Miguel Díaz-Canel und Raúl Castro
Foto: Irene Perez/ Courtesy of Cubadebate/ REUTERSNach der Wahl des neuen kubanischen Präsidenten Miguel Díaz-Canel sehen politische Kräfte innerhalb und außerhalb Kubas keine baldige Veränderung für das Land. Die USA, die mit der Castro-Ära Kubas untrennbar verbunden sind, halten größere Freiheiten für das kubanische Volk unter Díaz-Canel für unwahrscheinlich.
Ein Sprecher des Weißen Hauses sagte, die Trump-Regierung habe keinerlei Intention, ihre politischen Maßnahmen gegen die kommunistische Regierung abzuschwächen. "Die Vereinigten Staaten erwarten nicht, dass die kubanische Bevölkerung mehr Freiheiten unter Castros handverlesenem Nachfolger hat", sagte der Sprecher.
Demnach werde die Trump-Regierung dem kubanischen Volk weiterhin finanzielle Unterstützung zukommen lassen und gleichzeitig - wie zuvor beschlossen - Gelder abziehen, die für das kubanische Militär, die Sicherheits- und Geheimdienste verwendet wurden.
Auch die Opposition auf der Karibikinsel rechnet nicht mit politischen Veränderungen. "Hier gibt es keinen Wandel. Es wird so weitergehen wie bisher. Es ändern sich nur die Namen", sagte die Chefin der Oppositionsgruppe Damas de Blanco (Damen in Weiß), Berta Soler. "Raúl Castro wird weiter die Befehle geben, denn in Kuba hat nur die Kommunistische Partei etwas zu sagen."
In seiner Antrittsrede hatte Díaz-Canel deutlich gemacht, dass er die Politik seines Vorgängers Castro fortsetzen wird. "Hier gibt es keinen Raum für einen Wechsel, der das Erbe der vielen Jahre des Kampfes nicht anerkennt", sagte der neue Staatschef. Zu den Wahlen in dem Ein-Parteien-Staat sind regierungskritische Bewegungen nicht zugelassen.
Video: Der Castro-Nachfolger
"Das Volk ist von dieser Machtübergabe ausgeschlossen", schrieb Rosa María Payá von der oppositionellen Bewegung Cuba Decide (Kuba entscheidet) auf Twitter. Die Gruppe wirbt für einen Volksentscheid über die politische Zukunft Kubas. Soler und die Damas de Blanco wollen ihre Demonstrationen für die Freilassung der politischen Gefangenen fortsetzen: "Wir werden weiter für Freiheit und Demokratie in Kuba kämpfen."
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Zwei Dinge, die unumstößlich mit Kuba verbunden scheinen: Zigarrenrauch. Und Castro (hier: Fidel). Das ändert sich nun zumindest zum Teil. Der Zigarrenrauch wird bleiben, aber es steht ein Machtwechsel an. Fidels jüngerer Bruder Raúl tritt am Donnerstag als Präsident ab. Und zum ersten Mal seit 1959 - also nach 59 Jahren - wird der Nachname des kubanischen Regierungschefs nicht Castro lauten.
Ein Stück Geschichte: Ein Foto von Fidel, Raúl und Ramón Castro hängt in dem Raum, den sich die Brüder in Birán teilten. In der Stadt im Osten Kubas wurden die drei auch geboren - als Kinder von Ángel Castro und dessen Hausköchin Lina Ruz González. Ihr Vater war von Spanien noch Kuba immigriert. Dort brachte er es zum Landbesitzer und Zuckerrohr-Farmer.
Obwohl Fidel Castro (Foto aus dem Jahr 1957) mit einem wohlhabenden Vater aufwuchs, empfand er die sozialen Verhältnisse auf der Insel schon früh als ungerecht. Als Rechtsanwalt kämpfte Castro gegen Fulgencio Batista, der sich an die Macht geputscht hatte. Ein Überfall auf die Moncada-Kaserne im Jahr 1953 scheiterte allerdings. Viele Angreifer wurden anschließend verfolgt und getötet. Fidel und Raúl Castro wurden zu Gefängnisstrafen verurteilt - nach knapp zwei Jahren aber zusammen mit anderen Rebellen freigelassen.
Die Castro-Brüder flohen nach Mexiko. Dort trafen sie Ernesto Guevara, genannt Che (r.). Dieser war seinerseits aus Guatemala nach Mexiko geflohen. Im Jahr 1956 stachen die drei zusammen mit 79 weiteren jungen Männern in See und kehrten nach Kuba zurück. Das Ziel: Sie wollten Batista stürzen.
