so die Stromtrassen auf die von Russland annektierte Krim gekappt. Russland hatte daraufhin mit einer Unterbrechung seiner Energielieferungen in die Ukraine gedroht.
Am Morgen stoppte Russland seine Gaslieferungen an die Ukraine. Als Grund gab der Energiekonzern Gazprom Zahlungsrückstände an. Der Lieferstopp werde so lange anhalten, bis entsprechende Vorauszahlungen aus dem Nachbarland eingegangenen seien. Der Schritt war allgemein erwartet worden, nachdem die Ukraine mitgeteilt hatte, vorerst kein russisches Gas mehr zu benötigen.
Der Status der Krim ist äußerst umstritten. Die Halbinsel war im Frühjahr 2014 nach einem umstrittenen Referendum von Russland annektiert worden, woraufhin die Ukrainekrise eskalierte. Die Regierung in Kiew und der Westen sehen die Annexion als Verstoß gegen das Völkerrecht und betrachten die Krim weiter als Teil der Ukraine. Zuletzt hatte Russland ein Importverbot für Lebensmittel aus der Ukraine verhängt und die Herausgabe von Banknoten mit Krim-Motiven angekündigt.
SPIEGEL+-Zugang wird gerade auf einem anderen Gerät genutzt
SPIEGEL+ kann nur auf einem Gerät zur selben Zeit genutzt werden.
Klicken Sie auf den Button, spielen wir den Hinweis auf dem anderen Gerät aus und Sie können SPIEGEL+ weiter nutzen.
Beschädigter Strommast: Mehrere Strommasten, die die von Russland annektierte Halbinsel Krim versorgen, wurden gekappt, einige mit Sprengladungen zerstört. Auf dem Bild ist auch ein Zelt zu sehen, es weht die Flagge der Krimtataren. Diese sollen nach Berichten die Reparaturarbeiten nun blockieren.
Zerstörte Anlage: Zwei Millionen Menschen sind nun auf der Krim ohne Strom.
Krimtataren-Kinder spielen bei Kerzenschein und Smartphone-Licht in Simferopol. Krankenhäuser und andere wichtige Gebäude werden durch Generatoren mit Strom versorgt.
Mustafa Dschemilew ist einer der Anführer der Krimtataren und Abgeordneter des ukrainischen Parlaments. Er sagte, man wolle die Reparaturarbeiten nur "teilweise" zulassen.
Krimtataren an der Grenze zur Krim: Die Blockade der Tataren richtet sich gegen den Kreml und die Krim-Behörden, zugleich aber auch gegen die ukrainische Führung in Kiew. Viele Tataren fordern ein entschlosseneres Vorgehen von Präsident Petro Poroschenko in der Frage der annektierten Halbinsel. Sie haben den Eindruck, Kiew habe sich insgeheim mit dem Verlust der Krim abgefunden - und mache sogar Geschäfte mit den Russen.
Die Tataren haben im Sommer deshalb auf eigene Faust eine "Blockade" der Krim errichtet: Lastwagen vom Festland mit Waren für die Krim lassen sie nicht mehr passieren. Die Tataren werden dabei von nationalistisch gesinnten ukrainischen Aktivisten unterstützt.
Prorussische Aktivisten und Krimtataren im Februar 2014: Rund 260.000 der gut zwei Millionen Einwohner auf der Krim sind Tataren. Moskaus Verhältnis zu den Vertretern der muslimischen Volksgruppe ist zerrüttet.
Krimtataren vor der russischen Botschaft in Kiew: Der Kreml hat die Organisationen der Tataren auf der Krim weitgehend zerschlagen.
Die Krimtataren fürchten, sie und ihre Nöte könnten von der Welt vergessen werden. In den vergangenen Wochen wurden immer häufiger Stimmen laut, die "einen Kompromiss in der Krim-Frage als Ausweg aus dem Konflikt zwischen Russland und dem Westen sehen", klagte jüngst Tatarenfunktionär Tschubarow. Es stehe aber außer Frage, dass die Krim wieder Teil der Ukraine werden müsse.
Das schlechte Verhältnis zwischen Moskau und den Muslimen hat auch historische Gründe: Unter Josef Stalin wurden 180.000 Krimtataren als angebliche Nazi-Kollaborateure deportiert, Tausende kamen dabei um. Erst seit Ende der Achtzigerjahre durften sie zurückkehren. Dieses Bild zeigt Krimtataren nach ihrer Ankunft in einem Getto auf der Krim im Oktober 1990. Auf dem Schild steht "Vaterland oder Tod".