Libanon-Einsatz Paris fährt schweres Geschütz auf
Paris/Beirut Frankreich entsendet Kampfpanzer und schwere Artillerie für die Uno-Truppe im Südlibanon (Unifil). "Das gab es noch nie im Rahmen der Uno", sagt ein französischer Militärexperte. Das für eine Mission der Vereinten Nationen ungewöhnlich schwere Geschütz besteht aus 13 Leclerc-Panzer, 155-Millimeter-Kanonen des Typs AUF1 und das auf Lastwagen montierte Hochleistungsradar Cobra, das auf den Meter genau feuernde Geschützstellung der Konfliktparteien ausmachen kann. Am Montag wird das Material von Frankreich aus in den Libanon verschifft. Italien wird als größter Truppensteller seine Soldaten dagegen mit üblicher Besatzung in die Region schicken.
Frankreich zieht mit seinem kriegerischen Aufmarsch Lehren aus dem Uno-Einsatz in Bosnien 1995. Damals hatte die serbische Miliz 100 französische Blauhelme als Geiseln genommen. "Wir dürfen nie wieder in eine Lage geraten, in der wir das Leben französischer Soldaten und die Ehre der französischen Armee aufs Spiel setzen", sagt ein hoher Militärvertreter. Deshalb entsendet Paris zum Transport seiner Soldaten auch nicht die von Uno-Einsätzen bekannten leicht gepanzerten Fahrzeuge in den Libanon, sondern panzerähnliche und mit einer Kanone bestückte Kettenfahrzeuge. "Bei Provokationen ist Frankreich in der Lage, mit glaubhaften Mitteln dazwischen zu gehen", so der Experte.
Ob die Uno solche Waffen benötigt, ist fraglich. Die Mission soll ein Wiederaufflammen des Konflikts zwischen Israel und der Hisbollah verhindern. Dennoch sieht das Mandat nicht vor, dass die Truppe in Kämpfe eingreift, um die Konfliktparteien zur Räson zu bringen. Sie darf sich gegen Angriffe verteidigen und die Zivilbevölkerung sowie Mitarbeiter von Hilfsorganisationen vor Übergriffen schützen. Dies ist wesentlich mehr als das, was der bisher stationierten Truppe zustand. Sie musste tatenlos zuschauen, als Israel trotz mehrerer Warnungen Mitte August einen Unifil-Posten in Chiam beschoss und vier Blauhelm-Soldaten starben. Dass unter dem neuen Mandat in so einem Fall zurück geschossen würde, scheint aber eher unwahrscheinlich.
Das erste große Truppenkontingent der italienischen Armee für die Unifil soll morgen im Südlibanon landen. Erwartet würden 880 Offiziere und Soldaten, teilten die Vereinten Nationen heute mit. Die Zahl der Blauhelm-Soldaten im Süden des Libanons werde dann auf 3180 steigen.
Italien wird Anfang 2007 von Frankreich das Kommando für die Unifil übernehmen. Insgesamt soll die Friedenstruppe eine Stärke von 15.000 Soldaten erreichen. Uno-Generalsekretär Kofi Annan hatte zuletzt erklärt, sobald die Unifil-Truppe vor Ort eine Stärke von 5000 Soldaten erreicht habe, sollten sich die israelischen Truppen komplett aus dem Libanon zurückziehen.
fho/AFP/Reuters