Schon bei ihrer Ankunft wurden viele der Rebellen getötet. Die Castro-Brüder und Guevara waren drei von insgesamt nur 21 weiteren überlebenden Kämpfern. Sie zogen sich in die Wälder der Sierra Maestra zurück. Studenten, Arbeiter und Bauern schlossen sich der Gruppe an, es folgte eine lange Zeit der Guerilla-Kämpfe. Anfang des Jahres 1959 floh Batista schließlich. Die gewachsene Zahl der Rebellen zog siegreich in Havanna ein.
Fidel Castro wurde als Held gefeiert, als Befreier. Er wurde zum Regierungschef - und blieb fast 50 Jahre im Amt. Die Jahrzehnte waren stark von anhaltenden Konflikten mit den USA geprägt. Ein Auslöser: Im März 1960 explodierte der Frachter "La Coubre", beladen mit Kriegsmaterial, im Hafen von Havanna. Castro machte die US-Regierung unter Präsident Dwight D. Eisenhower verantwortlich. Hier ist ein Bild der Trauerprozession zu sehen. In den USA entstanden Pläne, Castro gewaltsam zu stürzen.
Ein besonderes Merkmal Castros: seine extrem langen Reden. Das galt besonders für seine Auftritte vor der kubanischen Bevölkerung. Stundenlang stand er vor seinen Zuhörern und redete - egal bei welchem Wetter. Das staatliche Fernsehprogramm wurde stets unterbrochen, um Castros Worte zu übertragen. Im September 1960 sorgte er außerdem für die längste Rede, die es jemals vor der Uno-Vollversammlung gab. Vier Stunden und 29 Minuten dauerte sie. Dabei richtete Castro vor allem kritische Worte an die USA.
Die Weltpolitik war gerade in den Anfängen der Ära Castro von einer großen Auseinandersetzung beeinflusst: Kommunismus gegen Kapitalismus. Castro stand klar auf Seite des Kommunismus und damit an der Seite der Sowjetunion, hier im Jahr 1963 mit Regierungschef Nikita Chruschtschow in Moskau. Während der Kubakrise 1962 forderte Castro eine harte Haltung Russlands gegenüber der USA mit Präsident John F. Kennedy. Als Russland schließlich seine Atomraketen abzog, soll Castro extrem wütend gewesen sein.
Raúl (r.) wurde nach der Revolution Minister der Revolutionären Streitkräfte und anschließend Verteidigungsminister. Von Beginn an stand er der Sowjetunion sehr nah. Sein einstiger Verbündeter Che Guevara (l.) wandte sich Mitte der Sechzigerjahre hingegen von der Sowjetunion ab - und verließ Kuba wenig später. Er zog weiter nach Bolivien, um dort 1966 den nächsten Guerilla-Kampf zu organisieren. Ein Jahr später wurde er verraten, festgenommen und erschossen.
Das Bild Castros in der kubanischen Bevölkerung hatte sich unterdessen verändert. Die politische Freiheit, die Castro versprach, brachte er nicht auf die Insel. Demokratie wurde zur Nebensache. Schon in den ersten Jahren wurden Hunderte Kubaner (unter anderem Anhänger des Batista-Regimes und andere Widersacher) hingerichtet. Ab 1976 war Fidel Castro (r.) dann nicht mehr nur Regierungschef. Er löste auch Osvaldo Dorticós (M.) als Präsident ab. Dieser war ebenfalls Teil der revolutionären Bewegung und ab 1959 Präsident Kubas.
Aber schon davor übernahm die Regierung die komplette Kontrolle über die Kubaner. "Komitees zur Verteidigung der Revolution" sollten Oppositionelle aufspüren und Nachbarn bespitzeln. Schätzungsweise wurden mehr als 5000 Menschen hingerichtet. Hunderte Kubaner ertranken außerdem, als sie versuchten, über das Meer zu fliehen und in die USA zu gelangen.
In seiner Haltung gegen die USA unterstützte Kuba auch den Irak - auch gegen Uno-Sanktionen. Dieses Foto aus dem Januar 1979 zeigt Fidel (l.) und Raúl Castro (r.) mit Saddam Hussein. Zum damaligen Zeitpunkt war Hussein noch Vizepräsident, noch im gleichen Jahr wurde er irakischer Präsident. Beide Nationen waren Teil der Bewegung der Blockfreien Staaten (Non-Aligned Movement) - eine internationale Organisation von Staaten, die sich im Ost-West-Konflikt nach dem Zweiten Weltkrieg neutral verhielten. Castro stellte sogar Ärzte ab, die eine Rückenoperation bei Hussein durchführten.
