Kritik an Anti-Piraten-Mission "Schwarz-Rot-Gold - Erkennungszeichen für leichte Beute"

Zerstörte Piratenboote, Fregatte "Hamburg": "Marine ist nahezu handlungsunfähig"
Foto: HO/ REUTERSSPIEGEL: Ist die Bundesregierung im Kampf gegen Piraten zu zögerlich?
Michael Neumann: Eindeutig. Sie lässt Seeleute, Reeder und die Interessen der deutschen Wirtschaft im Stich. Die schwarz-rot-goldene Flagge ist für somalische Piraten zum Erkennungszeichen leichter Beute geworden.
SPIEGEL: Am Horn von Afrika sind doch deutsche Kriegsschiffe zum Schutz der Seewege im Einsatz.
Neumann: Die Marine ist aber nahezu handlungsunfähig, weil ihr trotz eindeutigen Uno-Mandats nach deutschem Recht die Hände gebunden sind. Und die Bundespolizei, die eigentlich zuständig ist, verfügt nicht über die notwendigen Mittel. Berlin muss also entweder die Bundespolizei so ausrüsten, dass sie die Aufgabe erfüllen kann, oder die Angelegenheit per Gesetzesänderung der Marine übertragen. Der Tiefpunkt ist für mich der tarifpolitische Streit um die Arbeitszeit auf Schiffen, der die Versorgung der Fregatten mit Treibstoff verhindert. Damit machen wir uns international zum Gespött.
SPIEGEL: Hilft es nicht, dass die Bundesregierung den Einsatz privater Sicherheitsunternehmen an Bord deutscher Schiffe ermöglichen will?
Neumann: Ich verstehe die Konservativen nicht mehr. Zuerst schaffen sie die Wehrpflicht ab, dann steigen sie aus der Kernkraft aus, und jetzt wollen sie das staatliche Gewaltmonopol aufgeben, indem sie den Kampf gegen Piraten privaten Sicherheitsdiensten überlassen.
SPIEGEL: Der Bundesinnenminister hat bereits entschieden, keine Bundespolizisten abzustellen.
Neumann: Ich teile seine Sorge um das Wohl der Beamten. Das ist aber kein Grund, deren Einsatz zu scheuen. Die Verwendung von Schusswaffen gehört zum Beruf des Polizisten, in Hamburg genauso wie vor der Küste Somalias.