Letzte Warnung an Bagdad "Keine Zeit für Spiele"
New York/Madrid/Brüssel - Bundesaußenminister Fischer betonte am Freitag in Brüssel, dass der Weg einer friedlichen Abrüstung Iraks fortgesetzt werden müsse. "Ich begreife nicht, warum dieser Prozess jetzt abgeschlossen werden soll, wo er gerade beginnt, konkrete Ergebnisse und Resultate zu zeigen, und man zum letzten Mittel greift."
Klar sei, dass Irak abrüsten müsse, sagte Fischer, der sich am Rande einer Sitzung des EU-Reformkonvents äußerte. Und das Instrument dazu seien die Inspektoren. "Diesen Weg wollen wir weitergehen." Uno-Chefinspekteur Hans Blix müsse nun einen Arbeitsplan mit weiteren Abrüstungsschritten vorlegen.
Dagegen haben der britische Premierminister Tony Blair und sein spanischer Amtskollege José María Aznar am Freitag in Madrid deutliche Warnungen an den Irak ausgesprochen. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz sagte Blair, es sei nicht die Zeit für Spiele. Saddam wisse sehr genau, was er zu tun habe. Blair sagte weiter, Saddam Hussein müsse den Verbleib von Tausenden Tonnen biologischer und chemischer Gifte offen legen, die der Irak besessen habe. Bagdad habe bisher keine Bereitschaft zur Entwaffnung gezeigt und ohne militärischen Druck keine Zugeständnisse gemacht. Aznar fügte hinzu, Spanien und Großbritannien seien der Überzeugung, dass die Irak-Krise durch den Weltsicherheitsrat gelöst werden müsse.
Regierungskreise hatten am Freitag in Bagdad bestätigt, dass mit der Zerstörung der umstrittenen Samoud-2-Raketen am Samstag begonnen werde. Zwei Tage vor Ablauf des Ultimatums von Uno-Chefinspekteur Hans Blix hatte der Irak am Donnerstag der entscheidenden Forderung des Sicherheitsrates Folge geleistet. Wie gegen Mitternacht europäischer Zeit bekannt wurde, stimmte das Regime in Bagdad "im Prinzip" grundsätzlich der Zerstörung der Raketen zu.
Die Uno-Waffeninspekteure in Bagdad stehen mit den irakischen Behörden in Verhandlungen über Einzelheiten der Vernichtung aller Raketen mit einer höheren Reichweite als 150 Kilometer, wie die Irak-Inspektionskommission Unmovic in New York bestätigte. Der irakische Präsidentenberater Amir al-Saadi habe in einem Schreiben an die Uno zugleich die Bereitschaft zur Zerstörung von weiteren "Gegenständen" erklärt, die von der Unmovic als verboten eingestuft worden waren. Ein Stellvertreter von Uno-Chefinspekteur Hans Blix sei in Bagdad, um die Einzelheiten mit den irakischen Behörden zu besprechen, hieß es. Wie der Diplomat der Nachrichtenagentur AP sagte, erklärt der Irak seine "prinzipielle Bereitschaft" in einem Schreiben an Blix. Dessen Büro bestätigte den Eingang des Briefs und auch den genannten Inhalt. Es werde noch geprüft, ob es sich dabei um die von Blix geforderte bedingungslose Bereitschaft zur Zerstörung der Raketen handele, hieß es. Sie gilt im zerstrittenen Sicherheitsrat als Test, ob der Irak tatsächlich zur friedlichen Abrüstung bereit ist.
Rumsfeld: "Alles nur Taktik"
US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hatte bereits am Donnerstagabend erklärt, die Entscheidung Bagdads sei nur Teil der irakischen Taktik. Bagdad weigere sich bei jedem neuen Fall erst zu kooperieren, zögere dann eine Entscheidung hinaus und handle schließlich unter Druck. Auch Außenminister Colin Powell sagte, dies ändere nichts an der amerikanischen Einschätzung der Situation.
Zuvor hatte Präsident George W. Bush bereits zu Gerüchten Stellung genommen, Bagdad würde seine umstrittenen Raketen zerstören. "Die Diskussion um diese Raketen ist Teil seiner Kampagne der Täuschung", sagte Bush. Erst heiße es, die Raketen würden nicht zerstört, dann habe der irakische Diktator Saddam Hussein plötzlich am Wochenende einen Sinneswandel durchgemacht, um erklären zu können, der Irak habe abgerüstet. Ein solches Ablenkungsmanöver würde er nicht gelten lassen, sagte Bush und forderte, dass der Irak vollständig entwaffnet werde.