Fidel Castro soll insgesamt mehr als 600 Attentatsversuche überlebt haben - durch die USA, Exil-Kubaner und die Mafia. Hier feierte er (vorne, Mitte) gemeinsam mit seinem Bruder Raúl (vorne, l.) und Daniel Ortega (vorne, r.), damaliger Kopf einer Regierungsjunta in Nicaragua und heutiger Staatspräsident, den 20. Jahrestag der Invasion auf die Schweinebucht. Im Jahr 1961 hatten die USA einen militärischen Angriff durch kubanische Exilanten auf Kuba organisiert. Die Operation - mit verdeckter Unterstützung der USA - scheiterte.
Castro hielt sich viele weitere Jahre problemlos an der Macht, entging jeglichen Angriffen - und führte das Land in eine Wirtschaftskrise. Dafür sorgte vor allem auch der Zusammensturz des Ostblocks. Castro (l., hier 2004 mit Bruder Raúl) aber wich nie von seiner Linie ab - und gab dabei das Bild eines sturen alten Mannes ab. Auch gegenüber der Bevölkerung blieb der Regierungschef hart.
Schließlich wurde Castro (l.) schwer krank, verschwand lange aus der Öffentlichkeit, wurde gar mehrfach für tot erklärt. Das stellte sich zwar immer wieder als falsch heraus - an die Macht kehrte er aber nie zurück. Stattdessen übertrug er die Amtsgeschäfte im Jahr 2006 zunächst provisorisch an seinen Bruder. Zwei Jahre später übernahm Raúl Castro die Führung des Landes dauerhaft. Hier besucht Hugo Chávez, von 1999 bis zu seinem Tod 2013 venezolanischer Präsident, Fidel Castro nach dessen Operation im Krankenhaus.
Im Hintergrund spielte Fidel zwar noch eine Rolle - trotzdem musste er mitansehen, wie sich auf Kuba sehr viel veränderte und wie die Insel nach und nach von seinem Kurs abrückte und sich langsam öffnete.
Der größte Moment dieser Veränderung: Barack Obama besuchte Kuba im Jahr 2014 und traf Präsident Raúl Castro. Es war der erste Besuch eines amerikanischen Staatschefs seit mehr als 90 Jahren. Havanna und Washington beschlossen, diplomatische Beziehungen wieder aufzunehmen. Fidel Castro kritisierte die Annäherung öffentlich.
Letztlich musste Fidel Castro aber einsehen, dass seine Zeit vorbei war. Zwei Jahre später, im November 2016, starb der einstige Rebell und jahrzehntelange Regierungschef dann im Alter von 90 Jahren. Raúl verkündete den Tod im staatlichen Fernsehen. Hier erhält er die Asche seines Bruders.
Trotzdem ist Fidel Castro noch allgegenwärtig auf der Insel - auf Postern, im Fernsehen und Fahnen. Der Slogan "Continuamos defendiendo la revolución" ("Wir verteidigen weiterhin die Revolution") ist überall auf Kuba zu lesen. Die Propaganda der Regierung lässt keine Kritik an Castro zu und feiert ihn als Rebellen und Helden.
Nun tritt auch Raúl Castro im Alter von 86 Jahren als Präsident ab. Seine Bilanz als Regierungschef fällt gemischt aus. Die vorsichtige wirtschaftliche Öffnung wird ihm angerechnet - auch wenn diese durch Obamas Nachfolger Donald Trump wieder erschwert wird. Auf der anderen Seite hat Castro sich in Sachen Bürgerrechte so unnachgiebig gezeigt wie sein Bruder. Es gibt weiterhin Menschen, die politisch verfolgt werden. Weiter herrscht der Einparteienstaat.
Der Nachfolger der langen Castro-Jahre muss die Reformen also weiter vorantreiben, um für eine positive wirtschaftliche Entwicklung zu sorgen. Höchstwahrscheinlich wird Castros Stellvertreter Miguel Díaz-Canel aufrücken. Castro jedoch wird seinen Einfluss nicht ganz aufgeben. Bis zum nächsten Parteitag 2021 will er Generalsekretär der Kommunistischen Partei bleiben - und kann seinen Nachfolger und dessen Handlung auf diesem Weg kontrollieren. So bald muss sich die Welt also noch nicht an ein Bild von Kuba ohne einen Castro gewöhnen.
Der größte Moment dieser Veränderung: Barack Obama besuchte Kuba im Jahr 2014 und traf Präsident Raúl Castro. Es war der erste Besuch eines amerikanischen Staatschefs seit mehr als 90 Jahren. Havanna und Washington beschlossen, diplomatische Beziehungen wieder aufzunehmen. Fidel Castro kritisierte die Annäherung öffentlich.
Foto: CARLOS BARRIA/ REUTERSMelden Sie sich an und diskutieren Sie mit
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