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90. Geburtstag Fidel Castro zeigt sich erstmals seit Monaten in der Öffentlichkeit

Von seiner Krankheit gezeichnet ist Fidel Castro erstmals seit langer Zeit wieder öffentlich aufgetreten. Der kubanische Revolutionsführer kritisierte US-Präsident Obama - und nahm Glückwünsche von Wladimir Putin entgegen.

Er trug - wie gewohnt - einen Trainingsanzug - allerdings entgegen bisheriger Vorlieben keinen von Adidas, sondern vom Erzkonkurrenten Puma: Zu seinem 90. Geburtstag ist der kubanische Revolutionsführer Fidel Castro erstmals seit Monaten in der Öffentlichkeit aufgetreten. Castro nahm mit dem venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro am Samstag an der Gala einer Kinderkompanie im Karl-Marx-Theater von Havanna teil.

Über den Gesundheitszustand Castros wird öffentlich wenig mitgeteilt, aber der 90-Jährige ist von einer Erkrankung der inneren Organe gezeichnet. Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt seit vier Monaten trat er am Samstag in einer weißen Jacke an der Seite seines Bruders Raúl auf, dem er 2008 die volle Amtsgewalt als kubanischer Staatschef übertragen hatte.

Lob für Russland und China

In einem von den Staatsmedien veröffentlichten Artikel mit der Überschrift "Geburtstag" kritisierte Fidel Castro Obama, weil dieser sich bei seinem Besuch in Japan im Mai nicht ausdrücklich für die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki von 1945 entschuldigt habe. Der langjährige kubanische Präsident lobte hingegen China und Russland. In den vergangenen Tagen druckten die Staatsmedien des Landes zahlreiche Beiträge über das Leben Fidel Castros.

Zu den mehr als 600 Attentatsversuchen, die er laut kubanischen Geheimdienstinformationen überlebt haben soll, schrieb Castro, er habe "fast gelacht" angesichts der "machiavellistischen Pläne der US-Präsidenten".

Russlands Präsident Waldimir Putin gratulierte seinem "lieben Freund" Fidel Castro zu dem runden Geburtstag. "Du genießt tiefen Respekt in Russland als herausragender Staatsmann, der sein ganzes Leben in den Dienst des kubanischen Volks gestellt hat", erklärte Putin in seinem Glückwunschtelegramm. Er wünsche Castro "gute Gesundheit, ein langes Leben, Vitalität und Wohlstand", schrieb Putin.

Ein Sprecher des Unternehmens Puma aus dem fränkischen Herzogenaurach wies am Sonntag übrigens darauf hin, dass Puma die Olympiamannschaft des Karibikstaats ausstatte und "als Marke sehr präsent auf Kuba" sei. Zugleich betonte er: "Wir haben keinen Ausrüstervertrag mit Fidel Castro und daher auch keinen Einfluss darauf, was er trägt."

Castro zählt zu den berühmtesten Persönlichkeiten der modernen Geschichte. Der Revolutionsführer bot den USA die Stirn und machte sein Land zu einem engen Verbündeten der Sowjetunion. In den vergangenen Jahren wurde unter Raúl Castro eine Öffnung in den Beziehungen zu den USA eingeleitet. Obama besuchte im März als erster amtierender US-Präsident seit fast 90 Jahren das Nachbarland.

Fidel Castro behalte "über mehrere Figuren des Regimes, denen die Reformen Raúls nicht passen, indirekt Einfluss", sagte der Politikwissenschaftler Kevin Casas-Zamor von der Universität Oxford. Sie werde den Revolutionsführer "als einen Diktator in Erinnerung behalten", sagte die 71-jährige Dissidentin Martha Beatríz Roque über Fidel Castro, der bei seinen jüngsten öffentlichen Auftritten auf seinen näher rückenden Tod anspielte. Roque bezeichnete Fidel Castro als einen "Egozentriker".

"Für die meisten Lateinamerikaner ist Fidel Castro die Verkörperung des heroischen Widerstands gegen die Vormacht der Vereinigten Staaten", sagte Peter Hakim vom Institut für Inter-Amerikanischen Dialog. "Aber er wird nicht länger als Held betrachtet, die moderne Geschichte hat ihn und Kuba überholt."


kev/AFP/dpa
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